Seit seinem Amtsantritt schlägt sich Donald Trump mit historisch schlechten Beliebtheitswerten herum. Aber unter vielen seiner Anhänger ist der Rückhalt für den Präsidenten nach wie vor ungebrochen. Ein Ortsbesuch in Florida.
Ken Masson dachte lange Zeit, er sei allein. Dann ging der Rentner aus Florida zum ersten Mal auf eine Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump. Er stand fünf Stunden lang an und fand sich plötzlich inmitten von Gleichgesinnten. Menschen, die von überall her gekommen waren, weil sie Trump sehen wollten. Weil der politische Aussenseiter in ihnen etwas ausgelöst hatte. Einen Nerv traf.
Kein Makel, sondern Stärke
Masson hat bei der Wahl vor einem Jahr für Trump gestimmt. Er würde es jederzeit wieder tun. Nichts von dem, was der Republikaner seit seinem Amtsantritt vor zehn Monaten gesagt oder getan hat, ändert daran etwas. Im Gegenteil. Was andere als Makel sehen, sieht der 74-Jährige als Stärke.
Trumps Beliebtheitswerte mögen historisch schlecht sein, seine Politik mag chaotisch und erratisch wirken, der Vorwurf der Lüge jeden Tag aufs Neue im Raum stehen, die Russland-Affäre wie ein Damoklesschwert über seiner Präsidentschaft hängen.
Unberechenbarkeit als grösstes Ass
Aber wenn man mit Anhängern des Republikaners spricht, hat man das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen. Trump sitzt hier ganz fest auf seinem Thron, er ist der Deal-Maker, seine Unberechenbarkeit gilt als sein grösstes Ass.
«Er beugt sich nicht dem Druck der Macht», sagt Bob Emerson. Der 62-jährige Investor hat zusammen mit Masson Wahlkampf für Trump gemacht. Vor einem Jahr fuhren die beiden jeden Morgen mit einem Golf Buggy durch Apollo Beach, einer Kleinstadt an der Westküste Floridas. An ihrem Wagen flatterte eine weisse Fahne, sie verteilten Flyer. Trump galt als chancenlos, sie machten trotzdem weiter.
Emerson haderte damals ein wenig. Er hielt Trump für einen schwachen Kandidaten. Heute ist er manchmal selbst ein wenig erstaunt darüber, wie gut er ihn als Präsidenten findet. «Ich bin begeistert von ihm», sagt der 62-Jährige.
Fast nur Lob für Trump übrig
An einem bewölkten Vormittag im Oktober sitzen die beiden Freunde in Emersons Wohnung, das Gespräch dreht sich zwei Stunden lang um Trump. Nur selten dringt Kritik durch, Zweifel wischen sie weg.
Trump mache einen guten Job in der Aussenpolitik, sagt Emerson. Der Islamische Staat sei auf dem Rückzug. In der Nordkorea-Krise habe der Präsident es geschafft, dass sich China bewege und den Druck auf das Regime verstärke.
Masson meint, Trump stelle Amerikas Interessen an oberste Stelle. Nur dass er die US-amerikanischen Truppen in Afghanistan liess, das kann er ihm nicht so richtig verzeihen.
«Fox News» zu links
Die Russland-Ermittlung halten die beiden für eine Hexenjagd. Die Entlassung von FBI-Chef James Comey fanden sie richtig. Die Berichterstattung der Medien ist ihrer Meinung nach voreingenommen und unfair.
Emerson liest die «New York Times» nur noch mit Skepsis. Masson findet, dass selbst «Fox News», Trumps Hofsender, ein wenig zu weit nach links gerückt ist.
Dass der Präsident bei wichtigen Wahlversprechen wie der Abschaffung des verhassten Gesundheitssystems «Obamacare» oder dem Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko noch nicht wirklich vorangekommen ist, lasten sie nicht Trump an, sondern dem Senat.
Harsche Kritik an den Demokraten
Masson kann aus dem Stand die Namen von 22 republikanischen Senatoren aufzählen, die er nicht mag. John McCain ist darunter, Jeff Flake ebenso. Beide sind Gegner des Präsidenten, aber sie gehören einer Minderheit an.
Immer wieder dringt aus den Schilderungen der beiden Trump-Anhänger harsche Kritik an den Demokraten durch. Ob es um Transgender im Militär geht oder um die Diskussion um die Konföderierten-Denkmäler - für die Positionen der anderen Seite haben sie kein Verständnis.
Anhänger werden zu Ablehnern
Es zeigt, wie unversöhnlich sich die beiden politischen Lager in den USA gegenüberstehen. Trump ist Symbol dieser Spaltung und er befeuert sie zugleich.
Das Meinungsforschungsinstitut Pew Research hat vor kurzem in einer umfangreichen Studie dargelegt, wie die Kluft zwischen Demokraten und Republikanern im ersten Jahr seiner Präsidentschaft noch grösser geworden ist. Ob beim Thema Einwanderung, dem Umweltschutz oder der nationalen Sicherheit - die Meinungen von Demokraten und Republikanern driften immer weiter auseinander.
Viele Menschen in den USA definieren ihre eigene politische Haltung über die Ablehnung der anderen Seite. In der Pew-Studie sahen sich 43 Prozent der Konservativen nicht im Lager der Republikaner, weil sie die Standpunkte der Partei teilen, sondern weil sie die der Demokraten ablehnen. Umgekehrt war es genauso.
Kompromisse werden immer schwieriger
So schrumpfen die Bereiche immer weiter, in denen es Gemeinsamkeiten gibt, in denen Kompromisse möglich sind. Ken Masson und Bob Emerson sind sich dessen durchaus bewusst.
«Es gibt keinen Kompromiss mehr, weil die Positionen der Menschen sich verhärtet haben und sie nicht willens sind, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen», meint Masson. «Die Leute auf der Rechten sind der Meinung, dass wir schon genug gegeben haben.»
Nach dem Gespräch hat der 74-Jährige noch einen Rat. Man dürfe bloss nicht all den Berichten glauben, dass Trumps Rückhalt unter seinen Anhängern schwinde. Ken Masson ist nicht mehr allein.
(sda/ccr)