Wer im Internet seine Ferien bucht oder ein T-Shirt bestellt, hinterlässt Spuren. Händler wissen diese Daten zu nutzen, indem sie Angebote und Preise auf das individuelle Kundenverhalten anpassen. Das birgt Risiken, aber auch Chancen.

Der Detailhändler Coop testet derzeit ein entsprechendes System für seinen Online-Shop «Coop at home». Kunden mit einem bestimmten Einkaufsverhalten bekommen speziell auf sie zugeschnittene Rabatte gewährt, wie die «Schweiz am Sonntag» vermeldete.

Transparenz ist wichtig

Auch andere Branchen arbeiten mit persönlichen Angeboten. Wer bei einem Reiseanbieter zum Beispiel ein Wellnesshotel in Grindelwald bucht, könnte sich auch für ein Wochenende im Tessin interessieren. Mit einer entsprechenden Werbung soll er zur Zusatzbuchung animiert werden.

«Sofern der Kunde von einem Rabatt profitiert oder ein interessantes Zusatzangebot erhält, ist die Akzeptanz für solche Systeme relativ gross», sagt Reto Hofstetter, Professor für Marketing an der Universität Lugano, gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Wichtig sei aber die Transparenz, das System müsse als fair empfunden werden. Dass bei einem Grosseinkauf mehr Rabatt gewährt wird als bei kleinen Einkäufen, werde zum Beispiel von den Kunden hingenommen.

Höhere Preise für iPhone-Nutzer

Heikel werde es, wenn die Händler das System zu ihren Gunsten ausnutzen wollten. Denn aufgrund von Kundendaten können Anbieter herausfinden, was ein Konsument für ein Produkt maximal zu zahlen bereit ist. Dieser Preis kann weit über dem «normalen» Preis liegen.

Hofstetter nennt verschiedene Beispiele: Wer ein Produkt über ein iPhone bestellt, bezahlt bei gewissen Unternehmen mehr als Nutzer von anderen billigeren Smartphones. Denn wer mehr Geld für ein Handy ausgibt, wird auch für bestimmte weitere Produkte mehr bezahlen, so die Überlegung der Anbieter.

Auf eine hohe Zahlungsbereitschaft schliessen gewisse Reiseanbieter, wenn sich der Kunde lange auf einer entsprechenden Internetseite aufhält oder mehrmals auf das gleiche Angebot klickt. Auch hier wird der individuelle Preis entsprechend erhöht. Langfristig lohnt sich eine solche Strategie aber nicht, ist Hofstetter überzeugt. Denn die Kunden hätten durchaus Möglichkeiten, sich zu wehren.

Kunden können sich schützen

Wer sich unfair behandelt fühle, wechsle schnell zu einem anderen Anbieter. Zudem habe es jeder Kunde bis zu einem gewissen Grad selbst in der Hand, wie viele persönliche Informationen er über sich im Internet preisgeben wolle.

Ganz einfach «austricksen» liessen sich bestimmte Händler, indem man sich erst über ein Produkt informiert und dann die Cookies im Browser löscht oder das Produkt über einen anderen Computer, Server oder zu einer anderen Uhrzeit bestellt. Für den Anbieter ist man laut Hofstetter dann oft nicht mehr als derselbe Kunde erkennbar.

Er schätzt, dass es mit der Zunahme des Online-Handels in der Schweiz immer mehr Anbieter von personalisierten Preisen und Angeboten geben wird. Für die Kunden könne dies durchaus ein Vorteil sein, wenn sie auf sie zugeschnittene Produkte erhielten.

Typisches Marktverhalten

Neu ist die persönliche Preisgestaltung freilich nicht. «Bereits vor Jahrtausenden wurde auf den Märkten kundenindividuell um Preise gefeilscht», sagt Hofstetter. «Der Händler versuchte zum Beispiel aufgrund der Kleidung oder der Herkunft eines Kunden herauszufinden, wie viel dieser zu zahlen bereit ist.» Der Käufer seinerseits versuchte, das Verkaufsgespräch mit entsprechenden Argumenten zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Im Unterschied zu früher seien die Preisverhandlungen im Internet allerdings indirekter, intransparenter und für die Konsumenten schwieriger nachvollziehbar. «Die Kunden müssen umdenken. Sie müssen sich bewusst werden, dass sie mit jedem Klick eine Information preisgegeben - und sie müssen lernen, wie sie diese Information selber kontrollieren können.»

(sda/jfr)

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