Der Kleinlaster der Zügelfirma Umzug-24 ist proppenvoll. 20 beschädigte oBikes hat der Fahrer an einem einzigen Tag in Zürich eingesammelt. Sattel sind abgetrennt, Bremskabel durchgeschnitten und Räder verkrümmt. Eines musste gar aus der Limmat gefischt werden. Die Zürcher tun sich schwer mit den gelbgrauen Eingängern aus chinesischer Produktion. Zu viel Quantität, zu wenig Qualität, lautet das Fazit.

Doch bei oBike gibt man so schnell nicht auf. «Wir haben unser Lehrgeld bezahlt», sagt Ric Ye, der Expansionschef des Singapurer Start-ups. Und er verspricht Besserung, insbesondere in Bezug auf die Qualität der Velos. Die nächste Generation soll den lokalen Bedürfnissen angepasst werden. Das heisst: Die neuen Räder, die «noch vor Ende Jahr» in Zürich eintreffen sollen, würden grösser und stabiler. «Und sie werden drei Gänge haben.»

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Absprache mit den Behörden

Darüber hinaus will oBike in Zürich zusätzlich E-Bikes lancieren. Auf ein genaues Datum will sich Ye noch nicht festlegen. Zuerst will man sich mit den Stadtbehörden absprechen.

Auch das ist eine Lehre des Fehlstarts: Die Stadt mit billigen Velos fluten und dann nicht erreichbar sein funktioniert in Europa nicht. «Wir bauen jetzt in jedem Land eine eigene Geschäftsstelle auf und rekrutieren Leute vor Ort», erklärt Ye. Für die Schweiz zuständig ist seit Oktober Daniel Junge. Er sucht nun vor jedem Expansionsschritt das Gespräch mit den Behörden.

oBike in Zürich

oBike: Zürich wurde mit billigen Velos geflutet.

Quelle: Keystone

«Wir müssen das Vertrauen wieder aufbauen», sagt Junge. Erst reden, dann Velos ausliefern. «Kooperativer Ansatz», nennt er das. Gespräche führt oBike mit Basel, Genf und Bern. Weitere Städte sollen folgen: «Wir haben ambitionierte Pläne.»

1,1 Millionen Kunden in Singapur

oBike wurde Ende 2016 in Singapur gegründet. Treibende Kraft war der 28-jährige Unternehmer Shi Yi, der von «Forbes» auf der Liste
«30 unter 30 Asien» geführt wird. Seit Anfang 2017 ist oBike operativ. Erste Station war Singapur, und das, obwohl alle Experten im Vorfeld versicherten, dass ein Velosharing-Dienst im Stadtstaat keine Chance habe, wie Ye nicht ohne Stolz erzählt. Singapur sei zu heiss und zu feucht, hiess es. Ausserdem gebe es kaum Veloparkplätze und Radstreifen. Dennoch: Sieben Monate später zählte oBike 1,1 Millionen Kunden. Das sind etwa 20 Prozent der Bevölkerung.

Heute ist oBike in 13 Ländern und über 50 Städten präsent – Tendenz steigend. Nächste Stationen in Europa sind unter anderem Frankreich, Italien, Norwegen, Polen und Portugal. «Das Wichtigste ist derzeit, dass wir weiter wachsen und in möglichst viele Länder und Städte expandieren», sagt Ye.

Mieteinnahmen und Werbeverkauf als Einnahmequellen

Schwarze Zahlen sollen später folgen. Wie genau, sorgte auch schon für hitzige Diskussionen. Kritiker monierten, dass oBike die Bewegungsdaten verkauft, was Ye wiederum vehement abstreitet: «Wir haben und werden nie Kundendaten verkaufen.» Um das Misstrauen der Kunden abzubauen, zügelt oBike jetzt den Server von Shanghai nach Frankfurt.

Geld verdienen will das Start-up mit Mieteinnahmen und Werbeverkauf auf der oBike-App, wobei heute beide Einnahmequellen weit von der Rentabilität entfernt sind. In der Schweiz kostet eine halbe Stunde 1.50 Franken. Um profitabel zu sein, müsste jedes Velo mindestens dreimal täglich benutzt werden. Der «Tages-Anzeiger» rechnete aber unlängst anhand geleakter Daten aus, dass jedes oBike im Schnitt nur 0,7 Mal ausgeliehen wird.

Der Weg ist also noch lang, und das Terrain wird nicht einfacher. Denn 2018 bekommt oBike in Zürich Konkurrenz – vom chinesischen Anbieter Onebike und von der Stadt selbst, die einen Fahrradservice mit fixen Abstellstationen plant.

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Quelle: Bilanz