Der Geldautomat ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. In der Schweiz können sich Bankkunden an über 7000 solcher Maschinen rund um die Uhr mit Bargeld versorgen. Und die Erfindung wird am Dienstag 50 Jahre alt: Den weltweit ersten Geldautomaten nahm die britische Grossbank Barclays am 27. Juni 1967 in Enfield nördlich von London in Betrieb.
Die Idee dazu kam dem Schotten John Shepherd-Barron an einem Samstag, wie er 2007 dem Sender BBC schilderte. An dem Tag war ihm das Bargeld ausgegangen, weil er die Öffnungszeiten seiner Bankfiliale um wenige Minuten verpasst hatte und vor verschlossenen Türen stand. Der Manager in einer Firma, die auch Banknoten druckte, erfand einen Automaten, der Schecks prüfen und entwerten konnte und im Gegenzug Bargeld ausspuckte. Er stellte seine Idee der Grossbank Barclays vor.
Erster Automat in der Zürcher Bahnhofstrasse
Ein Massenphänomen waren die ungewohnten Maschinen, die nun anstelle des Kassierers am Bankschalter Geld auszahlten, zunächst nicht. In der Schweiz wurde der erste Geldautomat oder wie im Englischen ATM (Automated Teller Machine) am 1. November 1967 bei der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft, der heutigen UBS, am Hauptsitz an der Zürcher Bahnhofstrasse in Betrieb genommen.
«Die Einführung des Geldautomaten war das erste Resultat des Wunsches, 24 Stunden und sieben Tage die Woche Zugriff auf sein Bankkonto zu erhalten», heisst es bei der UBS auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Diese Entwicklung beeinflusse das Bankgeschäft bis heute.
Verbindung zum Zentralcomputer fehlte zu Beginn
Die modernen Geldautomaten haben mit ihren Vorgängern allerdings wenig gemein. Ein entscheidender Unterschied: Den Geräten der ersten Generation fehlte die Verbindung zu einem Zentralcomputer, um Informationen abzugleichen. Jeder Geldautomat war gewissermassen eine Insel.
Eine zentrale Überwachung von Geldautomaten begann in der Schweiz erst 1978, als die damalige Telekurs AG, die Vorgängerin von SIX Financial Information, mit der Schaffung eines Bancomaten-Systems beauftragt wurde. Eine neue Bancomaten-Generation wurde geboren.
Die Bankkunden waren besonders davon angetan, nicht mehr auf die Öffnungszeiten der Filialen angewiesen zu sein. Auch die einfache Bedienung der Automaten und die Anonymität, die sie mit sich brachten, stiessen auf Zustimmung, wie ein Beitrag der Sendung «Karussell» im Schweizer Fernsehen von 1978 zeigt.
Am Tagesende Transaktionen zentral verarbeitet
Die SIX sorgt mittlerweile für den Informationsabgleich, das sogenannte Clearing, für die meisten Automaten in der Schweiz. Am Ende eines Tages werden Transaktionen im Hintergrund zentral verarbeitet, wo Kunden nicht in ihrer eigenen Bank abheben, sondern Geld bei einer fremden Bank beziehen.
Die Börsenbetreiberin will in diesem Geschäft aber noch mehr mitmischen und noch mehr Aufgaben von den Banken übernehmen. Sie sieht die Zukunft der Schweizer Bancomaten darin, mit einer einzigen Standardsoftware ausgestattet zu sein. Derzeit gibt es hierzulande über 20 verschiedene Lösungen.
Das Geld der Zukunft:
«Er hat an Mythos verloren»
In den 70er und 80er Jahren diente ein Bancomat dazu, sich zu positionieren, sagt SIX-Sprecher Jürg Schneider. Mittlerweile sei er aber kein Differenzierungsmerkmal mehr, sondern alltäglich. «Er hat an Mythos verloren», sagt er.
Mit dem was heutzutage technisch möglich ist, können die Banken mit einer einheitlichen Software Kosten sparen und dennoch weiterhin ihr eigenes Logo präsentieren. Auch sei eine standardisierte Software weniger fehleranfällig.
Neue Generation
Bereits vor fünf Jahren seien die Banken für die nächste Generation Bancomaten auf die SIX zugekommen. Mittlerweile wurde zusammen mit Partnern eine Software entwickelt. Und im Mai 2017 nahm die Credit Suisse schliesslich den ersten Geldautomaten mit der neuen Standardsoftware in den Pilotbetrieb – in einer Geschäftsstelle in Oerlikon. Ab 2018 dürfte die Software flächendeckend eingeführt werden, sagt Schneider weiter. Und die UBS wird als zweite Bank den Pilotbetrieb aufnehmen.
An den Bancomaten der «völlig neuen Generation», wie sie die SIX bezeichnet, kann man auch mittels QR-Code Geld abheben: per Smartphone versenden und Abheben ohne EC-Karte wird möglich. Die SIX erhofft sich, dass eines Tages alle hiesigen Bancomaten mit der standardisierten, herstellerunabhängigen Software laufen. «Angedacht» ist es bei der SIX in einem nächsten Schritt gar, auch die Logitisk für die Bancomaten zu übernehmen, wie das Befüllen der Automaten und ähnliches.
Drive-In-Bancomaten
Eine andere Weiterentwicklung der Bancomaten sind Drive-in-Bancomaten, woran sich auch in der Schweiz die eine oder andere Bank versucht hat. Diese haben sich bislang allerdings nicht flächendeckend durchgesetzt.
Shepherd-Barron, der sich auch mit Schneckenzucht und Walrufen beschäftigte, starb im Mai 2010 mit fast 85 Jahren. Sein erster Bankautomat in Enfield ist längst abgebaut, nur eine Plakette erinnert noch daran. Reich wurde der Schotte mit seiner Erfindung nicht – er hatte sie sich nie patentieren lassen.
(sda/me)