Der neue VW-Markenchef Herbert Diess sieht den Wolfsburger Autobauer für die Konkurrenz mit IT-Giganten wie Apple und Google gewappnet. «Wir nehmen diese Player sehr ernst», sagte der frühere BMW-Manager bei seinem ersten öffentlichen Auftritt für Europas grössten Autobauer kurz vor der Automesse IAA in Frankfurt. Der Wettbewerb werde die Entwicklung der Automobilindustrie beschleunigen. VW habe jedoch gute Voraussetzungen, um den Wandel der Automobilindustrie erfolgreich zu bestehen.
Die traditionellen Autobauer stehen unter massiven Druck, weil sich die IT-Konzerne aus dem Silicon Valley warmlaufen, um der Branche mit selbstfahrenden Wagen das Fürchten zu lehren. Experten halten es für möglich, dass zumindest Google in absehbarer Zeit ein Auto in grosser Stückzahl auf den Markt bringen könnte. Vertreter des US-Konzerns nehmen erstmals an der Frankfurter IAA teil, um ihre Vorstellungen von der Mobilität der Zukunft zu erläutern. Auch bei Apple verdichten sich Hinweise darauf, dass der US-Konzern an einem Elektroauto tüftelt.
«Dieser Wandel wird Kraft kosten»
Diess sagte, Volkswagen sei schon relativ weit bei der Einführung alternativer Antriebe und der digitalen Vernetzung. «An vielen Stellen sind wir mit Sicherheit auch führend». Es gelte nun jedoch, sich noch stärker auf die neuen Technologien zu fokussieren. «Voraussetzung dafür ist aber natürlich eine hohe Profitabilität der Marke, weil dieser Wandel wird Kraft kosten.»
Diess hatte die Führung der Marke VW im Juli von Martin Winterkorn übernommen, der die Hauptmarke des Konzerns bis dahin neben seinen anderen Aufgaben als Vorstandschef geleitet hatte. Winterkorn will sich stärker auf den Umbau des Wolfsburger Zwölf-Markenkonzerns konzentrieren. Die Weichen für die neue Struktur soll der Aufsichtsrat Ende September stellen. Diess soll das von Winterkorn eingeleitete Sparprogramm vorantreiben, mit dem VW bis 2017 fünf Milliarden Euro bei der Kernmarke einsparen will.
Breiteste Angebot an Elektro-Fahrzeugen
Winterkorn sagte, Volkswagen verfüge schon heute über das breiteste Angebot aller Hersteller an Elektro-Fahrzeugen. Er kündigte bis zum Ende des Jahrzehnts 20 weitere Elektroautos und Hybridfahrzeuge an, die man an der Steckdose aufladen kann. Die VW-Tochter Audi präsentierte am Montag die Studie des SUV e-tron quattro, dessen Batterie 500 Kilometer weit reichen soll. Porsche zeigte einen Elektrosportwagen, der mit einer Batterieladung ebenfalls so weit kommen soll. Damit steigen die beiden VW-Töchter in die Konkurrenz mit dem amerikanischen Elektroauto-Pionier Tesla ein, dessen Model X demnächst ausgeliefert werden soll. Das Modell hat eine Reichweite von rund 500 Kilometern.
Autofans können ab heute die Neuheiten der 66. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt bestaunen. Rund 1100 Autohersteller und Zulieferer präsentieren auf 230'000 Quadratmetern 210 Weltneuheiten. Die IAA eröffnet am Donnerstag für Fachbesucher, ab Samstag kann dann neun Tage lang das breite Publikum teilnehmen.
(reuters/ccr)