Kein Schweizer hat in der jüngeren IT-Geschichte mehr erreicht als Urs Hölzle, keiner hat mehr Einfluss als der 55jährige Liestaler: Als Senior Vice President ist er Herr über die gesamte technische Infrastruktur von Google-Mutter Alphabet mit 20 Rechenzentren, Zigtausenden Servern, unzähligen Patenten und sieben Anwendungen, die jeweils mehr als eine Milliarde Nutzer zählen.
Ohne Hölzle würde der Konzern in der heutigen Form nicht existieren. «Der wahre Held von Google bist du», adelte ihn der abtretende Chairman und frühere CEO von Alphabet, Eric Schmidt, letztes Jahr vor den Schweizer Medien.
Karrierestart in einer Garage
Hölzles Karriere begann vor 20 Jahren in einer Garage in der Santa Margarita Avenue in Menlo Park: Hier traf der Liestaler die Google-Gründer zum Vorstellungsgespräch, hier begann er als Mitarbeiter Nummer sieben seine Karriere als Technologiechef. Larry und Sergey waren technisch sehr gut, ihre Suchmaschine enthielt Komponenten, von denen ich dachte, die seien gar nicht machbar.» Andererseits hatten sie Probleme in Bereichen, wo Hölzle stark war: «Ich konnte also etwas beitragen.»
Den Titel des «Search Engine Mechanic» schrieb er auf seine erste Visitenkarte, schliesslich gab es viel zu reparieren im Code, der zwar gut für ein Universitätsprojekt war, aber nicht tauglich für eine Million Nutzer. «Von Anfang an ging es eigentlich nur darum, die nächste Woche zu überstehen», erinnert er sich. «Wir mussten dafür sorgen, dass unser Produkt nicht zusammenbricht.» Dass das Potenzial von Google gross war, spürte Hölzle sofort. Dass es tatsächlich die Welt verändern sollte, wie die Gründer versprachen, realisierte er erst nach längerer Zeit.
Google machte ihn reich
Dank seiner langen Karriere bei einer der erfolgreichsten Firmen der Wirtschaftsgeschichte ist Hölzle nun ein schwerreicher Mann. Wie reich, darüber schweigt er selber eisern, und erstaunlicherweise finden sich über seinen Aktienbesitz auch keinerlei Angaben in den SEC-Dokumenten, die Google jedes Quartal bei der US-Börsenaufsicht einreichen muss. Aber aus seinem privaten Umfeld ist zu hören, dass seine Aktien und Optionen knapp eine Milliarde Dollar wert sein sollen. Trotzdem ist er als Mensch bescheiden geblieben.
Und er hat die Schweiz auf der IT-Landkarte eingezeichnet: Hölzle war entscheidend dafür verantwortlich, dass Zürich mit derzeit 2500 Mitarbeitern zum grössten Google-Entwicklungszentrum ausserhalb der USA geworden ist. In der Folge eröffneten Firmen wie Facebook, Apple, GoPro oder Nvidia hier ebenfalls Entwicklungslabore.
Und mit der jüngsten Entscheidung, hier ein Rechenzentrum zu bauen, wertet Google Zürich noch einmal auf: «In drei Jahren, wenn der letzte Teil der Europaallee bezugsbereit ist, haben wir Platz für bis zu 5000 Mitarbeiter. Das heisst aber nicht zwangsläufig, dass wir dann auch 5000 haben. Wir machen keine Mehrjahrespläne für einen Standort. Aber es würde mich freuen – es wäre nicht nur für die Schweiz gut, es würde auch bedeuten, dass es bei uns gut gelaufen ist.»
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