An diesem kühlen, strahlend blauen Herbsttag ist die Sicht von der Kirchenfeldbrücke auf Eiger, Mönch und Jungfrau gestochen scharf, das Kupferdach des Bundeshauses glitzert in der Sonne, mein Begleiter seufzt tief ergriffen: «An so einem Tag fühlt sich das Leben in der Schweiz wirklich wie ein Privileg an.» Trotzdem hat er gar keine Mühe, nur ein paar Schritte weiter die typische Schweizer Postkartenszenerie zu verlassen und sich auf die sehr italienische Atmosphäre des Ristorante Lorenzini einzulassen. Schliesslich weiss er: Hier isst man nicht nur sehr gut, sondern trinkt auch schön und wird vom – vorwiegend männlichen – Servicepersonal in klassischem Schwarzweiss wie auf Händen getragen. Wir nehmen Platz und machen als Erstes eine Bestandesaufnahme.

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Seit Anfang Jahr gehört der schöne Ort zu den Bindella-Unternehmungen. Wir sind gespannt. Was ist neu? Was anders? Nach zwei Minuten sind wir beruhigt – fast alles durfte beim Alten bleiben. In der Küche steht nach wie vor Gino Ludovico, und in den aufgefrischten Räumen mit den schweren Murano-Leuchtern und dem für Bürgerhäuser typischen Parkettboden sorgt Francisco Ribeiro auch nach 20 Jahren stets für eine gute Stimmung. Der beinahe einzige Eingriff des neuen Patrons ist an den Wänden auszumachen: Rudi Bindella hat die Räume mit ruhigen Bildern (allesamt von Berner Künstlern) aus seiner Kollektion geschmückt.

Einfach gut. Das Essen passt perfekt in diesen Rahmen. Man feiert «la Toscana classicissima» – Meer, Wälder und Wiesen, die sich auf der Karte als Antipasti, Prosciutto e Salumi, Risotto, Pasta, Fisch, Fleisch und Geflügel präsentieren. Das Leben kann so einfach sein – und wenn es so uneitel wie hier interpretiert ist, braucht es gar nicht mehr zum Glück. Der Meeresfrüchtesalat ist frisch und raffiniert gewürzt, die Lammkoteletts sind aromatisch und zart, und das Rindsfilet – kurz angebraten und fein aufgeschnitten – sieht auf seinem grünen Rucolabett nicht nur schön aus, sondern schmeckt auch tadellos. Das Lokal füllt sich schnell, wir fühlen uns wohl, umso schwerer fällt es uns gewissenhaften Schweizern, den Ort zu verlassen und ins Büro zurückzukehren. Dafür zwinkern uns Eiger, Mönch und Jungfrau am Horizont tröstend zu.

  • Was man unbedingt gegessen haben muss: Crostini!
  • Zeit vom Platznehmen bis zum ersten Bissen: Genügend, um abzuchecken, wer mit wem aus der Politwelt hier ist.
  • Diskretionsfaktor: Wie gesagt, man schaut und registriert, und wer sich kennt, begrüsst sich mit einem diskreten Kopfnicken.

Ristorante Lorenzini
Hotelgasse 8
3011 Bern
Telefon 031 318 50 67
www.lorenzini.ch
Öffnungszeiten: Sonntag bis Mittwoch 11.30 bis 14  Uhr und 18 bis 22.30 Uhr, Donnerstag bis Samstag abends warme Küche bis 23.45 Uhr.