Die Schweizer Uhrenindustrie sucht nach wie vor einen Umgang mit der Smart-Watch. Sie kann den Trend nicht ignorieren, hat aber auch noch keine überzeugende Antwort darauf gefunden.
Das Thema Smart-Watch war auch 2017 eines der dominierenden Themen an der Uhren- und Schmuckmesse Baselworld in Basel. Für Jean-Daniel Pasche, den Präsidenten des Schweizer Uhrenindustrie-Verbands FH, kommen die Uhrenproduzenten zwar nicht um das Thema herum. Gleichzeitig gebe es jedoch keinen Anlass für einen übersteigerten Aktivismus. «Die Branche nimmt das Phänomen ernst, sie bleibt aber auch gelassen», sagt er gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Einige Unternehmen habe eine Smartwatch entwickelt
Ein Beispiel dafür ist die jurassische Uhrenmarke Maurice Lacroix. «Wir haben nicht die Mittel, um eine Smart-Watch selbst zu entwickeln», sagt Lacroix-Chef Stéphane Waser. Darum warte man ab, bis andere Unternehmen eine Lösung gefunden hätten, die man allenfalls kaufen könne.
Solche Unternehmen gibt es. Sie heissen Victorinox, Movado, Mondaine oder Tag Heuer. Letztere hat kurz vor Eröffnung der Baselworld ihre neue Smart-Watch Modular 45 präsentiert, die Tag Heuer zusammen mit Intel und Google entwickelt hat.
Entscheidend ist die Marke
Für Jean-Claude Biver, der Verantwortliche für die Uhrensparte der LVMH-Gruppe, hängt es von der Positionierung der Marke ab, ob die Entwicklung einer Smart-Watch Sinn macht. «Für Zenith oder Hublot ist das ganz sicher kein Markt», sagt er. Für Tag Heuer hingegen schon, weil die Kundschaft dieser Marke sehr wohl ein solches Angebot wünsche.
Die Strategie von Tag Heuer sei dabei gleichzeitig defensive und offensiv. «Intelligente Uhren sind eine Konkurrenz für unsere Marke. Die beste Strategie dagegen ist, sie selbst anzubieten», sagt er.
Auch die Swatch Group hat sich für diesen Weg entschieden. Swatch arbeitet mit dem Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik in Neuenburg zusammen, um eine Eigenentwicklung voranzutreiben. Marc Hayek von Swatch ist überzeugt, dass es wichtig ist, in diesem Gebiet selbst zu entwickeln und zu forschen.
Kein Mini-Handy, das viel zu viel Strom verbraucht
Der Verantwortliche für die Edelmarken Blancpain, Breguet und Jaquet Droz sieht keine grosse Zukunft für die Smart-Watch, wie sie sich zurzeit präsentiert. Die Uhr von Apple zum Beispiel sei zurzeit nur ein «mittelmässiger» Erfolg, sagt er. «Die Industrie muss etwas entwickeln, aber sicher kein 'Mini-Handy', das viel zu viel Strom verbraucht und schlecht lesbar ist.»
Laut Hayek geht der Weg in die Zukunft über eine verbesserte Batterielaufzeit und gezielten Anwendungen wie das kontaktlose Bezahlen. Das sieht auch der Tissot-Chef François Thiébaud so, der in der intelligenten Uhr ein Zusatzgerät für Sport oder medizinische Anwendungen sieht.
Keine Notwendigkeit
Die Verantwortlichen von Certina, ebenfalls eine Swatch-Uhrenmarke, sehen die Zukunft ihrer Marke ganz woanders. «Wir konzentrieren uns auf mechanische Uhren und Quarzuhren», sagt Certina-Chef Adrian Bosshard. Die elektronischen Spielereien überlasse man dagegen den Anderen.
Eine ähnliche Strategie verfolgt auch die jurassische Uhrenmarke Graham. «Mit all dieser Elektronik geht der Spass und die Emotionen verloren», sagt Eric Loth.
Loth hat bis jetzt auch noch keine einzige Anwendung gesehen, die eine intelligente Uhr tatsächlich nötig machen würde. «Die entscheidende Frage ist, ob eine Smart-Watch mehr kann als ein Smartphone, das heute ja jeder ständig dabei hat», sagt er. Seine Antwort auf diese Frage fällt dabei klar aus: Sie lautet Nein.
(sda/ccr)
Sehen Sie in der Bildergalerie unten, die zehn wichtigsten Personen - das «Who is who» - in der Schweizer Uhrenwelt: