Das «Sankt Meinrad» im Zürcher Stadtkreis 4 ist keine Einsiedelei, wie sein Namenspatron vermuten liesse; stattdessen eine auch in der Wirtschaftskrise ausgebuchte Pilgerstätte für Anhänger des kulinarischen Genusses. Trommelförmige Leuchten verströmen warmes Licht. Die schmalen Nussbaumtische sind mit schlichten weissen Tischläufern, einer grauen Serviette und zwei Gläsern gedeckt. Der Klinkerboden erinnert an die einstige Quartierbeiz. Tobias Buholzer, seine Gefährtin Sabrina Sterle und drei Angestellte begeistern hier seit Dezember 2006 Zürichs neugierige Feinschmecker. Seit der «Gault Millau» die beiden als «Entdeckung des Jahres» auf Anhieb mit 15 Punkten dekoriert hat, können sie sich des Ansturms kaum erwehren.
Kochen und Basteln. Der 28-jährige Buholzer ist ein erstaunlich reifer Koch. Er denkt analytisch und kombiniert verspielt. Sein crèmiges und geschmacksintensives Süppchen aus Muskatkürbis serviert er mit einer fingerlangen Fitze. Die Besen sind hausgemacht – die Belegschaft versammelt sich jeweils zu einer Bastelstunde – und werden geräuchert. Sie sind nicht essbar, doch wenn man mit ihnen das Süppchen rührt, entfaltet sich ein herrlicher Rauchgeschmack, der wunderbar zum dazu gereichten geschmorten Kaninchen passt.
Intelligent. Das klingt verrückt, muss aber gekostet werden – wie alle Gerichte auf der schmalen, alle zwei bis drei Monate ändernden Karte: der Polpo in Tahiti-Vanille-Gelée mit marinierten Artischocken, das glasig-filigrane Saiblingfilet, in Kürbisöl pochiert und mit einem subtilen Schwarzwurzeltörtchen und Zweigelt-Risotto serviert, die saftige, blutrote Taube mit fülligem, grandiosem Jus und Trauben-Polenta. Buholzer temperiert das Fleisch, das gewürzt und vakuumiert ist, mit Vorliebe im Wasserbad und brät es erst nacher. So behält es seinen zarten Geschmack.
Buholzer bezeichnet sich provokativ als Vertreter einer modernen Schweizer Küche. Damit meint er nicht Fotzelschnitten, Hackbraten und Zürcher Geschnetzeltes, sondern all die Speisen und Gerichte aus der italienischen, französischen oder asiatischen Küche, mit denen ein interessierter Junge heute aufwächst und die er später, als Koch, mit sensibler kulinarischer Intelligenz zu neuen, aufregenden Kombinationen mischt.
- Was man gegessen haben muss: Muskatkürbis-Suppe mit Rauchbesen und geschmortem Kaninchen.
- Wartezeit vom Platznehmen bis zum ersten Bissen: 15 Minuten.
- Diskretionsfaktor: Enge Bistrobestuhlung, kein Platz für Geschäftsgeheimnisse.
Restaurant Sankt Meinrad
Tobias Buholzer, Sabrina Sterle
Stauffacherstrasse 163
8004 Zürich
Tel. 043 534 82 77
www.sanktmeinrad.ch