Winterthur, das war Sulzer, die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik, Rieter, das Handelshaus Volkart – ein Zentrum der Maschinenidustrie und des Handels. Inzwischen gingen Tausende Arbeitsplätze verloren. Von der einstigen Grösse zeugen die riesigen Industrieareale, die zum grossen Teil neu genutzt werden. Doch in den Stahlgiessereien, den Fertigungshallen und Lagerhäusern oder an ihrer Stelle entwickelt sich seit 1990 ein neues Stadtquartier.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Auf dem letzten und grössten Teil des Winterthurer Sulzer-Areals in der Stadtmitte, dem ehemaligen Werk 1, ist auf 48 000 Quadratmetern eine neue Überbauung geplant. Rund ein Drittel der Fläche wird zum neuen Campus der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Daneben plant Implenia ein Quartier mit 600 Wohnungen, Restaurants, Cafés, Läden und Raum für Kleinunternehmen. In der ehemaligen Rohrschlosserei, heute City Halle, entsteht die Hochschulbibliothek der ZHAW.

Baulandreserven im Zentrum

Alle Bauten und die Infrastruktur sollen an den Zielen einer 2000-Watt-Gesellschaft ausgerichtet werden. Zudem wird das Areal fast autofrei: Ein Fahrtenmodell regelt die Zu- und Wegfahrten. Parkplätze entstehen nur unterirdisch. So sind die Umwälzungen in der Industrie, lange als Fluch empfunden, zum Segen geworden. Welche andere Stadt dieser Grösse hat schon so grosse Baulandreserven im Zentrum?

Nicht nur von Sulzer, auch von Volkart, einem der früher bedeutendsten Schweizer Handelshäuser, profitiert Winterthur noch heute. Die Volkart Stiftung engagiert sich für das Fotomuseum, die Kunstsammlungen der Besitzerfamilie Reinhart sind in den Museen Oskar Reinhart und Am Römerholz ausgestellt.

Es erstaunt nicht, dass die Nachfrage nach Wohnraum in dieser Stadt gross ist. Die Bevölkerung fühlt sich wohl in Winterthur, wie eine Umfrage durch die Stadtbehörden 2011 ergab. 77 Prozent der Befragten gaben an, sehr gerne hier zu wohnen. Die Lebensqualität wird von 84 Prozent als sehr gut oder gut eingeschätzt. Immer mehr Menschen würden gern in Winterthur wohnen, aber sie müssen lange warten, bis sie etwas Passendes gefunden haben. «Es sind nicht viele Eigentumswohnungen auf dem Markt», sagt Re/Max-Makler Markus Kernen. «Die Preise sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Bauland an guten Lagen zu finden, ist sehr schwierig.»

Viel Neues im Westen

Der neue Wohnraum auf dem Sulzer-Gelände werde nur Schritt für Schritt auf den Markt kommen und die Nachfrage kaum decken. Interessenten würden deshalb in die Gemeinden rund um die Stadt ausweichen. «Sehr beliebt und steuerlich attraktiv sind Neftenbach, Seuzach und Wiesendangen, der sogenannte Speckgürtel. Aber auch hier ist der Wohnungsmarkt trocken», sagt Kernen.

Neue Wohnungen entstehen allerdings auch in der Stadt, aber nicht im Zentrum, sondern im Osten, in Oberwinterthur. Im Gebiet Neuhegi sind in den letzten Jahren 1000 Wohnungen entstanden, und die Entwicklung geht weiter. Zwar soll die Industrie auch weiterhin das Ortsbild Oberwinterthurs prägen, ihre Zonenfläche soll aber leicht reduziert werden, um Platz für Wohnungen zu schaffen. Insgesamt werden es rund 10 000 Arbeitsplätze und Wohnraum für rund 4000 Menschen sein.
Bis im Mai 2016 realisieren die Immobilienfonds Credit Suisse Real Estate Fund Siat und Credit Suisse Real Estate Fund Green Property mit Implenia 228 Wohnungen im Gebiet Neuhegi-Grüze.

Die Preise sind in der Stadt, die nur fünfzehn Minuten von Zürich entfernt ist, in den letzten Jahren stetig gestiegen, aber sie liegen immer noch deutlich unter jenen in der Kantonshauptstadt. Für eine Eigentumswohnung mit viereinhalb Zimmern in Winterthur waren im Schnitt der letzten drei Jahre gemäss der Handänderungsstatistik rund 750 000 Franken zu zahlen. In der neuen Überbauung Sinfonie in Wülflingen kostet eine gleich grosse Wohnung 620 000 Franken.

«Die grosse Nachfrage ist aber nicht nur durch die Nähe Winterthurs zu Zürich bedingt», sagt Robert Weinert vom Beratungsunternehmen Wüest & Partner. «Winterthur ist einfach eine attraktive Stadt.»