Das Imperium von Bernard Arnault ist gross, sehr gross. LVMH ist der Gigant der Luxusgüter schlechthin. Kleinere Brötchen bäckt Arnault im Uhrensegment. Zwar hat er vier namhafte Marken in seinem Portfolio – Hublot, TAG Heuer, Zenith und Bulgari. Aber im Konzert der ganz Grossen spielt Arnault (noch) nicht mit.
Vor der Pandemie im Jahr 2019 machten die vier Brands zusammen einen Umsatz von etwas über 2 Milliarden Franken – gemäss den Schätzungen von Luxeconsult und Morgan Stanley sind das rund 300 Millionen weniger, als Omega allein erreicht. An diesen Grössenordnungen dürfte sich auch im letzten Jahr nicht viel geändert haben.
Klar aber ist: Arnault wäre nicht Arnault, würde er nicht auch im Uhrensegment zu den Marktführern, namentlich zu Rolex, Richemont und der Swatch Group, aufschliessen wollen. Zwei klare Indizien gibt es für diese Ambitionen.
Erstens: Er hat seinen jungen, ambitionierten Sohn Frédéric Arnault zum Chef von TAG Heuer, der grössten LVMH-Uhrenmarke mit rund 860 Millionen Franken Umsatz (2019), gemacht. Mit seinen 26 Jahren weiss jener genau, was eine neue Generation von wohlhabenden Jungen haben will.
Zweitens: Arnault ist der einzige Luxusmanager im Uhrenbereich, der bislang eine adäquate Antwort auf die Smartwatch-Herausforderung durch Apple gegeben hat – mit einem Line-up von Luxus-Smartwatches, die von den Kundinnen und Kunden seit der Lancierung durch Uhren-Zampano Jean-Claude Biver im Jahr 2015 jeweils sehr gut aufgenommen wurden.
Zwei Carreras, zwei Ikonen
Bei TAG Heuer aber sind smarte Uhren nur ein kleiner, junger Teil des Angebots. Wichtiger sind – und bleiben – die ikonischen Modelle der Marke. Natürlich die Monaco. Ebenso die Autavia. Aber natürlich auch die Carrera. Fast hundert verschiedene Carreras hat TAG Heuer im Sortiment – und seit kurzem eine ganz spezielle, eine, die man schon längst hätte kaufen wollen. Logisch: eine Porsche-Carrera, eine Porsche-Carrera von TAG Heuer.
«Wir flirten schon seit Jahrzehnten, mehr als ein halbes Jahrhundert. Jetzt endlich geht unsere Beziehung an die Öffentlichkeit», sagt Catherine Eberlé-Devauxs, ihres Zeichens sogenannte Heritage-Direktorin bei TAG Heuer. Das Ende der Flirts zwischen TAG Heuer und Porsche markiert den Anfang einer Zusammenarbeit, die zumindest danach strebt, dereinst so etwas wie runde Hochzeitstage feiern zu können. Frédéric Arnault formulierte es gegenüber der «Financial Times» so: «Als ich 2017 zu TAG Heuer kam, fand ich es wirklich erstaunlich, dass wir nie wirklich direkt mit Porsche zusammengearbeitet hatten.»
Man habe Uhren mit McLaren, Audi, Nissan, Red Bull Racing und Aston Martin hergestellt. Aber nie mit Porsche. Dabei wäre genau das naheliegend gewesen. Erstens «habe ich wirklich das Gefühl, dass Porsche die Automarke ist, die am besten zu TAG Heuer passt – und TAG Heuer zu Porsche», so Arnault. Und zweitens gab es, jedenfalls zu Zeiten von Firmenpatron Jack Heuer in den 1950er bis 1970er Jahren, viele Berührungspunkte zwischen den Marken. Nur ein Beispiel: Steve McQueen fuhr im Film «Le Mans» einen Porsche, mit einer Heuer am Handgelenk und der Heuer-Werbung auf dem Rennanzug.
Porsches eigenes Ding
Doch dass die Marken erst heute zusammenkamen, könnte auch daran liegen, dass Porsche ab den 1970er Jahren selbst uhrmacherische Ambitionen hegte – und bis heute pflegt. 1972 kam der erste Chronograph von Porsche Design auf den Markt. Es war eine von Ferdinand Porsche himself erdachte und in geschwärztem Stahl ausgeführte Uhr, die ihrer Zeit voraus war.
Einige Jahre später dann lancierte Porsche eine Uhr aus Aluminium, die mit einem Kompass ausgestattet war. Anfang der 1980er Jahre folgte die erste Titanuhr. Das Pikante dabei: Porsche Design arbeitete bis Ende der 1990er Jahre mit IWC zusammen, danach mit Eterna. Und Porsche Motorsport arbeitete mit Chopard zusammen. Aber eben nie mit TAG Heuer.
Taycan oder 911er?
Wird Arnault nun, wie schon sein Vorgänger Jack Heuer, Porsche fahren? Vielleicht, sagte er der «Financial Times»: «Ich besitze keinen Porsche. Aber ja, das ist eine Möglichkeit. Ich denke, ich würde wahrscheinlich den neuesten wählen, den sie auf den Markt gebracht haben, den Taycan. Der 911 ist aber auch ein wirklich fantastisches Auto. Ich müsste mich zwischen ihm und den avantgardistischen Aspekten des Taycan entscheiden.»
Immerhin ist sein Halbbruder Antoine – im LVMH-Grossreich Chef der Lederwarenmarke Berluti – bereits engagierter Porsche-Fan. Er liess einen 911er Targa aus dem Jahr 1973 mit Berluti-Leder ausstatten – und versteigerte das gute Stück später für einen guten Zweck. Und: Jack Heuer, Arnaults Vorgänger als TAG-Heuer-Chef, fuhr in den 1970er Jahren einen Porsche als Dienstwagen. Verkauft wurde er ihm von der Schweizer Motorsportlegende Jo Siffert, damals Porsche-Händler.