Ende April 2016 muss Urs Schwaller (63) die Farben austauschen: Auf CVP-Orange folgt Post-Gelb. Denn dann wird der Freiburger Finanz- und Gesundheitspolitiker den Post-Präsidenten Peter Hasler beim Staatskonzern mit rund 63'000 Vollzeitstellen ablösen: ein 50-Prozent-Mandat, das gemäss Geschäftsbericht jährlich mit gut 250'000 Franken honoriert wird. Es sei ein christdemokratisches Geschenk der CVP-Postministerin Doris Leuthard an ihren langjährigen politischen Weggefährten, monieren Kritiker.
Schwaller reagiert auf solche Vorwürfe wie immer ruhig. Er weiss, dass er nicht vom Fach ist, dass der Konzern aufgrund der Digitalisierung vor massiven Veränderungen steht und dass auf ihn und Post-Chefin Susanne Ruoff grosse Herausforderungen zukommen. Doch Schwaller, der Prototyp des eidg. dipl. Ständerats, ist dem Machbaren verpflichtet. Stillstand akzeptiert er ebenso wenig wie Blindflug. Deshalb wird mit ihm die Post weder einbalsamiert noch auf den Kopf gestellt.
Allzu grosse Visionäre sind der Post ohnehin nicht gut bekommen: Das musste auch Schwallers Vorvorgänger, Claude Béglé, erleben und seinen Posten räumen. Béglé zieht übrigens jetzt – ausgerechnet bei Schwallers Abgang – ins Bundeshaus ein: als neu gewählter Nationalrat für die CVP.
Die Mitstreiter
In der CVP-Familie pflegt Urs Schwaller engen Kontakt mit Bundesrätin Doris Leuthard, dem Präsidenten Christophe Darbellay und mit mehreren seiner Kollegen im Ständerat – mit Peter Bieri, Pirmin Bischof, Stefan Engler, dem Emmi-Präsidenten Konrad Graber und mit seinem Banknachbarn der letzten acht Jahre, Paul Niederberger.
Bestens versteht er sich auch mit dem langjährigen Freiburger Ständeratskollegen und heutigen Bundesrat Alain Berset. Auch die Kooperation mit Bersets Nachfolger, SP-Chef Christian Levrat, funktioniert gut.
Als Politiker hat Schwaller viele Mandate gesammelt: Er ist Verwaltungsrat des Energielieferanten Groupe E, unter anderem mit Cremo-Direktor Paul-Albert Nobs oder dem früheren BKW-Chef KurtRohrbach, und seit Oktober 2014 bei der Krankenkasse Groupe Mutuel, die nach der Finma-Prüfung alle Spitzenjobs neu besetzt hat und jetzt von Karin Perraudin präsidiert wird.
Schwaller ist auch Verwaltungsrat bei der von Jacques Pasquier geführten Generalbauunternehmung JPF sowie bei Liebherr Machines in Bulle, dem Produzenten von Motoren und Hydraulikkomponenten, der zum Weltkonzern der Geschwister Isolde und Willi Liebherr gehört. Seit 2014 präsidiert Schwaller die Sitem-Insel AG, ein Start-up, das Medtech, Forschung und Unternehmertum verbinden will. Im Verwaltungsrat trifft er unter anderen auf den CSL-Behring-Chef Uwe Jocham.
Die Gegenspieler
Für Gegner habe er keine Zeit, sagt Schwaller, der sich in seiner politischen Karriere als Meister im Knüpfen von Allianzen und im Suchen von Kompromissen bewiesen hat. Dennoch hat er sich ein paar Gegner geschaffen. Allen voran Christoph Blocher. Schwaller hielt im Dezember 2007 als Fraktionschef fest, dass er den umstrittenen SVP-Magistraten nicht mehr wähle, und Blocher musste seinen Stuhl im Bundesrat räumen.
Angespannt ist sein Verhältnis auch mit dem Freiburger SVP-Nationalrat und Gewerbeverbandspräsidenten Jean-François Rime und mit seinem Parteikollegen Dominique de Buman. Immer wieder sind die beiden CVPler aneinandergeraten.
2009 kandidierte Schwaller als Bundesrat und trat gegen die beiden FDP-Parlamentarier Didier Burkhalter und Christian Lüscher an – ohne Erfolg. Gewehrt bis zuletzt hat sich Schwaller gegen die Einführung der elektronischen Stimmabgabe im Ständerat, ein Projekt von zwei Ratskollegen: dem verstorbenen This Jenny und Thomas Minder.
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