Wenn die Filmwelt heute gebannt nach Los Angeles schaut, um zu sehen, wer welche Oscars mit nach Hause nimmt, kann die Silicon-Valley-Gemeinde sich gelassen zurücklehnen: Die Gewinner der «Crunchies», dem Äquivalent der Start-up-Szene zu Hollywoods Academy Awards, wurden bereits am 5. Februar mit einem Gala-Abend in San Francisco geehrt.

Ins Leben gerufen vom Tech-Blog TechCrunch, sind die Crunchies in der IT-Branche zu einem der wichtigsten Preise für Jungfirmen und ihre Gründer geworden. Jedes Jahr wählen Leser und eine Fachjury, das «Crunchies Committee», die Preisträger in einer Reihe von Kategorien wie Bestes Design, Bestes Start-up für Unternehmenssoftware, CEO des Jahres und Bestes Start-up überhaupt – um nur einige zu nennen.

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T.J. Miller als Moderator

Für die diesjährige 8. Crunchie-Verleihung – abgehalten wie immer in San Franciscos Davies Symphony Hall – gewannen die Veranstalter den Schauspieler T.J. Miller als Moderator. Eine passende Wahl: Miller ist derzeit beim Kabelkanal HBO in der Serie Silicon Valley zu sehen, die das Start-up-Leben im Tal der Technik parodiert. Miller verstand es, sein Publikum zu unterhalten, trieb allerdings manche an den Rand der Erschöpfung mit seinen satirischen Witzen über die IT-Branche.

Dennoch lobte Crunchie-Gewinner Stewart Butterfield, Mitgründer von Slack, einem Start-up, das mehr Produktivität im Alltag verspricht: «Das Silicon Valley liebt Satire, weil sie zum Kern des Ganzen vorstösst: Vieles von dem, was an Arbeit und Geld in Start-ups gesteckt wird, ist absurd. Beinahe bestürzend. Satire ist ein Weg, das zu bewältigen.»

Ganz im Ernst nun unser Blick auf einige Gewinner der Crunchies.

Bestes Start-up überhaupt 2014

Und der Gewinner ist… Uber.

Mit Hilfe seiner populären Smartphone-App bringt der Carsharing-Dienst Uber Fahrgäste, die ein Privattaxi suchen, mit Fahrern zusammen, die gerade in der Nähe sind. Uber setzte sich erfolgreich gegen eine Reihe von Konkurrenten durch: Zweiter wurde GoPro, Erfinder und Hersteller einer besonders bei Sportlern beliebten Action-Kamera; dahinter platzierten sich Snapchat, Stripe undTinder.

Uber begann 2009 in San Francisco mit Limousinen-Fahrten auf Abruf, ehe die Firma auf den Massenmarkt umschwenkte. Inzwischen operiert das Unternehmen in mehr als 250 Städten weltweit und wird von der Investorengemeinde auf einen Marktwert von mehr als 40 Milliarden Dollar taxiert. Gleichermassen erfolgreich wie umstritten, belässt es Uber nicht dabei, mit seinem Carsharing-Prinzip die etablierte Taxibranche herauszufordern, sondern will als nächstes den Markt für Botendienste aufrollen – in New York ist der Dienst namens UberRUSH, der auf Fahrrad-Kuriere setzt, bereits testweise gestartet.

Bestes neues Start-up 2014

Ausgezeichnet wurde Product Hunt, dicht gefolgt von Shyp und den übrigen Finalisten Bellhops, OnePlus und Slack.

Product Hunt begann ursprünglich mit einem Newsletter, in dem Gründer Ryan Hoover regelmässig neue Produkte vorstellte, die ihm besonders gut gefielen. Daraus leitet sich auch das Motto der Jungfirma ab: «Die besten neuen Produkte, täglich frisch». Heute zieht Product Hunt als Plattform für originelle Neuheiten eine wachsende Gemeinde leidenschaftlicher Trendhunter an, die anderen von ihren jüngsten Entdeckungen aus der Digitalwelt berichten wollen – sei es Smartphone-Apps, Hardware, Webseiten oder Technikspielzeug.

Für mich selbst ist Product Hunt eine echte Bereicherung geworden. Besonders gefallen mir die «Top…»-Listen und die grosse Bandbreite an Interessen, die sich in den Listen widerspiegelt – etwa bei Upstart100 (Rebellen, Träumer, Querdenker und Vordenker) und Nuu (die neuesten Restaurants und Bars, zu Hause und auf Reisen).

CEO des Jahres

Applaus bitte für Marc Benioff, Gründer von Salesforce.com. Auf Platz zwei kam Yahoo-Chefin Marissa Mayer. Auch Tim Cook (Apple), Drew Houston (Dropbox) und Travis Kalanik (Uber) waren nominiert.

Warum war es Benioff, der gewann? Vermutlich wegen der Salesforce Foundation, die auf einer schlichten Idee beruht: dem 1-1-1-Modell. Mit ihrem «1-1-1 Pledge» ruft die Stiftung alle Unternehmer auf, vom ersten Tag an wichtige Ressourcen (Produkte, Firmenanteile, Zeit) dafür aufzuwenden, eine philanthropische Firmenkultur zu fördern, die sich in konkreten Handlungen niederschlägt (so, wie es Benioff bei Salesforce selbst getan hat).

Seit ihrer Gründung vor gut 15 Jahren hat die Salesforce Foundation mehr als 73 Millionen Dollar gespendet, um über 23'000 gemeinnützige Organisationen zu fördern und Erwachsenen-Fortbildung zu unterstützen. Dazu kommen mehr als 740'000 Stunden an freiwilliger Arbeit von Salesforce-Mitarbeitern, die sich in ihren Gemeinden engagiert haben.

Wer sonst noch bei den Crunchies auf dem Siegerpodium stand, sagt Ihnen die komplette Liste der Gewinner auf der TechCrunch-Website.

Gewinner des Vorjahres

Aber vergessen Sie bitte nicht, auch einen Blick auf die Gewinner des Vorjahres zu werfen: Wie viele von ihnen gibt es heute noch? Welche sind gestolpert, welche blühen und gedeihen, mausern sich zum Übernahmekandidaten oder streben gar auf den Börsengang zu? Nicht ohne Grund lautet das heimliche Motto des Silicon Valley: «Fail fast, fail often.»

Nur wer vieles ausprobiert und nach dem Scheitern schnell wieder aufsteht, hat die Chance, zum Superstar zu werden – denn in einem sind sich Hollywood und Technikwelt sehr ähnlich: Keiner weiss im voraus, was funktionieren wird, und die grössten Hits kommen oft – für alle überraschend – aus dem Nichts.

* Christian Simm ist Gründer und CEO von swissnex San Francisco.

Mitarbeit: Birgit Coleman & Karsten Lemm