Es duftet nach Rosmarin und frisch gemähtem Gras, der Pool leuchtet in der Herbstsonne. Weit hinten quert eine Allee aus Zypressen den Horizont, bei entsprechendem Wind weht ein schwaches Motorengeräusch von der Strasse herüber. Davor, in einem Talabschnitt, knallen Jäger gelegentlich mit ihren Büchsen, weiter rechts thront ein putziges Dörfchen auf der nächsten Anhöhe, Kilometer entfernt. Auf dieser hier steht ein einziger Bau, eine Villa, die einmal ein typisch toskanisches, steinernes Bauernhaus war. Ein Vorbau mit grossen Bögen öffnet sich nach Westen, Richtung Sonnenuntergang.

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Die Einrichtung lässt sich am ehesten als italienischer Landhausstil beschreiben: Warme, rote Steine als Fussboden, die Wände in dunklem Holz gehalten, raue Natursteinfliesen kleben an den Badezimmerwänden, dunkles Leder dominiert die Sitzecken. Die Schlafzimmer sind gross, die Betten riesig und die Bäder grosszügig, frische Handtücher für mehrere Fussballmannschaften. Draussen Sitzgruppen, Liegestühle, Tische, Kerzen, Windlichter, Kunstwerke im Garten, ein romantischer Pavillon in einer weit entfernten Ecke des weitläufigen Grundstücks, auf dem sich Obstbäume, Hecken und Sträucher abwechseln.

Podere Le Sensaie nennt sich dieser Ort, der nicht leicht zu finden ist. Hinweisschilder existieren keine. An der Strada regionale 439 in der Toskana, sagen wir: auf halbem Weg zwischen Pontedera und Volterra, biegt man in eine unscheinbare Dorfstrasse ab, die nach wenigen Metern abrupt in einen respekteinflössenden Schotterfeldweg übergeht. Diesem folgt man mehr als zwei Kilometer und freut sich anschliessend, wenn an den diversen Engstellen kein «chicken game» mit einem Traktor auszutragen war. Ein schmiedeeisernes Tor in der Mauer, dann knirschen die Kiesel im Innenhof unter den Reifen. Zündung aus, ein Luftzug bleibt, ansonsten nur noch Ruhe. Einige Grillen zirpen.

.......... (L) of FC Basel competes with.........of Benfica during the UEFA Champions League group A match FC-Basel - Benfica, on Sept. 27, 2017 in Basel, Switzerland. ........ won.....(Xinhua/Michele Limina)

Das Anwesen mitten in der Toskana wurde aussen kaum verändert. Der neue Aston Martin vor dem Gut zeigt aber, dass hier keine Bauernfamilie mehr haust

Quelle: MICHELE LIMINA

Ferien kosten hier Punkte statt Geld

Wer hier Ferien macht, hat die Villa ganz für sich. Kann ausserdem noch Gäste empfangen, weil mehrere Schlafzimmer und Bäder bereitstehen. Eine «Concierge», die in der Nähe lebt, ist per Telefon immer erreichbar und kommt nach Bedarf vorbei, erledigt auch den täglichen Einkauf für jene, die den Gang zum Gemüsehändler im Dorf nicht zum entspannenden Teil ihrer Sommerferien zählen. Doch das Beste: Hier kosten die Ferien gar kein Geld – sondern nur Punkte! Und da kommt Helmut Schön ins Spiel.

Der Mann stammt aus Hannover, lebt in Zollikon, hat im süddeutschen Furtwangen Wirtschaftsinformatik studiert und die Managerhochschule IMD in Lausanne besucht, für die UBS und später Merrill Lynch im Investment Banking gearbeitet, «vor allem in der Akquise von Geschäft, in Pitches um Deals gekämpft, nicht die Umsetzung abgewickelt» – und stieg kurz nach der Jahrtausendwende aus. Schön wurde General Partner bei der globalen Venture-Capital-Firma Partech Venture. «Ich wollte etwas Eigenes machen, selber über meine Zeit bestimmen», sagt Schön. Trotz «massivster finanzieller Einbussen» ist er sich sicher: Der Umstieg in die Selbständigkeit war für Schön die richtige Entscheidung.

Seinen Hideaways Club hat Schön 2006 gegründet, gemeinsam mit zwei Briten, dem früheren Berater und Unternehmer Stephen Wise und dem Gründer der Gym-Kette Fitness First, Mike Balfour. Die ersten zwölf Häuser wurden vorfinanziert, dann griff das Geschäftsmodell des Clubs: Auch wenn das Handling für die Mitglieder und der Lockstoff eher an ein Timesharing für Besserverdienende erinnern, liegt dem Ganzen ein Immobilienfonds zugrunde. In diesen kauft man sich ein, er ist aufgeteilt in 600 «Full Shares», rund 570 Mitglieder haben bislang Anteile gekauft, wobei es auch halbe oder viertel Aktien gibt. Zu den bekannten Investoren zählen Rennfahrer Nick Heidfeld, Ex-Tennisstar Tim Henman oder der italienische Golfprofi Francesco Molinari, laut Schön sind aus der Schweiz auch Family Offices, Topmanager der Industrie oder Managing Partner von Anwaltskanzleien dabei. Auch viele Investmentgesellschaften und Stiftungen hätten Anteile gezeichnet; diese Konstruktion ist steuerlich interessant, etwa bei Erbschaften.

Helmut Schoen Hideaways Club

Erfolgsstory: Helmut Schön gründete den Hideaways Club 2006 zusammen mit zwei Briten.

Quelle: ZVG

15 900 Pfund entsprechen 120 Punkte

Schön hat das gute alte Timesharing, siehe etwa die Schweizer Hapimag, für Bestverdienende neu erfunden. Eine volle Aktie für den Fonds im Bereich Häuser und Villen kostet 230 000 britische Pfund. Hinzu kommen jährliche Gebühren von 15 900 Pfund.

Mit diesem Geld bezahlt die Firma alle laufenden Kosten für den Urlaubsbetrieb der Anteilseigner: Concierges der Häuser, Pflege für Pools und Rasen, Möbel oder Wandanstriche – das tägliche Geschäft. Für Investment-relevante Ausgaben wie Reparaturen von Dach oder Heizung springt ein anderer Fondstopf ein.

Die 15 900 Pfund, erklärt Schön, entsprächen 120 Guthabenpunkten. Jede Villa oder Wohnung hat eine Einstufung, ein Grade. Eine Woche in einer Villa wie Podere Le Sensaie zur Hauptsaison im Hochsommer kostet 30 Punkte. Das Guthaben ergibt also vier Wochen Sommerurlaub – und das in Villen, die im Kaufpreis bei rund einer bis zwei Millionen Euro liegen, sagt Schön, «wir sind also im HNW-Segment, nicht UHNW». Soll heissen: Der Standard ist für sehr gut Verdienende und Reiche gedacht, aber nicht für Superreiche. Villen für deren Geschmack taxiert Schön auf Anschaffungspreise von über fünf bis acht Millionen.

.......... (L) of FC Basel competes with.........of Benfica during the UEFA Champions League group A match FC-Basel - Benfica, on Sept. 27, 2017 in Basel, Switzerland. ........ won.....(Xinhua/Michele Limina)

Die Einrichtung in der Villa Podere Le Sensaie ist zwar nicht historisch, aber sehr natürlich und passt damit bestens zu den Steinfliesen und offenen Mauern.

Quelle: MICHELE LIMINA

New York, Paris, Wien, Berlin, Bangkok oder Dubai

40 Häuser und Villen an 26 Feriendestinationen gehören derzeit zum Eigentumsportfolio, dazu 11 Apartments in globalen Metropolen wie New York, Paris, Wien, Berlin, Bangkok oder Dubai. Dazu kommen über Partnerschaftsvereinbarungen weitere gut 200 Häuser respektive 25 City-Apartments. Das Schöne an Letzteren: Das Investment ist deutlich günstiger. 127 000 Pfund kostet hier eine volle Aktie.

Bei der Schweizer Hapimag mutet die Aktie im Vergleich spottbillig an: Zwischen 6000 und 9000 Franken hätten Aktionäre für das Papier, das Punkte und damit Wohnrechte in den Ferienimmobilien bedeutet (hinzu kommt eine jährliche Gebühr), in den vergangenen Jahren gezahlt. Das Problem ist: Die Aktie bringt keinerlei Eigentum an den Gebäuden mit sich. Ein Verkauf ist deshalb schwierig: Weil Hapimag ein Nachwuchsproblem hat, kommen nicht viele Neukunden hinzu, denen Altaktionäre ihre Anteile verkaufen könnten. Und die finanzschwache Firma selber kauft Berichten zufolge Aktien kaum einmal zurück, und wenn, dann nur zu Tiefstpreisen, die bei etwa einem Drittel des seinerzeitigen Kaufpreises liegen sollen.

Chalet Kitsutsuki im Alpenstil in Japans Skiregion Niseko

Helmut Schöns schöne Häuser: Das Chalet Kitsutsuki im Alpenstil in Japans Skiregion Niseko.

Quelle: ZVG

Derzeit sind noch knapp 130 000 Aktionäre dabei, das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt im rentenfähigen Bereich von 67 Jahren. Hapimag betreibt 57 Ferienresorts in 16 Ländern, die Immobilien gelten als durchaus hochwertig, aber eher für ein gesetzteres Publikum tauglich als für junge Gutverdienende. Zudem soll sich laut Selbstbeschreibung die Investition erst ab dem fünften Jahr finanziell lohnen – diese langfristige Bindung bei zugleich ungewissen Ausstiegsmöglichkeiten dürfte den Eintritt in die Hapimag-Welt für viele Interessenten nicht allzu attraktiv erscheinen lassen.

Einzigartiges Geschäftsmodell

Das spezielle Geschäftsmodell des Hideaways Club mit seinen sechsstelligen Aktienkaufpreisen ist ziemlich einmalig. Ähnliche Modelle gibt es zwar in den USA, etwa Equity Estates (EE), die aber ihre Immobilien nach Ablauf der Fonds verkaufen; Schön hat ein Setup gewählt, das mit ewiger Laufzeit plant. Er betreibt mit EE eine Partnerschaft, sodass die Mitglieder der Fonds jeweils die Immobilien beider Partner für Ferien nutzen können. Ein weiterer Wettbewerber, Exclusive Resorts, setzt auf ein reines Pachtmodell: Die Firma mietet Villen an und vermietet sie ihren Clubmitgliedern weiter – für die Kunden bedeutet das zwar weniger Kapitalbindung, aber eben auch keine Chance auf finanzielle Renditen.

Sharing Economy

Teilen und zusammenarbeiten, das ist der wirtschaftliche Megatrend des Jahrzehnts. Noch vor fünf Jahren nur 15 Milliarden Dollar gross, soll dieser Markt bis 2025 auf 335 Milliarden anwachsen, schätzt die Finanzberatung PwC. Dieses Konzept – siehe den Hideaways Club – breitet sich auch im Luxusmarkt aus. Zwar haben viele Superreiche ihre Yachten, Ferienhäuser oder Inseln (wie Richard Branson sein Necker Island) schon immer weitervermietet, wenn sie nicht selber dort sein wollten, und Ähnliches gilt für Privatflugzeuge – wobei hier NetJets mit ihrem Teileigentumskonzept schon früh ein eigenes Geschäftsmodell entwickelt hat. Doch die grosse Welle der Sharing Economy entstand mit dem Errichten von Vermittlerfirmen für Dienste des täglichen Lebens: wohnen via Airbnb, gefahren werden via Uber, selber fahren via Sharoo.com, Finanzierungen via Kickstarter und andere Crowdfunding- oder Crowdlending-Portale. Foodsharing, Co-Working-Spaces oder Tauschringe sind weitere Beispiele. Landwirte teilen ihre Gemüsefelder mit Hobbybauern, ältere Stadtbewohner lassen junge Leute kostenlos bei sich wohnen und sich im Gegenzug im Haushalt und bei Einkäufen helfen – in Spanien eine verbreitete Wohnform.

Oldtimer kann man sich etwa mittels des in Zürich gegründeten Classic Car Fund teilen. Die Zuger Firma Tend bietet Beteiligungsmöglichkeiten inklusive zeitweiliger Nutzung an Edeluhren, Oldtimern, einem Klavier oder gar einem Weingut und hat gleich auch den zweiten aktuellen Grosstrend, die Blockchain, in ihr Geschäftsmodell hineingepackt. Die Aspekte «Erlebnisrendite» und «Gemeinsamkeit» spielen in der Ökonomie des Teilens eine wachsende Rolle, wie das um sich greifende Konzept der «Sharing Plates» in Restaurants zeigt. Und auch im Ferienwesen wird geteilt. Besitzer vermieten ihre Häuser und Ferienwohnungen zeitweilig, klassisches Timesharing reicht von dubiosen Systemen, bei denen Käufer über den Tisch gezogen werden, bis hin zu hochklassigen Anbietern wie der Schweizer Hapimag oder eben dem Hideaways Club, der preislich weit darüber liegt.

Die Häuser, Villen und Chalets im Eigentum des Hideaways Club bilden in klassischen Sommerferienregionen wie Frankreichs Provence, Sizilien, Apulien, Sardinien und der Toskana einen Schwerpunkt, in Spanien etwa auf den Kanaren, in Barcelona oder an der südlichen Costa del Sol, an Portugals Algarve, in Mauritius oder Marokko, in Thailand sind Phuket und Koh Samui dabei. Aber es gibt auch Unterkünfte (eben, Chalets!) in gefragten und bei der Oberschicht angesagten Wintersportorten wie Chamonix oder Morzine, das zum Skiverbund Portes du Soleil zählt. Die Schweiz ist mit diversen Häusern im Walliser Skigebiet Nendaz vertreten, das wiederum mit Verbier verbunden ist.

Schön sieht für seine Clubmitglieder Kostenvorteile von «je nach Vergleichsmassstab» bis zu 70 Prozent gegenüber Buchungen auf dem freien Markt, «selten weniger als 35 Prozent». Zumal das All-in-Prinzip gilt: Das Haus kostet immer dieselbe Anzahl Punkte, auch wenn es voll belegt ist. Im Podere Le Sensaie stehen zehn Betten zur Verfügung: «Wenn wirklich zehn kommen, wird es für uns teuer», sagt Schön. Vielleicht müsse das All-in-Prinzip in Zukunft überdacht werden. Ein demokratischer Ansatz greift auch beim Zugriffsrecht: First come, first served, das gelte nach wie vor, unabhängig von der Höhe des Anteilbesitzes. Zur Urlaubszeit drängeln sich die Anfragen zwar, aber grundsätzlich gebe es genug Spielraum: Häuser und Villen sind im Schnitt zu 52 Prozent belegt, City-Apartments zu 63 Prozent.

.......... (L) of FC Basel competes with.........of Benfica during the UEFA Champions League group A match FC-Basel - Benfica, on Sept. 27, 2017 in Basel, Switzerland. ........ won.....(Xinhua/Michele Limina)

Weites Land: Diese Perspektive zeigt, wie viel Toskana die Gäste im Podere Le Sensaie für sich alleine haben. Ringsum liegt hügelige Natur.

Quelle: MICHELE LIMINA

Mit Ferienimmobilien Geld machen, ist schwierig

Als reines Anlagevehikel eigne sich der Club nur eingeschränkt, sagt Helmut Schön. Der Anspruch sei, Austrittswilligen das Kapital zurückzahlen zu können plus eine kleine Rendite – wenn das Umfeld weltweit positiv ist, «auch etwas mehr». Denn mit Ferienimmobilien Geld zu machen, sei nicht so einfach, wie sich das viele womöglich vorstellten. In der Toskana etwa müsse man mit Steuern, Gebühren und Nebengeräuschen rund 20 Prozent auf den eigentlichen Kaufpreis aufzahlen, «schätzungsweise könnte man als Einzelinvestor nach etwa sieben Jahren den Break-even erreichen, und das wäre schon ein gutes Szenario», sagt Schön. Zudem sei man dann auf eine einzige Immobilie als Ferienhaus festgelegt, was oft zu Ermüdungserscheinungen führe.

Mitmachen ergibt also vor allem für diejenigen Sinn, denen es um wechselnde, schicke Feriendomizile geht – die aber Ruhe und gleichzeitige Vollbetreuung schätzen: Versicherung, funktionierende Ausstattung, dazu Service mit täglicher Raumpflege und Concierge, ansonsten Abgeschiedenheit. «Peace of Mind» sei das, so Schön. Deshalb sieht er den Club, trotz des Fondsmodells, das zugleich das Investment der Mitglieder vor dem Zugriff des Managements schützt, als eigentlichen Teil der Sharing Economy.

Trainingsgelände fürs Rückwartsfahren

Geld verdient er, der knapp 30 Vollzeitangestellte und über 200 langfristige Freelancer beschäftigt, beim Eintritt neuer Mitglieder. Der Club berechnet einen Einmalabzug vom Aktienpreis von zehn Prozent. Sollte sich ein Aktionär einmal verabschieden und Profit auf seinem Investment mitnehmen, fällt eine Gebühr an, wie sie etwa bei Private-Equity-Anlagen üblich ist: ein Fünftel des Gewinns. Ansonsten bestünden die Einkünfte aus «operativer Effizienz» im Betrieb oder aus dem möglichst lukrativen Verkauf seltener genutzter Immobilien des Fonds. Sie werden dann durch neue ersetzt.

Beim Podere Le Sensaie besteht diese Gefahr nicht. Das ehemalige Bauernhaus mit seinem Riesenpool und dem üppigen Weber-Grill transportiert Gäste innert Stunden in einen Zustand des «Peace of Mind»; friedlicher kann man die grünen Hügel der Toskana kaum irgendwo erleben. Und wer auf dem Zufahrtsweg einen Traktor kreuzt, hat die seltene Chance, einen halben Kilometer lang Rückwärtsfahren zu üben.