Spektakulärer kann man einen Chefwechsel nicht einleiten: Per Ad-hoc-Mitteilung, weil börsenrelevant, teilt VW mit, man wolle die «Führungsstruktur« weiterentwickeln. Dazu gehörten, so der Autokonzern weiter, «Änderungen bei den Ressortzuständigkeiten» im Vorstand, wohl auch eine »Veränderung im Amt des Vorstandsvorsitzenden».

Das ist ein echter Knaller. Einer allerdings, der im Hinterteil des Vorstandsvorsitzenden Matthias Müller gezündet wurde. Dass VW seinen Chef derart blossstellt, kann nur bedeuten, dass die Information bereits kursierte und der Konzern dennoch als erster damit auf den Markt kommen wollte. Verständlich, aber trotzdem die oberste Stufe der Peinlichkeit.

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Klar, Matthias Müller hat nie als der lustvollste Aufräumer im Dieselskandal gewirkt. Er hat auch einige Kommunikationspannen ausgelöst. Doch der ganze Konzern trat häufig wie ein wandelndes Fragezeichen auf: Läuft doch, unsere Autos verkaufen sich wie geschnitten Brot, was wollen denn alle von uns?

Grosse Kluft zwischen Käufen und Diesel-Debatte

Tatsächlich gibt es eine selten grosse Kluft zwischen der Diesel-Klima-Betrugs-Diskussion in den Medien und dem Interesse der Kunden. Viele bei VW fühlten sich zunehmend verfolgt, und Müller sagte das auch offen. Dass er zuletzt eine radikale Wende versuchte, indem er die staatliche Dieselförderung in Deutschland in Frage stellte, haben ihm viele im Konzern und der Branche übelgenommen.

Vielleicht tauchen aber auch noch bisher unbekannte Rechtsthemen auf, die Müllers Manövrierräume weiter verengen. Und zuvor als Porsche-Chef gutgelaunt und hoch erfolgreich, war er wohl von dem Job als Feuerwehrmann für Brände, die andere gelegt hatten, zunehmend genervt. Genug verdient hat er ohnehin längst. Und er gilt als einer, dem Status egal ist. Aufhören kann eine Befreiung sein.

Überraschung Diess

Dass es Herbert Diess werden soll, ist allerdings eine kleinere Überraschung. Zwar hat Diess nach massiven Startschwierigkeiten Tritt gefasst. Der jovial, aber hart in der Sache auftretende Österreicher kam 2015 von BMW zu VW und ist seitdem Chef der Marke Volkswagen. Er galt bei seinem Antritt als Betriebsrats-Schreck und damit als natürlicher Feind der Mitarbeitervertretung, die in dem Wolfsburger Konzern so mächtig ist wie bei keinem anderen deutschen Konzern – schon der allgewaltige Ferdinand Piech hatte sich die Zustimmung des Betriebsrats immer gern mit finanziellen Zugeständnissen erkauft.

Diess

Herbert Diess: Der bisherige Chef der Kernmarke Volkswagen, Herbert Diess, soll an die Spitze der Unternehmensgruppe rücken.

Quelle: Keystone

Diess sollte und soll noch immer die hohen Kosten der Kernmarke VW senken, damit die mickrigen Margen endlich steigen. Zwischenzeitlich galt Diess mit seinen Straffungsplänen sogar als mögliches Opfer des erbosten Betriebsrats. Doch diese Front hat sich beruhigt, Diess hat erste Erfolge eingefahren, bleibt beharrlich auf Kurs und hat seine Kampfrhetorik längst gedämpft. Dass Diess «CEO kann», bezweifelt niemand. Es gibt im Konzern auch keinen anderen ernsthaften Kandidaten, seit Audi-Boss Rupert Stadler im Dieselstrudel steckt, für Porsche-Chef Oliver Blume käme der VW-Chefjob zu früh, und Skoda-Chef Bernhard Maier hat einige Widersacher.

Ende mit Schrecken

Der Wechsel von Müller zu Diess, so er denn kommt, wäre für Müller ein Ende mit Schrecken – unabängig davon, ob er noch ein Gnadenbrot erhält – sein Vertrag läuft bis 2020. Herbert Diess müsste als Nachfolger zügig mit dem Zweihänder aufräumen. Sonst würde der neue Job für ihn ein Schrecken ohne Ende. Nach Ferdinand Piech hat kein VW-Chef mehr seinen Posten mit erhobenem Kopf verlassen.