«Das Mittelland war einst eine der fruchtbarsten Anbauflächen der Schweiz», moniert Freund Paul, während er an den uniformen Lagerhallen vorbeifährt, die das Umland von Olten möblieren, «bis man in der Aufschwung-Euphorie der siebziger Jahre alles zugebaut hat.» Tatsächlich weist die Gegend auf den ersten Blick wenig Charmantes auf: Autobahnen, Industriebauten, Wohnkasernen. Und doch gibt es einen schönen Grund, durch das Gäu zu fahren: die «Sonne» in Gunzgen.
Das Restaurant ist in einem traditionellen Haus mit Dachbalken und Riegelwerk direkt an der Hauptstrasse untergebracht. Drinnen dominiert Holz, die Stimmung ist ländlich-gepflegt. In der Gaststube sorgt Bea Mettler selbst an gut besetzten Tagen im Alleingang für das Wohl der Gäste. Über mangelnde Aufmerksamkeit oder lange Wartezeiten muss niemand klagen. Die fröhliche Wirtin hat ihre Stube bestens im Griff, sie tanzt munter um die Tische, arrangiert dort ein Detail, gibt da eine Auskunft und präsentiert die Gerichte ihres Ehemannes mit sichtlichem Stolz.
Dieser heisst Lorenzo Ghilardelli und ist, anders als sein Name vermuten lässt, nicht im fernen Italien, sondern im Nachbardorf aufgewachsen. Nach ein paar Wanderjahren, unter anderem in der Ostschweiz, ist er vor fünf Jahren ins Gäu zurückgekehrt und übernahm zusammen mit Bea Mettler die «Sonne». Auch er steht allein in der Küche, rüstet, schnitzt, brät, richtet an, wäscht ab und sagt bescheiden: «Kochen ist für mich in erster Linie Handwerk – dazu gehört die Leidenschaft genauso wie die ständige Suche nach Neuem.»
Das Resultat seiner Küchenphilosophie probieren wir in den nächsten paar Stunden: aromatische Trüffel-Ravioli «del Plin», gebratene Entenleber im Strudelteig, ein Rehrückenfilet an Gin-Wacholderschaum mit Waldpilzen, die er und seine Frau im benachbarten Wald gesammelt haben. Mit jedem Bissen steigt unsere Begeisterung. Hier ist tatsächlich ein grossartiger Handwerker zugegen. Einer, der – ob bei Brot, Pasta oder Jus – auf Hausgemachtes schwört, der ungewöhnliche Zutaten zu perfekt harmonierenden Gerichten zusammenfügt und der auch aus «profanem» Gemüse wunderbar raffinierte Köstlichkeiten zaubert. Schön auch, dass Ghilardelli leicht kocht. So hat man am Schluss noch Lust auf eine währschafte Portion «Merängge» mit «Chäsi-Niidle», ein tolles altmodisches Dessert, das hier mit Zutaten aus der unmittelbaren Nachbarschaft zubereitet wird.
Ghilardellis «Sonne»
Mittelgäustrasse 50
4617 Gunzgen
Telefon 062 216 16 10
Sonntags und montags geschlossen.