In den USA richten sich alle Augen nach New Hampshire. Umfragen prophezeien Bernie Sanders und Donald Trump den Sieg bei den nächsten Vorwahlen. Aber es gibt einen Haken.

Ein Restaurant an einer Strasse in New Hampshire. «Seid Ihr mit einem der Bewerber hier?», will ein Mann wissen. Der Wahlkampf verfolgt die Einwohner des kleinen Bundesstaats im Nordosten der USA bis in die dunkelsten Sitzecken ihrer Schnellrestaurants.

Wenn die Bewerber nicht selbst da sind, flimmern sie über Fernsehbildschirme an den Wänden. Nach Iowa steht hier am Dienstag die nächste Runde von Vorwahlen im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur bei Demokraten und Republikanern an. Alles auf Anfang oder setzt sich der Trend fort?

In den Umfragen sieht es nach einer klaren Entscheidung aus. Der linke Bernie Sanders führt bei den Demokraten haushoch. Der Milliardär Donald Trump liegt bei den Republikanern weit vorne.

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Zweifel an Umfragen

Allerdings gibt es nicht erst seit Iowa Zweifel, wie aussagekräftig solche Zahlen tatsächlich sind. Dort hatten Umfragen lange einen Sieg Trumps prophezeit, am Ende gewann Ted Cruz, der erzkonservative Senator von Texas. Trump wurde Zweiter.

«Viele von ihnen sind problematisch», sagt der Politikwissenschaftler Dean Spiliotes über die Befragungen im Vorfeld. «Wir fokussieren uns zu stark auf sie. Und es gibt für so ziemlich jeden eine Umfrage, der ein bestimmtes Ergebnis sucht, was ihm gefällt.»

Und in New Hampshire gibt es eine grosse Gruppe, die ein bisschen schwer einzuschätzen ist. Abstimmen dürfen nämlich alle registrierten Wähler - also nicht nur eingetragene Demokraten und Republikaner.

Wer keiner der beiden Parteien angehört, ist als «unabhängig» registriert und kann sich frei zwischen den Bewerbern beider Parteien entscheiden. Und auch erst am Wahltag entscheiden, für welches Lager er überhaupt stimmen will.

Unberechenbar

Die Unabhängigen machen in New Hampshire rund 43 Prozent der Wähler aus, bei den Parteien sind es je etwa 30 Prozent. «Das macht es viel weniger berechenbar, weil die Parteien nicht kontrollieren können, was diese grosse Gruppe von Wählern in der Mitte tut», sagt Spiliotes.

Susanna Dunbar gehört zu ihnen. «Ich war früher bei den Republikanern registriert, aber ich war so angewidert von dieser Partei, genauso wie von den Demokraten, dass ich jetzt als unabhängig gemeldet bin», sagt sie. Die 56-Jährige findet, dass ziemlich viel falsch läuft. Sie sorgt sich, dass wieder ein Demokrat ins Amt kommen könnte.

Sie will deshalb Ted Cruz unterstützen. «Weil er wirklich an die Verfassung glaubt. Und er glaubt, dass Korruption falsch ist. Er ist bereit, für das zu kämpfen, woran er glaubt.»

Religion weniger wichtig

Ted Cruz könnte es in New Hampshire aber schwerer haben als in in der vergangenen Woche. In Iowa konnte der 45 Jahre alte Senator aus Texas vor allem auf die Stimmen von evangelikalen Wählern zählen.

Davon gibt es in New Hampshire nicht so viele. Ohnehin ist Religion hier nicht so wichtig. «Wir sind der am wenigsten religiöse Staat nach Vermont. In diesem Teil des Landes gibt es nicht viele Kirchgänger», sagt der Politikwissenschaftler Spiliotes.

Cruz und auch andere im republikanischen Feld schielen auf eine andere Gruppe. In New Hampshire gibt es eine grosse libertäre Bewegung. Mit dem Querdenker Rand Paul hätten sie eigentlich einen Republikaner gehabt, der ihre Ideale von weniger Staat und mehr Privatsphäre teilt. Aber Paul stieg in der vergangenen Woche aus dem Rennen aus.

Bei einer Fragerunde will ein Mann von Marco Rubio wissen, wen er und sein Sohn denn nun wählen sollten, jetzt da Rand Paul weg sei. Rubio lobt Paul in höchsten Tönen. «Ich will, dass die Bewegung, für die er steht, Teil der republikanischen Partei ist. Sie ist ein grossartiges Gegengewicht in unserer Partei.»

Der 44 Jahre alte Senator aus Florida sieht seine Chance, zum Kompromisskandidaten zu werden, seit er in Iowa den dritten Platz bei den Republikanern holte.

Hat Clinton schon aufgegeben?

Hillary Clinton hat New Hampshire dagegen wohl schon aufgegeben. Sanders ist hier oben einfach zu stark, was zum Teil auch daran liegt, dass er aus dem Nachbarstaat stammt. Dabei konnte sich die Ex-Aussenministerin noch die Unterstützung vieler hochrangiger Demokraten aus dem Staat sichern, darunter der Gouverneurin Maggie Hassan und der Senatorin Jeanne Shaheen.

Und auch auf ihren Wahlkampfveranstaltungen jubeln ihr viele Frauen zu. Etwa die 58 Jahre alte Robin. «Wenn sie es nicht wird, bekommen wir wahrscheinlich in den nächsten 20 Jahren keine Frau als Präsidentin», sagt sie. «Ich sehe einfach niemanden sonst, der stark genug ist.»

Aber Clinton hat ein Problem mit der Jugend: Bernie Sanders sammelte in Iowa in der Gruppe der 17- bis 29-jährigen Wähler der Demokraten satte 84 Prozent ein, Clinton nur 14. «Ich glaube, jüngere Frauen tun sich schwer mit ihr", sagt Robin. "Die wissen einfach nicht, wie hart es war, überhaupt an diesen Punkt zu kommen.»

(sda/ccr)