Gut 40 Jahre nach dem Start sind die Tage von Strichcodes auf Produktverpackungen gezählt. Ihnen wird zum Verhängnis, was sie eigentlich populär gemacht hat: Informationen. In Zeiten, in denen Handys so rechenstark sind wie ausgewachsene Computer vor wenigen Jahren, erscheinen die Strichmarkierung steinzeitlich. Denn sie transportieren nur wenige Produktinformationen für Verbraucher und Händler. «Barcodes haben gut funktioniert, doch jetzt ist es Zeit für einen Nachfolger», sagt Einzelhandelsexperte Kees Jacobs von der Unternehmensberatung Capgemini.
QR-Codes als Nachfolger
Grund sei der steigende Informationshunger von Händlern und Konsumenten: Letztere wollen heutzutage genau wissen, wo die Produkte herkommen oder wie viele Kalorien Lebensmittel enthalten. Und Supermarktketten könnten mit mehr Informationen ihre Lager besser auslasten oder Milch, deren Haltbarkeitsdatum erreicht ist, aussortieren. «Barcodes in der jetzigen Form sind mit diesen Detailinformationen überfordert.»
Die Nachfolger stehen bereits in den Startlöchern: Ausserhalb des Einzelhandels verbreitet sind etwa sogenannte QR-Codes. Die Vierecke mit vielen Klötzchen enthalten im Vergleich zu den simplen Strichcodes ein Vielfaches der Informationen. Und die Modebranche setzt auf winzige Funk-Etiketten, die beim Bezahlen alle Informationen an die Kasse senden. Doch zögern die margenschwachen Supermarktketten noch, da die Umstellung hohe Investitionen erfordern würde.
Die Antwort der Barcode-Hüter
Die Strichmarkierungen auf jedem Produkt haben den Einzelhandel revolutioniert. Ihre Einführung hat die Wartezeiten an den Kassen verkürzt und die Lagerhaltung vereinfacht. Auch in anderen Geschäften wie etwa der Logistik oder der Luftfahrt sorgen sie dafür, dass Waren und Koffer ans Ziel kommen. Jeden Tag werden die Codes, die für acht bis 14 Nummern stehen, weltweit fünf Milliarden mal genutzt.
Begonnen hat die Erfolgsgeschichte unscheinbar, als 1974 in einem Supermarkt im US-Bundesstaat Ohio eine Packung Kaugummi erstmals über einen Laserscanner gezogen worden ist. Seitdem sind die Striche nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Hinter dem Siegeszug steht der Verein GS1, der die Codes vergibt. Auch der Dachverband hat erkannt, dass das alte System keine grosse Zukunft hat. Als Antwort schickt GS1 den «Data Bar» ins Rennen, bei dem zwei Barcodes übereinander gedruckt sind.
Ein Nutzer ist Metro: Der Einzelhandelsriese hat ein Smartphone-Programm entwickelt, das auf Basis des neuen Standards den Weg eines Lachses vom Fang in Norwegen bis zur Tiefkühltheke in Berlin darstellt. «Wir sind damit die Einzigen in Deutschland», sagt Metro-Managerin Lena vom Stein. Insbesondere Köche, die sich in Metro-Grossmärkten mit Zutaten eindecken, wüssten den neuen Service zu schätzen. Ähnliches bietet der niederländische Supermarktkonzern Albert Heijn an: Käufer können sich dank einer QR-Markierung einen kurzen Film auf dem Handy über die Anbauregionen von Obst und Gemüse anschauen.
Den Einzelhandel erneut auf den Kopf stellen
Die neuen technischen Möglichkeiten werden den Einzelhandel gut 40 Jahre nach Einführung der Barcodes nach Ansicht von Experten ein zweites Mal auf den Kopf stellen. Kunden seien vor allem an Informationen über Zutaten, mögliche Allergene und den Anbau der Lebensmittel interessiert, ergab eine GS1-Studie.
Einzelhändler ächzen teils unter den Anforderungen. Alle Zulieferer gleichzeitig zu überwachen sei eine Herkulesaufgabe, sagt Fiona Wheatley vom britischen Einzelhändler Marks and Spencer.
(reuters/ccr)