Tokio ist laut UNO-Statistik mit 38 Millionen Einwohnern die grösste Stadt der Welt. Es folgen Delhi mit 25 Millionen und Shanghai mit 23 Millionen. Und auch in den kommenden Jahren wird die japanische Hauptstadt weiter wachsen. So hat der Grossraum Tokio inklusive die Präfekturen Kanagawa, Saitama und Chiba im vergangenen Jahr einen Nettozufluss an 109’408 Menschen verzeichnet, wie das Statistische Amt berichtet.

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Es ist das 19. Jahr hintereinander, dass diese Region eine Zunahme an Bewohnern verzeichnet. Damit bildet der Grossraum Tokio in Japan eine Ausnahme. Denn in 40 von 47 Präfekturen des Landes nimmt die Bevölkerungszahl schrittweise ab.

Selbst andere Grossstädte verlieren an Einwohnern

Neben Tokio, Kanagawa, Saitama und Chiba haben einzig noch die Präfekturen Aichi, Fukuoka und Miyagi einen Zufluss vermelden können. Ja, selbst die Grossstädte Nagoya und Osaka, die wie Tokio durch ihre Wirtschaftskraft gewöhnlich eine Magnetwirkung haben, mussten im vergangenen Jahr eine Bevölkerungsabnahme hinnehmen.

Nagoya verzeichnet ein Minus von 803 und Osaka ein Minus von 11’722 Menschen.

Von 120’000 auf 10’000 Einwohner

Auf der Nordinsel Hokkaido ist der Exodus mit einer Abnahme von 8942 Menschen am grössten. Die Stadt Yubari steht symbolisch für diesen schleichenden Niedergang. 1960 zählte die einst florierende Stadt auf Hokkaido 120’000 Einwohner. Das war 1960, als man mit dem Kohlebergbau noch viel Geld verdiente. Dann kam das Erdöl und irgendwann schloss die letzte Zeche. Arbeit gab es keine mehr. Die jungen Leute zogen in die grossen Städte. Heute hat Yubari nicht einmal mehr 10’000 Einwohner. Fast die Hälfte ist über 65 Jahre alt, 2007 musste die Stadt den Bankrott anmelden. Besserung ist nicht in Sicht.

Yubari steht stellvertretend für eine Entwicklung, die sich zurzeit in ganz Japan abspielt. Das Land erlebt seit einigen Jahren einen Bevölkerungsrückgang. Die ländlichen Städte und Dörfer verkommen zunehmend zu Orten mit einer überalterten Bevölkerung. Das bedeutet auch, dass es auf dem Land immer weniger Zukunftsperspektiven für die Jungen gibt. In der Hoffnung Arbeit zu finden, ziehen sie in die grossen Städte, vornehmlich nach Tokio, dem Wirtschaftszentrum des Landes.

Ein Teufelskreis

Damit wurde aber auch ein Teufelskreis in Gang gesetzt. Denn Tokio ist nicht nur attraktiv, sondern auch sehr teuer. Viele junge Menschen schlagen sich mehr schlecht als recht durch. Eine Heirat oder Familiengründung können sich viele gar nicht mehr leisten. Das führt dazu, dass Tokio die tiefste Geburtenrate des Landes hat. Und so beschleunigt sich der Bevölkerungsrückgang noch zusätzlich. Hält die landesweit zu tiefe Geburtenrate von 1,41 an, wird Japan bis 2048 nicht mehr 127 sondern weniger als 100 Millionen Einwohner haben.

Die Regierung in Tokio hat das Problem erkannt. In den nächsten Jahren soll viel Geld in die wirtschaftliche Wiederbelebung der verschiedenen Regionen und in Familienprogramme investiert werden. Ziel ist es, den Nettozufluss nach Tokio bis 2020 auf Null zu reduzieren. Ausserdem hat die Regierung die Vision skizziert, die Bevölkerungszahl bis 2060 auf 100 Millionen zu stabilisieren.

 

Dieser Artikel erschien zuerst auf asienspiegel.ch - News aus Japan, China und Korea.