BILANZ: Frau Schär, wie erlebten Sie die Wirren auf dem Balsberg, nachdem Ihr Ehemann Ende Januar Chef der Swissair geworden war?
Jeannine Schär-Kern:
Als eine sehr belastende Zeit. Ich habe in Murten mein Leben und Geschäft, während mein Mann die Woche durch in Zürich arbeitet. Aber mit der Zeit wurden selbst die Wochenenden unglaublich hektisch. Ich fühlte mich betrogen durch diese Beeinträchtigung unseres Privatlebens.

Waren Sie erleichtert, als Ihr Mann im September aufhörte?
Nein, ich bin aus allen Wolken gefallen, denn mein Mann hatte ein gutes Verhältnis mit Herrn Corti, der auch seine Mitarbeit und Loyalität schätzte. Das liess mich im Glauben, das Team funktioniere bestens. Als dann am 23. September auskam, dass hinter dem Rücken der Swissair und damit meines Manns ein Plan ausgearbeitet worden war, merkte ich, dass er und sein Kader hintergangen worden waren.

Was haben Sie unternommen?
Vorerst nichts. Als dann aber die «Tagesschau» meldete, mein Mann sei entlassen worden, rief ich Herrn Corti an. Mein Mann verliess nach diesem Vertrauensbruch die Swissair auf eigenen Wunsch, obschon man ihn ersucht hatte, zu bleiben. Ich forderte Herrn Corti auf, die Falschmeldung zu berichtigen, und sagte ihm, dass auf einem solchen Lügenberg kaum Konstruktives entstehen könne.

Wie hat Corti reagiert?
Er entschuldigte sich und versprach zu berichtigen. Was er dann auch im nächsten «Zischtigsclub» tat. Ich hatte jedoch das Gefühl, es koste ihn einiges an Überwindung. Offensichtlich hat Zivilcourage bei Topmanagern keinen hohen Stellenwert. Das zeigt ja auch das skandalöse Fehlen eines Sozialplans. Die Leute werden einfach entsorgt! Am 26. Oktober rief ich Herrn Corti ein zweites Mal an und appellierte an sein soziales Gewissen. Er meinte dazu, er sei selber enttäuscht und betrogen worden. Tatsache ist leider, dass er nicht auf seine Leute gehört hat. Das Gesicht wahren und den Tatsachen nicht ins Auge sehen ist keine Heldentat.

Richtet sich Ihr Ärger primär gegen Herrn Corti?
Nein. Das Swissair-Debakel beruht auf jahrelang angehäuften Problemen, die vom Verwaltungsrat nie ernsthaft behandelt worden sind. Viele dieser Probleme beruhen auf einer ewigen Privatfehde zwischen Crossair- und Swissair-Managern. Die Wirtschaftsführer unserer Zeit haben sich mit unerbittlichem Treiben dem ökonomischen Wachstum verschrieben. Wichtig sind ihnen ihr persönlicher Status, Macht, Grösse, Umsatz, Cashflow; aber ob dabei die Menschen, die für sie arbeiten, untergehen, ist ihnen egal.
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