Rund eine Viertelmillion Franken. So viel soll eine einzige Whiskyflasche kosten, die am Wochenende in Hongkong versteigert wird. Hersteller ist die schottische Destillerie Macallan, eine Ikone der Whiskywelt. Abfülljahr ist 1940, der Preis entspricht in etwa jenem eines Ferrari Portofino mit 620 PS und 320 km/h Höchstgeschwindigkeit.
Der Hammer fällt bei Sotheby’s. Das Preisschild katapultiert den über achtzig Jahre alten Whisky in die Top Ten der teuersten der Welt – eine Liste, die ohnehin von Macallan dominiert wird. Die Reihe aus dem Jahr 1926 wird zu Preisen von 1 Million und mehr gehandelt. Pro Flasche natürlich.
Die Flasche aus dem 1940er Jahrgang, die jetzt versteigert wird, ziert dafür eine Bronzeskulptur der Bildhauerin Saskia Robinson aus Renfrewshire nahe Glasgow. Die Spirituose ist abgefüllt in einem Dekanter, der wiederum in einer Holzkiste untergebracht ist, die aus einem Baum von 1940 gefertigt sein soll. Luxus pur halt.
Der 81-jährige Macallan gilt als der älteste Whisky der Welt. Gerade einmal 288 Flaschen à 0,7 Liter wurden insgesamt produziert. Zuletzt versteigerte Sotheby’s in London eine dieser Flaschen und erzielte damit einen Erlös von knapp über einer Viertelmillion Franken. 41,6 Volumenprozent hat das Getränk – gewöhnliche Trinkstärke.
Ursprünglich kam der 1940er Macallan im Februar 2022 zu einem Preis von 125’000 Dollar pro Flasche auf den Markt. Seither entwickelt er sich zum beliebten Auktionsobjekt, zumal es in den letzten Jahren zunehmend zu einem Wettbewerb zwischen sehr alten Whiskys kam – und die wahren Raritäten lagern immer noch ein. Einige der grössten Namen in der Branche versuchen, die schwindenden Bestände an sehr alter Flüssigkeit in alten Fässern aufzubewahren, um immer ältere Whiskys zu produzieren. Schätzungsweise in der Mitte des 21. Jahrhunderts dürfte der erste Whisky auf den Markt kommen, der ein Jahrhundert lang gereift ist.
Aromen von Lakritze und Ingwer
Der 1940er Macallan-Whisky hat nach Angaben von Sotheby’s einen intensiven und rauchigen Abgang. Im Gaumen sollen sich Aromen von Lakritze, kristallisiertem Ingwer, Muskat und Pekannuss zeigen. In der Nase soll die edle Spirituose an dunkle Schokolade, Zimt, Pflaumen und rosa Grapefruit erinnern.
Der Hersteller ist ein Aushängeschild der schottischen Whiskyindustrie, mehrfach referenziert in der Popkultur: Der 18 Jahre alte Macallan ist das Lieblingsgetränk von Harvey Specter aus der US-Serie «Suits». Ein 50 Jahre alter Macallan ist das Lieblingsgetränk von James Bond im Film «Skyfall». Das Produktionsvolumen der Brennerei liegt bei sechs Millionen Litern.
Macallan produziert in der Regel Single Malts. Diese Whiskys stammen aus einer einzigen Brennerei. Die Single Malts der nördlichen schottischen Highlands (Dalmore, Glenmorangie, Oban, Old Pulteney etc.) sind kräftig, jene von Speyside (Benriach, Glen Grant, Glenfiddich, Macallan etc.) mild und die Whiskys der westlichen Insel Islay (Ardbeg, Bowmore, Caol Ila, Lagavulin etc.) intensiv rauchig, weil die Gerste mit Torf geräuchert wird.
Die Schweiz war lange Zeit Brachland in Sachen Whisky. Als Folge des Zweiten Weltkriegs untersagte hier ein Gesetz, Grundnahrungsmittel wie Weizen und Roggen zu brennen. 1999 wurde der Paragraf im Zuge der Liberalisierung des Spirituosenmarkts entsorgt. Seither werden auch in der Schweiz Whiskys gebrannt – teilweise mit relativ grossem Erfolg. Berühmt und weit verbreitet ist etwa der Säntis Malt der Brauerei Locher.
Wie soll man Whisky trinken: pur oder mit ein wenig Wasser? Soll man, wie die Schotten es machen, ein braunes Bier dazu konsumieren? Oder schwarze Schokolade essen? Ist es erlaubt, einen Eiswürfel in einen Whisky zu geben?
Markus Blattner – Whisky-Aficionado, Gastro-Unternehmer und ehemaliger Chef de Bar im Zürcher Hotel Widder – hat gegenüber der «Bilanz» einmal folgende Empfehlung formuliert: Dunkle Schokolade zum Whisky ist empfehlenswert, ein klein wenig Wasser – ein Tropfen, vielleicht zwei oder drei – kann den Geschmack eines Whiskys öffnen. Und ein Bier: Warum auch nicht, beide Produkte bestehen aus denselben Grundstoffen.