Angela Merkel hat am Sonntag ihre erneute Kanzlerkandidatur für die Bundestagswahl 2017 bekanntgegeben. An internationalen Unterstützern für eine vierte Amtszeit fehlt es nicht. Seit der Flüchtlingskrise hat sie neben der Kritik aus Deutschland und Osteuropa auch Lob aus vielen Teilen der Welt bekommen - aus Afrika und Indien, von Papst Franziskus und US-Präsident Barack Obama. Dieser hat bei seinem Abschiedsbesuch in Berlin sogar gesagt, er würde sie unterstützen, wenn er als Deutscher wählen dürfte.

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Das Problem: Sollte Merkel nach der Wahl erneut eine Regierung anführen, müsste sie in einem sehr veränderten politischen Umfeld agieren. Zentrale Partner der vergangenen Jahre sind dann abgetreten. So nannte die «New York Times» Merkel schon die letzte Vertreterin der freien, liberalen Welt.

Eine ständige Erfahrung

Den Eindruck aufkommender internationaler Einsamkeit versuchte Merkel unlängst zu zerstreuen: «Ich kenne glücklicherweise viele Menschen, darunter auch viele Politiker, die sich für die gleichen Werte der Demokratie, der liberalen Gesellschaft, der offenen Gesellschaft, der Achtung der Würde des Menschen einsetzen - und es gibt noch mehr als die, die ich kenne.»

In der Bundesregierung wird vor einem zu statischen Blick gewarnt: Dass Merkel es in der Politik mit neuen Partnern zu tun habe, sei für sie nach elf Jahren Regierungszeit eine ständige Erfahrung. Allerdings räumt man auch ein, dass die Veränderungen diesmal gravierender sein könnten - nicht nur wegen des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Eine Übersicht:

Amerika - Sorgen wegen Trump, Partner Kanada

Obama tritt im Januar ab. Zusammen mit Merkel hat er die Sorge, dass ihre gemeinsame Agenda für Freihandel, eine Wertepolitik, die Mischung aus Dialogangebot und Entschlossenheit gegenüber Russland mit seinem Nachfolger kippen könnte. Dennoch geben sich beide optimistisch: Das erste Telefonat zwischen Merkel und Trump war zwar kurz, verlief aber harmonisch. Merkel hat deutlich gemacht, dass gemeinsame Werte auch künftig die Basis für das transatlantische Verhältnis bilden sollten. Obama versicherte, Trump wolle sich an die Nato-Verpflichtungen der USA halten.

Dennoch bleiben erhebliche Unsicherheiten für das künftige Verhältnis. Das dürfte Merkels Kontakt zu Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau verstärken, der etwa die deutsche Flüchtlingspolitik anders als Trump lobt.

Frankreich - Angst vor dem Front National

Merkels engster Partner, Frankreichs sozialistischer Präsident Francois Hollande, wird im Dezember erklären, ob er bei der Präsidentenwahl im April erneut antreten will. Laut Umfragen hat er keine Chance auf eine Wiederwahl. Wie schwer für Merkel die Zusammenarbeit mit dem nächsten französischen Staatsoberhaupt wird, hängt davon ab, wer gewinnt.

Wird es Marine Le Pen, die Chefin des rechtsextremen Front National, könnte dies das Ende der deutsch-französischen Achse bedeuten. Bessere Chancen werden in einem zweiten Wahlgang einem Kandidaten der bürgerlichen Opposition eingeräumt: Dies könnte der moderat-konservative Alain Juppé oder der frühere Ministerpräsident Francois Fillon sein, den Merkel auch gut kennt.

Italien - Risiko Referendum

Am 4. Dezember muss Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi ein Verfassungsreferendum überstehen. Gelingt dies, dürfte er ein enger Partner Merkels bleiben, auch wenn er mehr Freiheit beim Haushaltsdefizit fordert. Tritt Renzi allerdings nach einem gescheiterten Referendum zurück, drohen ein politisches Vakuum in Italien und das weitere Erstarken anti-europäischer Parteien wie der «Fünf-Sterne»-Bewegung von Beppo Grillo.

Europa - Auf und Ab der Partner

Auch in anderen EU-Staaten wackeln Regierungschefs, mit denen Merkel eng kooperiert hat. In Polen und Ungarn regieren ohnehin bereits rechts-konservative Politiker mit stark nationalistischem Einschlag. In den Niederlanden steht der Liberale Mark Rutte, ein enger Partner Merkels, unter ständigem Druck der Rechtspopulisten. In Österreich könnte die rechtspopulistische FPÖ die Präsidentenwahl gewinnen. In Spanien wiederum hat sich die Lage durch die Bestätigung des Konservativen Mariano Rajoy stabilisiert - der prompt von Merkel zum Treffen mit Obama, Hollande, Renzi und der britischen Premierministerin Theresa May eingeladen wurde.

May selbst gilt seit der Brexit-Entscheidung nur noch als Teil-Partnerin Merkels. Am Freitag verabredeten die beiden Regierungschefinnen zumindest eine enge Zusammenarbeit bei Sicherheit und Freihandel. Seit Brexit-Votum und Trump-Wahl rückten aber viele kleinere EU-Staaten auf der Suche nach stabilen Partnern näher an Deutschland heran, melden deutsche Diplomaten derzeit aus anderen Hauptstädten.

Die «Testosteron-Achse»

Mit dem Scheitern von Hillary Clinton ist die von Merkel erhoffte transatlantische «Frauen-Achse» nicht zustandegekommen. Dafür warnt der Grünen-Aussenpolitiker Omid Nouripour nun vor einer «Testosteron-Achse» von Washington über Ankara bis Moskau. Russlands Präsident Wladimir Putin gilt zwar ebenso wie sein türkischer Kollegen Recep Tayyip Erdogan seit langem als schwieriger Partner. Aber Russlands Aussenpolitik wird im Westen als zunehmend aggressiv angesehen. Und auch bei Erdogan werden spätestens seit dem Putschversuch im Juli autoritäre Tendenzen kritisiert.

Die traditionell engen Beziehungen Merkels zur chinesischen Führung haben sich unter dem innen- und aussenpolitisch wesentlich härter auftretenden Präsidenten Xi Jinping etwas abgekühlt. Als konstruktiver, aber auch nationalistisch und schwieriger Partner gilt der indische Präsident Narendra Modi. Keiner der Genannten gilt aber als Partner bei der Verteidigung westlicher Werte.

Wechselhaft gute Partner

In vielen anderen Regionen hat es Merkel mit wechselhaft guten Partnern zu tun. Obwohl Israels Sicherheit für die Kanzlerin Staatsraison ist, hat sich das Verhältnis zu Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wegen des anhaltenden Siedlungsbaus in den besetzten palästinensischen Gebieten erheblich abgekühlt.

In Südamerika hatte die Kanzlerin viel Energie in gute Beziehungen zu der inzwischen abgesetzten Präsidentin Dilma Rousseff investiert. Zum Nachbarland Argentinien werden die Kontakte dagegen seit dem Abgang der umstrittenen Präsidentin Cristina Kirchner wieder besser. Stärker in Merkels Fokus geraten derzeit zudem wegen des Migrationsthemas afrikanische Regierungschefs.

(reuters/ccr)