Der Weg zur aktuellen Modellreihe war lang und schwierig. Jaguar wollte nicht nur die traditionsbewusste, sondern auch eine neue Klientel für das Flaggschiff XJ begeistern. Letztes Jahr erhielt die Reihe endlich ein völlig neues Design, das ein neues Zeitalter einläutete. Ein schwieriges Unterfangen, denn eine Kundschaft, die nicht einfach ein Auto, sondern auch noch eine Ikone kauft, reagiert auf Änderungen sehr empfindlich. Aber Chefdesigner Ian Callum hat den Geschmack seiner anspruchsvollen Kundschaft getroffen, nicht zuletzt auch deshalb, weil ihm die indischen Eigner den nötigen Spielraum liessen. Das heisst, Jaguar bleibt very British.
Der Weg bis zur heutigen Situation war teilweise qualvoll. Die Qualität der Autos von der Insel liess seit den 1970er-Jahren immer mehr zu wünschen übrig. In der Folge griff sich BMW die Marke Rolls-Royce, und VW riss sich unter Leitung des ehrgeizigen Ferdinand Piëch, damals VW-Konzernchef, Bentley unter den Nagel.
Ähnlich erging es Jaguar. Ende der 1980er-Jahre glaubte Ford, mit einer Übernahme den Markt der Luxuslimousinen aufmischen zu können. Diese Rechnung ging nicht auf. Nachdem die Amerikaner rund 6 Milliarden Dollar, damals gegen 12 Milliarden Franken, auf den Tisch gelegt und später nochmals einige 100 Millionen für die Marke Land/Range Rover nachgeschossen hatten, fehlte schlicht das Geld, um Jaguar in einem grosszügigen Schritt weiterzuentwickeln.
Vor zwei Jahren übernahm schliesslich Indiens grösstes Industrieunternehmen, die Tata-Gruppe, beide Marken für einen Schnäppchenpreis, wie spekuliert wurde. Es entbehrt übrigens nicht der Ironie. Indische Unternehmen, einst von den Wirtschaftskapitänen des britischen Imperiums beherrscht, verfügen heute über mehr Mittel als ihre einstigen Herren und erhalten britische Tradition mit viel Fingerspitzengefühl am Leben.
Die Tata-Verantwortlichen waren klug genug, vorhandene Strukturen nicht einfach niederzureissen und damit bei der Kundschaft das Gefühl aufkommen zu lassen, der britischen Ikone werde jetzt ein indischer Stempel aufgedrückt. Sie hielten am bisherigen Management fest – mit der Folge, dass die Autos weiter in Grossbritannien gebaut werden. Als Statthalter setzte Tata mit Carl Peter Forster (einst bei BMW, später bei GM und deren Tochter Opel) einen erfahrenen europäischen Manager ein. Forster erhielt den Auftrag, zusammen mit Chefdesigner Ian Callum die schwierige Designfrage zu lösen. Zudem musste er das Aushängeschild XJ – ähnlich wie den kleineren Bruder XF – auch technisch aufmöbeln.
Gleichzeitig erhielten die Reihen XF und XJ hochmoderne V6-Dieselmotoren (ab 190 PS) – geliefert von Peugeot, aber mit einer Kraftkur aus der eigenen Motorenabteilung versehen. Das Aggregat des kleineren XF wurde zudem derart konzipiert, dass es zum sparsamsten Jaguar aller Zeiten avanciert. Der Verbrauch nach EU-Norm liegt bei 5,4 Litern, was allerdings als theoretischer Wert zu betrachten ist.
Das Flaggschiff XJ ist – früher undenkbar für einen Jaguar – ebenfalls mit einem Peugeot-Diesel der neuesten Generation (275 PS) lieferbar. Der grosse Wagen, immerhin über 5 Meter lang, verbraucht nach EU-Norm ungefähr 9 Liter Treibstoff im Durchschnitt. Wer sich mit dem Selbstzünder nicht anfreunden will, kann seinen Jaguar mit einem V8-Benziner in verschiedenen Leistungsstufen (ab 385 bis 510 PS) bestücken.
Der Innenraum, der bisher immer den Charme eines leicht snobistisch angehauchten britischen Salons versprühte, ist geblieben, was er war: Komfortabel, ausgestattet mit feinsten Holzverzierungen, kombiniert mit Ledersitzen – eben echt englisch, nur jetzt unter indischer Aufsicht.
Die Basispreise für den XJ bewegen sich zwischen 115 000 und 157 000 Franken für die Dieselversionen und zwischen 145 000 und 198 000 Franken für den V8.