Jean-Claude Biver, Uhrenchef bei LVMH, fasst die Situation treffend zusammen: «Die Chancen eines Erfolgs der Apple-Uhr sind meiner Meinung nach sehr gross und wahrscheinlich, weil die junge Generation Batterien und Elektronik akzeptiert. Sie ist ja ausserdem täglich damit beschäftigt. Ausserdem kann sie Gadgets im Bereich Information und Kommunikation sehr viel abgewinnen. Und – last but not least – die heutige junge Generation braucht ein Instrument, also eine Uhr ihrer und nicht unserer Generation. Ähnlich wie wir zu Beginn der 1980er-Jahre beispielsweise die Swatch hatten.» Mit dieser Aussage trifft Biver – einmal mehr – den Nagel auf den Kopf. Die nächste Revolution in der Uhrenindustrie ist, wie sich die Dinge derzeit entwickeln, wohl kaum mehr aufzuhalten. Eigentlich hat sie vor ein paar Wochen begonnen.

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Problem Nummer 1: Energieverbrauch

«Die Smart Watch ist im Grunde genommen eine Weiterentwicklung der bekannten Multifunktions-Quarzuhr. Somit unterliegen ihre Zukunftsaussichten den gleichen Bedingungen wie die aller anderen tragbaren, vernetzten Geräte. In der Vergangenheit hat sich die Nachfrage eher in Grenzen gehalten. Das mag sich ändern, wenn es gelingt, eine Smartwatch zu entwickeln, die mehr ist als eine Fernbedienung für das Smartphone oder ein Gerät zur Überwachung von Körperfunktionen. Um am Markt erfolgreich zu sein, sind vor allem drei Hindernisse zu überwinden: Der hohe Energieverbrauch, die begrenzte Displaygrösse und der kurze Produktlebenszyklus der Hardware.» So reagiert Wilhelm Schmid, der Chief Executive Officer (CEO) von Lange & Söhne in Glashütte (Deutschland), auf die Attacke aus den USA.

Problem Nummer 2: Abhängigkeit

Schmids Statement trifft die momentanen Diskussionen um die Apple Watch oder iWatch, welche sich bereits vor ihrem Erscheinen am Markt zum Synonym für Smartwatches entwickelt hat, im Kern. Das unüberhörbare Aber von Schmid umreisst die Problemlage sehr scharf. Eine derartige Uhr muss intelligente Funktionen besitzen, welche unabhängig sind von der jeweiligen Vernetzung mit einem Mobiltelefon.

Problem Nummer 3: Einsatzbereitschaft

Ein weiterer Aspekt präsentiert sich noch deutlich akuter: Die Batterie muss selbst bei intensiver Nutzung mindestens von morgens bis abends durchhalten. Der kabellose Energienachschub reicht schlichtweg nicht.

Problem Nummer 4: Lebenszyklus

Ob die relativ kurze Halbwertszeit des Lebenszyklus echte Smart-Watch-Freaks vom Kauf abhält, muss dahingestellt bleiben. Zumindest die ersten Generationen werden sich verkaufen wie warme Weggli, denn wer am Handgelenk up to date sein möchte, kommt wohl nicht ohne das Gadget aus.

Problem Nummer 5: Reparierbarkeit

Der Pferdefuss, welcher die Quarzuhren in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren kennzeichnete und auch allen Mobiltelefonen noch immer zu eigen ist, wird sich wohl erst später zeigen. Und zwar dann, wenn der schnelllebige Wandel aller Elektronik das Produkt am Handgelenk so weit überholt hat, dass an einem Neukauf kein Weg vorbeiführt. Das betrifft Hard- wie Software gleichermassen. Diese Auffassung vertritt auch Guy Semon. Der studierte Ingenieur und nachgerade geniale Chef der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von TAG Heuer beschäftigt sich von Berufs wegen mit dieser Thematik und hält sich deshalb mit schöner Regelmässigkeit im Silicon Valley in den USA auf. Für ihn spielt die Musik in Sachen Smartwatches nicht in der Schweiz. «Mit mehr als 20 Milliarden Franken Uhrenumsatz ist die Schweiz gemessen am globalen Business nur ein Zwerg. Und im Gegensatz zu klassischen Armbanduhren mit hohem emotionalem Faktor sind Smart Watches sehr rationale Produkte, für die bei der Entwicklung andere Gesetze gelten.»

Problem Nummer 6: Bauart

Eine Armbanduhr, welche näherungsweise so aussieht wie ein verkleinertes iPhone, kann in den Augen von Semon so sein. Wenn sich TAG Heuer einem derartigen Produkt nähert, dann unter den Prämissen, die hinsichtlich des Designs auch für Armbanduhren gelten. Wenn die eingebaute Elektronik bei Software-Updates nicht mehr mitspielt, sollte ein Austausch der entsprechenden Module zu akzeptablen Preisen möglich sein. Ob das der Stein der Weisen ist, muss sich zeigen. Aber es ist ein interessanter Denkansatz. So oder so wird die Apple Watch irgendwann Anfang 2015, vielleicht aber auch später, auf den Markt kommen, definitiv für Furore sorgen und das Geschäft jener hiesigen Marken tangieren, welche sich mit elektronischen Zeitmessern im gleichen Preissegment tummeln. Das sieht auch Peter C. Stas, Eigentümer und CEO von Frédérique Constant, so. «Diese Uhren werden den Quarzuhren Marktanteile abjagen, besitzen jedoch nicht das Potenzial, die mechanischen Armbanduhren vom Markt zu verdrängen.»

Problem Nummer 7: Emotionen

Die Sorgen, dass Smart Watches luxuriösen mechanischen Armbanduhren in die Parade fahren, scheinen also unbegründet, wie auch Jérôme Lambert von Montblanc konstatiert: «Eine Gefahr für hochwertige klassische Armbanduhren sehe ich nicht, da diese ja gerade aufgrund ihrer feinmechanischen Raffinesse und der dafür erforderlichen Handwerkskunst geschätzt werden – und dies in zunehmendem Masse.» Georges Kern von IWC vertritt hierzu ebenfalls eine klare Meinung: «Eine klassische Uhr generiert beim Käufer starke Emotionen. Hier werden ganz andere Bedürfnisse abgedeckt, insbesondere im hohen Preissegment. Bei Smart Watches – ähnlich wie bei Smart Phones – wird es einen enormen Entwicklungsdruck geben und es werden im Monatsrhythmus neue Produkte auf den Markt kommen. Phänomene wie Sammlergruppen oder Auktionen wird es bei Smart Watches nicht geben.»

Nick Hayek zum Hype um die Apple Watch

«Wir leben nicht im Rhythmus von Cupertino.»
Cash.Online, 19. September 2014

«Schöne Uhren zu fertigen, ist unser Kerngeschäft. Dank dieser Kombination sind wir in einer viel besseren Lage als die hyperventilierenden Konsumelektronikhersteller.»
Finanz und Wirtschaft, 17. September 2014

«Mir fehlt die Killer-Applikation.»
NZZ, 11. September 2014

«Die Schweizer Uhrenindustrie ist unter Druck wegen des Schweizer Frankens, nicht wegen Neuentwicklungen bei Smart-Uhren.»
Tages-Anzeiger, 11. September 2014

«Swatch hat schon vor zehn Jahren Smart-Watch-Komponenten lanciert.»
Aargauer Zeitung, 11. September 2014

«Die Mobiltelefonie, die Apples, die Samsungs, die LG Electronics, die Sonys – die sind hypernervös. Wir sind nicht nervös.»
Der Landbote, 11. September 2014

«Die grösste Innovation der Apple Watch ist die Krone. Die hat Breguet schon vor mehr als 175 Jahren erfunden – wunderbar, ich gratuliere!»
Blick, 11. September 2014

«Es geht nicht darum, die Ersten zu sein. Wir wollen die Besten sein.»
Blick, 11. September 2014

«Ich habe noch nie jemanden Smartphones sammeln sehen, doch Swatch-Uhren werden gesammelt.»
Tagesschau SRF, 10. September 2014

«Wir fühlen uns inspiriert und sehen das als grosse Chance. Es ist eine Bereicherung. Und die Swatch Group ist bestens gerüstet.»
Sonntagsblick, 31. August 2014