BILANZ: Was bedeutet für Sie urbane Lebensqualität?
Patrick Schnorf: Ein kurzer Arbeitsweg, Erholungsflächen, eine gute Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und Dienstleistungen.
Viele Städter würden wohl auch erschwinglichen Wohnraum nennen.
Das ist tatsächlich eines der wichtigsten Themen derzeit. In den attraktivsten Schweizer Städten haben sich die Preise für Wohneigentum in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt.
Muss von einer urbanen Blasenbildung ausgegangen werden?
Wo die allerhöchsten Preise bezahlt werden – in Genf und Zürich –, wird eine allfällige Korrektur wohl zuerst stattfinden. Wobei ich davon ausgehe, dass das Interesse an hervorragenden innerstädtischen Lagen in Genf und Zürich nie generell wegbrechen wird. Fast noch grösser stufe ich die Gefahr einer Blasenbildung in Gemeinden im zweiten Agglomerationsgürtel ein. Weil das letztlich keine Premiumlagen sind.
Das drittplatzierte Bern hat sich viel weniger verteuert als andere Städte. Warum?
Tatsächlich konnte man Bern, was Immobilien anbelangt, lange als eine Art «weisse Insel» zwischen Genf und Zürich betrachten. Investitionsverhalten und Preise kommen im Zusammenspiel von Nachfrage und Angebot zustande. Offenbar sind in Bern Druck und Nachfrage verhältnismässig kleiner als in anderen Städten. Es ist zu beobachten, dass auch das Umland von Bern deutlich erschwinglicher ist als jenes um die Brennpunkte Genf und Zürich.
Im Ranking wird Bern die mangelnde Preisdynamik negativ angerechnet. Ist das nicht eher ein Pluspunkt?
Städte befinden sich in einem Spannungsfeld. Steigende Preise sind grundsätzlich ein guter Indikator für die Attraktivität einer Stadt, weshalb dies positiv ins Ranking einfliesst. Es zeigt, wie begehrt eine Stadt ist.
Wie kann sich eine Gemeinde im Ranking verbessern?
Indem beispielsweise die Infrastruktur optimiert wird. Verbessert sich die Erreichbarkeit, per Bahn, Bus oder Autobahn, steigert sich die Attraktivität. Auch deshalb, weil die Gemeinde so näher an die Arbeitsplätze heranrückt.
In Infrastrukturfragen entscheiden Gemeinden oft nicht allein. Was können sie sonst noch tun?
Städte müssen sich fokussieren. Indem sich eine Gemeinde auf bestimmte Nachfragegruppen konzentriert – zum Beispiel Rentner, Singles oder Familien –, kann sie sich einen eigenen Status verschaffen. Wenn eine Gemeinde für diese Zielgruppen besondere Angebote schafft, kann das eine positive Wirkung erzielen. Im Ort – und im Ranking.