Nach einem letzten radikalen Bruch seiner Laufbahn und der Fusion von Clariant mit der Lokalkonkurrenz Ciba Spezialitätenchemie setzte sich Rolf W. Schweizer im Alter von 68 Jahren ein unternehmerisches Glanzlicht auf: Sein Konzern ist nicht nur mit Abstand der weltgrösste Branchengigant, sondern auch grösser als Sandoz unter Marc Moret, dem Architekten der Novartis-Fusion. Der promovierte Ökonom und Offizier Schweizer ist seinem Stil sowohl während seines fast 40jährigen Wirkens in der Sandoz wie auch an der Spitze des Spezialchemie-Spin-offs Clariant treu geblieben: Entschlossen - und manchmal auch rücksichtslos - dem Ziel entgegengehen. Branchenkenner staunten schon, wie er als instinktsicherer Stratege das weitaus grössere Spezialgeschäft von Hoechst übernahm - und dennoch die Macht über das Unternehmen behielt. Auch in der fusionierten Clariant wird Schweizer weiterhin tonangebend sein, selbst wenn er als CEO den um 13 Jahre jüngeren Ciba-SC-Präsidenten Rolf A. Meyer designiert hat. Schweizer ist laut einem Vertrauten ein «unternehmerisches Urtier im positiven Sinn», dem an Entschlusskraft und Durchsetzungsvermögen nicht schnell einer das Wasser reicht. «Rein fachlich ist er der Fähigste, den ich kenne», sagt ein langjähriger Begleiter; beim Abbau von Personal wie Kadern habe er aber «brutal vorgehen» können: «Da war er pickelhart.»

Vater und Ziehvater
Das Berufsleben des Baslers Rolf Schweizer spielte sich in der Sandoz ab. Schon sein Vater war dort Vizedirektor im Farbendepartement. 1958 trat Sohn Rolf im gleichen Sektor ein und verkaufte zuerst Farben. Als Marc Moret die Sandoz-Macht übernahm, ging’s mit Schweizer «raketenhaft» aufwärts - erst Chef der Chemikalien-Division, später als CEO und VR-Delegierter die Nummer zwei. Schweizer war einer der wenigen Duz-Freunde Morets. Zum Nachfolger wollte ihn der Patriarch aber nicht machen - statt dessen beschäftigte er ihn mit dem Präsidium der abgespaltenen Clariant. Als Novartis-Chef zog Moret seinen Neffen Daniel Vasella vor. Für Schweizer ein schwerer Schlag. Clariant-VR-Kollege und Ex-CVP-Ständerat Markus Kündig hilft dem Geschlagenen aber, neue Motivation fürs neue Amt zu finden. Das Verhältnis der Ex-Sandoz-Topshots Moret und Schweizer hat sich seither leicht verkrampft. Der zweifache Vater wird’s verkraften, wenn er auf seiner 12-Meter-Jacht über den Genfersee segelt, sich in die Lenk zurückzieht oder seinen Bruder Ernst Schweizer im Hotel Chasa Capòl im Val Mustair besucht. Oder wenn er wieder mal nach der «Lady Chatterley» greift, die Gäste in seinem Eigenheim in einer Basler Agglomerationsgemeinde auch schon haben liegen sehen.

Lobby-Partner
Bei gesellschaftlichen Anlässen im Basler «Daig» ist Rolf «Weltweit» Schweizer, wie ihn Mitarbeiter anerkennend nennen, nur gezielt anzutreffen, Personenkult ist ihm zuwider. Eine gute Bekanntschaft soll ihn immerhin mit dem umtriebigen Basler Speditionsunternehmer und FCB-Sponsor Ruedi Reisdorf verbinden. Um so offensiver ist Schweizer mit zweckdienlichen Einflussträgern und in einflussreichen Institutionen anzutreffen. Einen direkten Draht hat er als Begleiter auf Auslandreisen zu Aussenminister Flavio Cotti, auch zu Pascal Couchepin bahnt sich ein vertraulicher Link an. Im Vorort-Vorstand trifft sich Schweizer mit Peter Spälti («Winterthur»), Edwin Somm (ABB) oder Lukas Mühlemann (CS). In der Schweizerischen Handelskammer trifft er sich mit Pierre Borgeaud (Sulzer) oder Armin Meyer (ABB), die beide auch dem neuen Clariant-VR angehören. Nicht mehr allzu produktiv dürften die Kontakte sein, die sich Oberst Schweizer als Ex-Kommandant des Infanterie-Regiments 21 geschaffen hat.

Branchen-Gefährten
Gute Branchenbeziehungen hält Schweizer zum Hoechst-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Dormann ebenso wie zu Heini Lippuner, dem «Farbstöffler» und späteren CEO von Ciba. Als Vorort-Vorstand pflegt er enge Kontakte zu Präsident und Roche-Vize Andres Leuenberger und Roche-Präsident Fritz Gerber. Eine solide Bekanntschaft resultiert aus seiner Zeit als Wander-Chef in Bern zum langjährigen Sandoz-VR Jean Wander. Sandoz-intern zählten Pharmachef Hans-Peter Sigg, «Schweizerhalle»-Krisenmanager Hans Winkler und der frühere Farbenchef Max Hediger zu seinen Begleitern. Seit Anfang Jahr trifft er als Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Chemische Industrie die Branchenspitzen und Verbandsdirektor Rudolf Ulrich.

Überholte und Widerparts
Wer seinen Weg so unbeirrt geht und sich nicht durch Skrupel bremsen lässt, hinterlässt auch Blessuren. So blieben bei der jüngsten Fusion Ciba-CEO Hermann Vodicka und Clariant-Konzernchef Karl-Gerhard Seifert auf der Strecke. Gegenüber Daniel Wagnière, den der Boss mit Bürstenschnitt 1994 als neuer VR-Delegierter von Sandoz überholte, dürften sich die freundschaftlichen Gefühle in engen Grenzen halten. Seit Schweizer Ende 1995 - kurz vor dem Novartis-Knall - die Konzernleitung an Moret-Intimus Alexandre Jetzer abgeben musste, glauben Vertraute: «Mit Jetzer würde Schweizer kaum mehr ein Bier trinken.» Wie gut Schweizer-Freund Martin Syz das kurze Gastspiel als erster Clariant-CEO bis zur Ablösung durch Seifert verkraftet hat, bleibt offen. Ein Mann wird Schweizer an die Übernahme des bei Ciba eingeführten Einheitsvertrags erinnern: GBI-Gewerkschafter Mathias Bonert.
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