Es ist kein Schönheitswettbewerb, keine subjektive Wahl, sondern eine Rangliste, die auf klaren Messzahlen basiert. Die Top-100-Liste der BILANZ wird in dieser Form seit vier Jahren zusammengestellt und «immer aussagekräftiger», wie es Pius Zgraggen, Partner von OLZ in Murten, formuliert.
Wem gelingt es, für die Eigentümer einen Mehrwert zu erschaffen?, ist die alles entscheidende Frage. Klare Antwort: Mit Abstand am meisten Mehrwert gab es in den vergangenen vier Jahren vom Trio ABB, Roche und UBS. Dieselben drei Grosskonzerne dominierten den Vergleich schon im Vorjahr, und sie stehen in anderer Reihenfolge auch dieses Mal an der Spitze der Schöpfer nachhaltiger Werte.
Der klare Dominator des Vorjahres, Roche, zehrt dabei noch weitgehend von den erzielten mehr als 26 Milliarden Franken Überschussrendite für die Anleger aus dem Jahr 2005. Dieses Superjahr reichte aus, um die drei negativen Perioden für die Aktionäre zu kompensieren, und so fiel Roche «nur» auf den zweiten Rang zurück. Deutlicher Sieger im Vergleich der letzten vier Jahre wie in der kürzeren Betrachtung des Jahres 2006 ist die ABB. Der Elektrotechnik-Spezialist ist mittlerweile in bester Form und wird zusätzlich von der grossen Nachfrage «nach oben gespült», wie es ABB-Chef Fred Kindle einmal salopp formulierte. Das ABB-Spitzenteam hat allerdings auch selber sehr viel zur erfreulichen Lage beigetragen, und der Markt dankt es mit einer eindrücklichen Überrendite von gut 14 Milliarden Franken im letzten Jahr, also nochmals gut 5 Milliarden mehr als 2005.
Die Besten werden immer besser. Das lässt sich auch am Total der Wertschöpfung der Top 100 ablesen: Waren es vor vier Jahren noch 14,4 Milliarden Franken, so stiegen die Überschussrenditen 2006 auf total 94 Milliarden.
Eindrücklich sind aber auch die Zahlen der grössten Wertvernichter. So kommt Novartis an der Börse einfach nicht vom Fleck. In den vergangenen vier Jahren resultierte für die Anleger eine immer grössere Underperformance, und so vervierfachte sich die Wertvernichtung beim Pharmagiganten von 4 auf 16 Milliarden Franken. Ebenfalls schlecht sind die Aktionäre von Ciba und Swiss Re gefahren, denn auch diese Firmen produzierten laut der Analyse von OLZ & Partner über die vergangenen vier Jahre stets eine Minder- statt einer Mehrrendite.
Die Liste der Top 100 ist nach der Wertschöpfung sortiert. Zusätzlich zur rein finanziellen Betrachtung gibt es auch eine eher subjektive Einschätzung von Experten in den Kategorien Branding, Strategie, Corporate Governance und Kommunikation.
So beleuchtet ein Team von Advico Young & Rubicam ausgewählte Brands oder Marken und zeigt, worauf es bei der Markenführung ankommt. Im Bereich Corporate Governance untersucht Heidrick & Struggles International, wie die Standards der Unternehmensführung und der Kontrolle gehandhabt werden. Die Strategie ausgesuchter Firmen wird von einem Team um Carsten B. Henkel unter die Lupe genommen. Henkel arbeitete früher bei der Monitor Group, nun ist er Chef von Roland Berger in der Schweiz.
Die Agentur Zenhäusern & Partner beleuchtet wie im Vorjahr die Kommunikation der Top-100-Unternehmen. In jeder Kategorie werden die Firmen nach drei Befunden unterteilt: gut, genügend, ungenügend. In der Übersicht der Top-100-Firmen 2006 zeigen die Farben Grün, Gelb und Rot auf einen Blick, wie die «sanfteren» Faktoren von den Experten bewertet werden. Dabei zeigt sich auch in der diesjährigen Übersicht: Es gibt keinen einfachen Zusammenhang zwischen der finanziellen Wertschöpfung für die Aktionäre und guten Noten punkto Corporate Governance, Kommunikation und Strategie. Sowohl bei den Wertvernichtern wie auch bei den grossen Wertschöpfern fanden die Beobachter in ihren Teilgebieten gute Beispiele.
Klar ist die Berechnung der Wertschöpfung der Top-100-Firmen: Ist die gesamte Aktienrendite inklusive Dividenden und Ausschüttungen höher als vom Markt erwartet, schafft das Unternehmen Wert. Im Fachjargon spricht man von einer Überschussrendite. Je höher diese Überschussrendite und die Marktkapitalisierung eines Unternehmens sind, desto mehr Wert in Franken schafft das Unternehmen für seine Aktionäre. Nur mit der Überschussrendite allein würden Klein- gegenüber Grossunternehmen tendenziell bevorteilt. Die Kombination von Überschussrendite und eingesetztem Kapital erlaubt eine objektive Beurteilung aller Unternehmen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es bedeutend schwieriger ist, auf 100 Milliarden Franken Kapital eine Überschussrendite zu erzielen als auf 100 Millionen Franken.
BILANZ und OLZ & Partners haben zum vierten Mal für die SPI-Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Franken Börsenkapitalisierung die Wertschöpfung gemessen. Um in die Liste der Top 100 zu kommen, benötigten die Firmen im vergangenen Jahr mindestens 89 Millionen Franken Wertschöpfung. Das ist viermal so viel wie 2005. Im Jahr 2003 genügten sogar noch bescheidene fünf Millionen.
Aber auch sonst sind die Ansprüche an die Top-Firmen gestiegen. Das spürt beispielsweise Vorjahressieger Roche. Die Basler konnten ihren Grosserfolg mit einer Rekordwertschöpfung von über 26 Milliarden Franken nicht mehr wiederholen und gehören nun wieder zu den Firmen, die ihre Eigentümer unterdurchschnittlich zufrieden stellen. Ein ähnliches Schicksal erlitt Nestlé. Der Nahrungsmittelmulti fiel trotz guter Performance an der Börse vom sehr guten zweiten Rang auf die Liste der grossen Wertvernichter zurück.
Laut Pius Zgraggen von OLZ «können die beiden prominenten Verlierer nicht 1:1 miteinander verglichen werden». Novartis vernichtet gemäss Berechnung seit vier Jahren immer mehr Wert. Was dies in Zukunft auslösen wird, muss sich zeigen. Nestlé verhält sich bei der Wertveränderung eher wie Roche: Über die letzten vier Jahre vernichteten beide Grossunternehmen dreimal Werte, und ein Jahr, 2005, war für die Anleger sehr erfreulich, für Roche-Anleger sogar sensationell.
Anders die ABB. Sie gehörte schon im Vorjahr zu den erfolgreichsten Firmen und etablierte sich nun ganz allein an der Spitze der Top 100. Ebenfalls nochmals verbessert hat sich die Grossbank Credit Suisse. Sie schaffte es vom sechsten auf den zweiten Rang. Für die Eigentümer steigerte sie ihre Wertschöpfung um mehr als 50 Prozent auf über sechs Milliarden Franken.
Noch spektakulärer ist der Sprung der OC Oerlikon nach vorn: von Rang 18 direkt hinter die CS. Ehrlicherweise muss allerdings auch gesagt werden, dass dies eine rein nachträgliche Betrachtung ist. «Obwohl die Gewinner von gestern tendenziell auch die Gewinner von heute sind, bietet diese Rangliste keinen direkten Schluss aus Sicht des Anlegers», sagt auch OLZ-Partner Pius Zgraggen. Am Beispiel des klaren Siegers sowohl im Jahr 2006 als auch im Vierjahresvergleich, ABB, erläutern wir die genaue Berechnungsmethode, sodass sie nachvollziehbar wird.
Branding
Der finanzielle Vergleich konzentriert sich auf Schweizer Firmen, die mit ihren Produkten aber natürlich im weltweiten Wettbewerb stehen. Starke Marken aufzubauen, ist das Ziel aller Anbieter, der BrandAsset Valuator von Advico Young & Rubicam erfasst mehr als 16 000 Marken aus über 40 Ländern. In der Schweiz werden Image-, Bekanntheits- und Gebrauchsdaten der 1200 stärksten Marken erfasst und branchenübergreifend vergleichbar gemacht.
Für das BILANZ-Ranking wurde die Entwicklung der betreffenden Marken im Zeitraum zwischen 2005 und 2007 berücksichtigt. Dieser längere Zeithorizont ist angezeigt, weil sich die Wahrnehmung von Marken aus Sicht der Gesamtbevölkerung nur langsam verändert. In der Regel wurde die Markenentwicklung aus der Perspektive des Heimmarkts betrachtet. Wo angezeigt, etwa bei ABB, wurde zudem die Wahrnehmung in wichtigen internationalen Märkten berücksichtigt.
«Bei der Analyse wurde nicht nur auf die aktuelle Stärke der Marke eingegangen, sondern besonders auch das Zukunftspotenzial stark gewichtet», sagt Caspar Coppetti, Chef von Advico Schweiz. Aus den historischen Daten des BrandAsset-Valuator-Archivs lassen sich laut dem Werbespezialisten Schlüsse ziehen, was eine Marke für die Zukunft erfolgreich macht. Im Vordergrund steht die Markendifferenzierung, das heisst, «wie eigenständig und einmalig eine Marke im Vergleich zu ihrer Konkurrenz wahrgenommen wird». Sehr stark differenzierte Marken in der Schweiz sind etwa Ovomaltine, Zweifel oder Migros. Für die Experten ergibt Differenzierung zusammen mit Relevanz – für wie viele Personen die Marke überhaupt in Frage kommt – die Markenvitalität oder das zukünftige Potenzial, dank der Markenstärke nachhaltig überdurchschnittliche Erträge abzuschöpfen. «Verschiedene Studien beweisen, dass Unternehmen, deren Marken sich durch hohe Vitalität auszeichnen, für ihre Aktionäre deutlich höhere Returns on Investment erwirtschaften», so Coppetti.
Um das Gesamtbild abzurunden, wurden bei der Auswertung für das BILANZ-Ranking daneben auch signifikante Veränderungen im Markenimage analysiert und in Zusammenhang mit den Aktivitäten des betreffenden Unternehmens gebracht. Viele der Gewinner im Ranking sind als mittelgrosse Business-to-Business-Unternehmen in einem Nischenmarkt erfolgreich. Ihr Kundenkreis ist oft sehr klein und besteht aus Fachspezialisten. Ihre Marken sind deshalb der grösseren Öffentlichkeit in der Regel kein Begriff, weshalb für diese Unternehmen auch keine Daten zur Verfügung standen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Nischenplayer in ihrem spezifischen Segment nicht über starke Marken verfügten.
Kommunikation
Die erfreuliche Entwicklung in fast allen Branchen und Wirtschaftsbereichen erleichtert grundsätzlich den Dialog mit der Öffentlichkeit. Die guten News sind einfacher zu verkaufen, aber auch die Qualität der Kommunikation konnte unter den Top-100-Firmen dank eigenen Anstrengungen verbessert werden: Immerhin 30 Prozent der Firmen schneiden in der Unternehmenskommunikation «gut» ab, lediglich 10 Prozent «ungenügend». 2005 erhielten nur 20 Prozent das Prädikat «gut», und fast ein Viertel des Angebots aus der Kommunikationsküche musste von den Experten von Zenhäusern und Part-ner noch mit «ungenügend» eingestuft werden. Die Top-100-Unternehmen erreichen nun einen Durchschnitt von 60,3 Punkten, 3,6 Punkte besser als im Vorjahr. Dabei liegen die Firmen relativ nahe beieinander. Mit 72 von möglichen 75 Zählern liegt im Jahresvergleich die Geberit an der Spitze. Im Vorjahr noch auf Rang vier, haben die St. Galler vor allem in der Kategorie Kommunikation zusätzlich gepunktet, und auch bei den eigentlichen Medieninformationen holte Geberit die höchstmögliche Note.
Georg Fischer, der Kommunikationsleader der beiden vergangenen Untersuchungen, ist auf den zweiten Rang abgerutscht – ex aequo mit der Graubündner Kantonalbank, die vom neunten Rang vorrückte. Sie stellt die schon fast traditionelle Präsenz der Kantonalbanken auf dem Podest der besten Kommunikatoren sicher; im Vorjahr schafften dies noch die Luzerner und die St. Galler.
Der grösste Aufsteiger innerhalb der Top Ten ist ein Unternehmen, das angesichts der gesellschaftlichen und politischen Ansprüche in der Kommunikation besonders gefordert ist: die Flughafen Zürich AG (Unique Zurich Airport). Sie startete vom 40. Rang direkt auf Platz 7 durch. Diverse formale und inhaltliche Verbesserungen bei der Medieninformation zum Geschäftsjahr 2006 haben zu diesem grossen Sprung geführt. Das Beispiel der Flughafen Zürich AG zeigt aber auch: Unternehmen sollten nicht nur über eine professionelle Unternehmenskommunikation verfügen, sondern diese auch laufend überprüfen und verbessern.
Offenbar scheinen die kleineren Unternehmen eher dazu in der Lage zu sein: Auch in diesem Jahr sind an der Ranglistenspitze nur vergleichsweise kleine Firmen zu finden. Erst auf Rang 25 folgen mit Swiss Life und Swisscom zwei eigentliche Konzerne mit vergleichsweise grösseren Möglichkeiten, allerdings auch mit noch komplexeren Anforderungen an die Kommunikation.
Für die Bewertung wurden die Stellung der Kommunikation im Unternehmen, die Medieninformation zum abgelaufenen Geschäftsjahr und die Website anhand von 33 Kriterien analysiert und bewertet. 30 der insgesamt 120 angefragten Unternehmen haben darauf verzichtet, bei der Umfrage in der Kategorie «Kommunikation im Unternehmen» mitzumachen. Teilweise wird dies begründet durch zurzeit laufende Umstrukturierungen wie beispielsweise bei der Société Bancaire Privée und bei der Merck Serono. In solchen Fällen wurden lediglich die Website und die Medieninformation beurteilt. Von den insgesamt 120 Unternehmen wurden schliesslich die 100 wertschöpfungsstärksten Firmen und die 10 grössten Wertvernichter geratet. Apropos Wertvernichter: Eine professionelle Unternehmenskommunikation ist zwar notwendig – ausreichend für eine starke Wertschöpfung scheint sie jedoch nicht zu sein. Ciba Spezialitätenchemie, Clariant, Nestlé und Roche schneiden nämlich in der Analyse der Unternehmenskommunikation gut ab.
Bemerkenswert sind die formalen und inhaltlichen Verbesserungen auf den Websites diverser Top-100-Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr. So gehört ein vereinfachter Zugang für Medienschaffende und Investoren zunehmend zum Standard. Die zuständigen Ansprechpartner der Top-100-Firmen werden veröffentlicht – und zwar servicegerecht mit E-Mail und Telefon. Ausserdem sind der Geschäftsbericht und Medieninformationen rasch zu finden, im Idealfall als HTML- und als PDF-Version.
Verbesserungspotenzial besteht in vielen Fällen noch bei mediengerechten Dokumenten, die online zum Download verfügbar sind. Auch die Medieninformation genügt in den meisten Fällen den formalen und inhaltlichen Anforderungen. Teilweise ist sie allerdings noch zu wenig mediengerecht: ungenügender oder fehlender Lead, zu wenig verständlich, zu lange Sätze, zu wenig strukturiert. Auch wenn die Kommunikation also besser wurde – perfekt ist sie nie.
Strategie
Das Gleiche gilt natürlich auch für die langfristige Strategie. Hier helfen allgemeine Grundsätze wenig, schliesslich muss jede Strategie zum eigenen Unternehmen passen. Anhand einiger konkreter Beispiele fassen die Experten von Roland Berger die wichtigsten Merkmale der grossen Wertschöpfer ganz knapp zusammen.
ABB
Nach der langen Restrukturierungsphase ab 2002 hat sich der Industriekonzern ABB wieder gefangen und ist für die Zukunft bestens aufgestellt. Die klare Fokussierung auf die beiden Geschäftsbereiche Automations- und Energietechnik wird konsequent weitergeführt. Es wurde ein hohes organisches Wachstum in bestehenden und neuen, wachstumsstarken Märkten wie Asien erreicht. Hinzu kommt die Absicht, ab 2007 durch selektive Akquisitionen noch weiter zu wachsen – dafür wäre ABB mittlerweile auch wieder bereit. Die belastende Affäre der Asbestklagen konnte 2006 endgültig beigelegt werden. Unklar bleibt die Zukunft der Robotiksparte, die 2006 geschrumpft ist. Die starke Abhängigkeit von der europäischen Automobilindustrie macht der Sparte zu schaffen, eine mögliche Verlagerung in wachstumstärkere Gegenden, zum Beispiel die chinesische Autoindustrie, oder weitere Branchen wäre möglich. Allerdings sind in der Sparte keine Akquisitionen geplant.
Credit Suisse
Die CS scheint von aussen betrachtet nach wie vor eine Follower-Strategie zu verfolgen – dies aber sehr erfolgreich. Der neue CEO, Brady Dougan, wird als Garant für die nötige Konstanz in der Weiterverfolgung des eingeschlagenen Kurses gesehen. Die One-Bank-Integration ist schneller vorangekommen als geplant und realisiert bereits signifikante Synergien, was für eine starke organisationale Wandelfähigkeit spricht. Centers of Excellence sowie die Cost Management Initiative versprechen weiterhin signifikante Effizienzverbesserungen. Bemerkenswert ist, dass parallel dazu die kundenzentrierte Organisation gezielt vorangetrieben wird. Nach dem Verkauf der «Winterthur» ist die Kriegskasse trotz Aktienrückkaufsprogrammen prall gefüllt; gezielte Akquisitionen im Private und im Investment Banking vor allem in Emerging Markets, aber auch in den USA (Trust Banks) sind sehr wahrscheinlich.
Banque Cantonale Vaudoise (BCV)
Über 60 Prozent der Waadtländer KMU werden durch die BCV finanziert. Die viertgrösste Universalbank der Schweiz ist mit ihrer besonders starken lokalen Präsenz in einer guten Position, gleichzeitig wird durch die Konzentration auf eine kaum wachsende Region das Potenzial begrenzt. Dieser Mangel an geografischer Diversifikation birgt gewisse Risiken für die Bank. Externes Wachstum durch Zukäufe wurde bis jetzt nur limitiert wahrgenommen. Das Joint Venture mit der Zürcher Kantonalbank bringt das Risiko mit sich, dass wesentliche Aspekte im Geschäftsmodell im Hinblick auf die Ablauforganisation verändert werden.
OC Oerlikon
Die OC Oerlikon hat eine grosse Restrukturierungsphase abgeschlossen und wird heute als international tätiger PremiumHightech-Anbieter mit hoher Innovationskraft wahrgenommen. Sämtliche Geschäftssegmente sind wieder auf Profitabilität getrimmt, wobei die Textilsparte von Saurer mit fünf Prozent die tiefste Ebit-Rendite aufweist. OC Oerlikon praktiziert eine Wachstumsstrategie über Akquisitionen, mit anschliessender Restrukturierung der gekauften Unternehmen. Beim Selbstverständnis eines Hightech-Unternehmens gibt es allerdings keinen erkennbaren Fokus, sondern weitere Diversifizierung (zum Beispiel Textil oder die Akquisition Saurers). Dazu bestehen hohe Unsicherheiten aufgrund der Historie, diverser Managementwechsel und vor allem der unklaren Absicht der Shareholder.
UBS
Die UBS betreibt ein Bankgeschäft mit klarem Fokus auf Wealth Management und Investment Banking. Wahrscheinlich besitzt die UBS die breiteste Produktpalette im Wealth Management inklusive Versicherungsprodukten. In der Schweiz ist die UBS Nummer eins im Retail, im Private und im Business Banking. Die Implementierung der Strategie erweist sich bei der UBS als ausgesprochen stringent und ist von einer hohen Kontinuität gekennzeichnet. Durch das Geschäftsmodell und die internationale Präsenz, die früher als bei der Konkurrenz initiiert wurde und konsequent weiterentwickelt wird, ist die Grossbank heute bei der Akquisition von Neugeldern im Wealth Management führend. Die UBS wird auch weiterhin gezielt mit Akquisitionen die Landesstrategien weiterführen. Der Fokus liegt jetzt darin, im Onshore Banking einen «Home Status» zu erlangen.
Die Wertvernichter
Auch eine gute Strategie reicht nicht immer, um für die Aktionäre echten Wert zu schaffen. Das zeigen zwei prominente Beispiele.
Novartis
Die Novartis ist ein sehr breit aufgestellter Gesundheitskonzern auf den Gebieten der rezeptpflichtigen und -freien Medikamente, der Generika und der Diagnostik beziehungsweise der Impfstoffe. Diese Multisegmentstrategie – einmalig in der Branche – konnte bis anhin erfolgreich gehandhabt werden. Eine mögliche Gefahr liegt in der eigentlichen Kannibalisierung zwischen den Geschäften mit rezeptpflichtigen Medikamenten und Generika. Im wichtigen Bereich der Biotechnologie besteht zudem ein beachtlicher Rückstand auf die Konkurrenten. Auch auf anderen Gebieten wird dem Grosskonzern eine weniger ausgeprägte Kooperationsfähigkeit als anderen Branchenwettbewerbern bescheinigt.
Nestlé
Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé hat in den vergangenen Jahren begonnen, sich zu einem Gesundheitskonzern zu wandeln und sich dabei den demografischen und sozialen Marktgegebenheiten anzupassen. Ebenfalls hat Nestlé die Bearbeitung von Konsumenten mit geringer Kaufkraft in Angriff genommen, um diese in Ländern mit zunehmendem Wohlstand als Kunden in die höheren Produktsegmente zu begleiten. Nestlé verfolgt konsequent eine profitable Wachstumsstrategie, die heute vermehrt organisch abläuft. Es werden aber auch selektiv Akquisitionen getätigt. Die Aktivitäten im Pharmabereich haben bis heute in der Umwandlung zum Gesundheitskonzern kaum Früchte getragen, sind aber möglicherweise für die Zukunft strategisch sinnvoll. Auf den Konzern warten weiterhin grosse Herausforderungen: etwa die hohen Rohstoffpreise, der stete Margendruck sowie die Umwandlung zum Gesundheitskonzern bei gleichzeitiger Positionierung als Low-Budget-Lieferant für Wachstumsmärkte.
Corporate Governance
Zum Beispiel Novartis musste sich, trotz guten Noten bei der Strategie, punkto Corporate Governance in den vergangenen Jahren öfters Kritik gefallen lassen. Dabei geht es hier nicht um die Höhe der Managerlöhne und ihrer goldenen Fallschirme. Im Zentrum der Untersuchung durch die Spezialisten von Heidrick & Struggles stehen seit vier Jahren vielmehr die Kriterien Transparenz, Kompetenz und Struktur des Leitungsgremiums. Dazu gehören beispielsweise Fragen zur Zusammensetzung wie dem Frauenanteil und zur Quote internationaler Verwaltungsräte, zu Doppelmandaten, Nominierungs-, Kompensations-, Auditausschüssen und zur Anzahl der Verwaltungsratssitzungen pro Jahr. Es wurden ausschliesslich öffentlich zugängliche Informationen wie Geschäftsberichte und Internetseiten zur Auswertung herangezogen. Der Druck der Anleger hat in den vergangenen Jahren einige erfreuliche Trends zutage gefördert:
1. Seit der ersten Schweizer Corporate-Governance-Studie gingen Doppelmandate – der Geschäftsführer ist gleichzeitig Verwaltungsratspräsident – von 25 auf 6 Prozent zurück, prominentestes Gegenbeispiel ist auch hier die Novartis.
2. Zwei Drittel der untersuchten Unternehmen haben Ausländer im Verwaltungsrat, und lediglich 28 Prozent verzichten darauf. Das ist internationale Spitze und entspricht der Geschäftsrealität. Die Top 100 unter den Schweizer Firmen der Umfrage sind entweder in fremden Märkten tätig oder betreuen Kunden aus dem Ausland. So ist es sinnvoll, dass ein Mitglied des Verwaltungsrats eine Aussensicht einbringt. Bisher sind es, entsprechend den Zielmärkten, vornehmlich Amerikaner und Deutsche.
3. Ohne Ausnahme geben sämtliche Unternehmen gute Auskunft zum Werdegang ihrer Verwaltungsräte sowie zu Visionen und Strategien. Mit vernünftig detaillierter Information über die Vergütung hapert es allerdings noch immer. Nur gerade 7 von 100 Gesellschaften erhalten für die Transparenz die maximal vergebenen neun Punkte. Kein Unternehmen erhielt überall die höchstmögliche Punktzahl, und angesichts der international gestiegenen Anforderungen liegen nur 6 von 100 Gesellschaften im grünen – guten – Bereich. Einen grossen Sprung nach vorne schaffte speziell die «Zürich»: vom 68. auf den 1. Platz. Dies besonders, weil sie in der Kategorie Kompetenz deutlich zulegen konnte.
Während die Themen Transparenz und Organisation relativ einfach zu vergleichen sind, wird die Kompetenz im Verwaltungsrat noch immer unterschiedlich beurteilt. Nur 15 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie Leistungen und Kompetenzen des Verwaltungsrates bewerten. «Während sich fast jeder Schweizer Mitarbeiter einer jährlichen Leistungsbeurteilung unterzieht, wird an der Unternehmensspitze das Leistungsdenken nicht gelebt und umgesetzt», kommentiert Eugen Haefliger, Partner bei Heidrick & Struggles, Zürich. Die europaweite Corporate-Governance-Studie zeige, dass Verwaltungsratsmitglieder in anderen Ländern wesentlich offener und entspannter an dieses Thema herangehen. «So ist es in Schweden und Grossbritannien absolut üblich, in individuellen Interviews und mit Fragebögen eine Bewertung von Kompetenz und Leistung aller Verwaltungsratsmitglieder durchzuführen.»
Ein heikler Punkt ist laut Haefliger die Kompetenz speziell bezüglich des Finanzmanagements. So haben laut der Studie derzeit nicht einmal zwei Drittel der Top 100 unter den Schweizer Firmen ausgewiesene Finanzexperten in ihrem VR. Auch interessant: 68 der Schweizer Top 100 kommen ohne Frauen im Verwaltungsrat aus. Da diese Fragestellung für 2006 erstmals erfasst wurde, gibt es laut Haefliger noch keine aufschlussreichen Antworten dazu, ob bereits Fortschritte erzielt worden sind und ob ein Trend abgelesen werden kann.
Die nächste Studie zu den Top-100-Firmen wird dieser Frage nachgehen, auch punkto Corporate Governance sind die besten mittlerweile deutlich weiter und müssen sich international nicht mehr verstecken. Gleichzeitig werden auch hier die Anforderungen der Investoren und Interessierten immer höher. Aber: Aufholen allein reicht nicht.