Ob London, Lausanne oder Zürich: Überall auf der Welt müssen Immobilienkäufer derzeit mehr denn je für ein Eigenheim bezahlen. Die Zahl der Brennpunkte wächst. Der Boom am Häusermarkt – kein Einzelfall für die Schweiz.
So sind in England die landesweiten Immobilienpreise im Juni um fast zwölf Prozent gestiegen, wie der Verband Nationwide in der vergangenen Woche meldete. Selbst die sagenhaften Rekordwerte aus dem Jahr 2007 – kurz bevor die Vermögensblase platzte – wurden erstmals überschritten.
Noch dramatischer sind die in der Hauptstadt verzeichneten Preisanstiege: In diesem Sommer kosten Immobilien in London über ein Viertel mehr als noch vor einem Jahr. Die Zuwächse seit Jahresbeginn sind beinahe beispiellos – der Anstieg war so hoch wie zuletzt nach dem grossen Börsen-Crash im Jahr 1987 (siehe Grafik). Erstmals müssen Interessenten für ein durchschnittliches Eigenheim über 400'000 Pfund auf den Tisch legen.
Doch auch Länder wie Belgien sind betroffen. Das Land erlebt derzeit ebenfalls einen enormen Immobilienboom: Die Preise liegen dort inzwischen rund 50 Prozent über ihrem historischen Schnitt, worauf der Internationale Währungsfonds im Juni warnend verwies.
Auch in Schweden geht die Angst vor einem Crash um. Bemerkenswert ist dort, dass die Geldpolitik wie in der Schweiz sehr expansiv ist – trotz boomendem Häusermarkt. Denn noch grösser ist die Angst vor einer Deflation in dem nordeuropäischen Land. Deshalb senkte die Reichsbank den Leitzins Ende vergangener Woche sogar um einen halben Punkt auf 0,25 Prozent. Die Schieflage auf dem Markt für Immobilien wird dies noch weiter verstärken.
Bundesbank: Deutsche Grossstädte überbewertet
Nach Ansicht der Internationalen Währungsfonds liegen die Hauspreise in Europa auch in Österreich, der Niederlande, Norwegen und Frankreich deutlich – das heisst mindestens zweistellig – über dem langfristigen Schnitt dieser Länder. Die Hauspreise notieren mittlerweile für eine ganze Reihe von Staaten über ihren historischen Durchschnittswerten, sagte Min Zhu, der stellvertretende IWF-Direktor, kürzlich.
Alarmiert ist man auch in Deutschland. Dort warnte die Bundesbank im Februar bereits davor, dass die Preise für Wohnimmobilien «stärker gestiegen sind, als es die ökonomischen und demografischen Fundamentalfaktoren nahelegen». Besonders gelte dies für die städtischen Immobilienmärkte, wo die Preise heute um zehn bis 20 Prozent überbewertet seien. In den Grossstädten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt oder München wichen «die Preise für Wohnimmobilien im Durchschnitt vermutlich um 25 Prozent nach oben ab.»
Bank of England: Immobilienmarkt ist das «grösste Risiko»
Entsprechend nervös ist man bei der Bank of England: Der stellvertretende Direktor Jon Cunliffe bezeichnete die Lage am Häusermarkt nun als «grösstes Risiko» für die britische Wirtschaft. Das Problem: Die Preise steigen stärker als die Einkommen der Briten – und so wachsen auch die Schulden in der Wirtschaft, sagte Cuncliffe. Ende Juni gab die Bank of England deshalb Massnahmen bekannt, um den heiss gelaufenen Immobilienmarkt abzukühlen. Unter anderem wurde nun eine spezielle Kreditobergrenze für Schuldner eingezogen.
Für Schweizer Ohren klingt das bekannt. Seit Monaten schon geben sich Währungshüter, Banken und Aufsicht besorgt ob der hohen Hauspreise. Im Rahmen der Selbstregulierung tritt die Schweizerische Bankiervereinigung nun ebenfalls stärker auf die Bremse. Die sogenannte zweite Hypothek müssen Schuldner künftig schneller zurückzahlen. Statt 20 Jahre haben sie künftig nur noch 15 Jahre Zeit, die Höhe der Hypothek auf zwei Drittel zu senken.
Kanada, Australien und Neuseeland sind ebenfalls alarmiert
Einige angelsächsische Staaten haben ebenfalls zu kämpfen. Kanada etwa blieb von der letzten Finanzkrise 2008/09 weitgehend verschont. Bis heute sind die Preise für Immobilien fast ungebremst gewachsen – und liegen laut IWF nun rund ein Drittel über dem historischen Durchschnittswert. Zuletzt wurde ein Jahresplus von knapp acht Prozent gemessen – noch vergleichsweise moderat mit früheren Zuwächsen. Auch in Australien und Neuseeland beäugen Aufseher und Notenbanker argwöhnisch die Entwicklung.
Die Probleme sind rund um den Globus also ähnlich. Die Lösungsmöglichkeiten hingegen sind es nicht – zu verschieden sind die Rahmenbedingungen an den Immobilienmärkten ausgestaltet. Davor warnte nun auch der IWF. Länderspezifische Faktoren verhinderten «Lösungen von der Stange», sagte Min. Dies jedoch macht die Herausforderungen nicht einfacher.