Die Zeiten langer Schlangen bei Besichtigungsterminen von Mietwohnungen geht zu Ende. 2016 ist die Leerstandsquote bei Mietwohnungen wieder so hoch, dass gemäss dem Beratungsunternehmen Wüest&Partner nicht mehr die Vermieter, sondern die Mieter das Sagen haben.

Die Zahl der leerstehenden Mietwohnungen steigt bereits seit 2009 kontinuierlich an. In diesem Jahr fällt dieser Anstieg jedoch besonders hoch aus. So habe sich die Zahl der nicht vermieteten Wohnungen gegenüber dem Vorjahr um 13,2 Prozent auf 45'500 erhöht, wie Wüest&Partner im neuesten Immo-Monitoring schreibt.

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1,5 Suchabos je Mietwohnungsinserat

Dieser starke Anstieg hat gemäss dem Beratungsunternehmen dazu geführt, das erstmals seit dem Jahr 2000 die Mieter im Vorteil sind. Sie können dank den zahlreichen leerstehenden Wohnungen wieder auswählen. Die Vermieter dagegen müssen sich den neuen Marktverhältnissen anpassen und zum Teil ihre Angebotsmieten reduzieren.

Tatsächlich sind die Mieten der ausgeschriebenen Wohnungen seit Ende 2015 durchschnittlich schon um 1,6 Prozent gesunken. Dies nachdem sie sich seit Anfang 2001 kontinuierlich erhöht haben. Dem entspricht auch eine sinkende Nachfrage. Auf jedes Mietwohnungsinserat fielen im letzten Jahr noch 1,9 Suchabos. Im August 2016 waren es nur noch 1,5.

Angebot übersteigt Nachfrage

Die Gründe für diese Entwicklung liegen gemäss Wüest&Partner auf der Hand. Weil die Zahl der Arbeitsstellen in der Schweiz nicht mehr so schnell zunimmt, ist auch die Einwanderung zurückgegangen. Weniger Leute suchen darum eine Wohnung. Dennoch wird in der Schweiz nach wie vor sehr viel gebaut - unter anderem weil Anlagealternativen fehlen. Damit übersteigt das Angebot die Nachfrage. Die Preise sinken.

Wüest&Partner nimmt zudem an, dass diese Entwicklung anhält. Die Leerstandsquote werde bis 2021 von heute 2 auf 3 Prozent ansteigen, prognostiziert das Beratungsunternehmen. Damit werden sich die Marktgewichte noch stärker zugunsten der Mieter verschieben.

Ausnahme sind städtische Regionen

Auf tiefere Mietzinsen und ein grösseres Angebot können dabei vor allem Wohnungssuchende in den Regionen Sitten, Locarno, St. Moritz und Glarus hoffen. In diesen Regionen bestimmen vor allem Mieter den Markt. Kaum bessere Bedingungen dagegen gibt es für Wohnungssuchende in den städtischen Regionen Zürich, Zug, Bern, Chur und Genf.

Der Mietwohnungsmarkt verändert sich jedoch nicht nur, weil sich die die Gewichte zwischen Angebot und Nachfrage verschoben haben. Auch die Nachfrage selbst habe sich gewandelt, schreibt Wüest&Partner. So würden vermehrt Wohnungen mit maximal 2,5 Zimmern gesucht. Zudem steige die Nachfrage nach günstigen Wohnungen, weil die Zuwanderung von Gutverdienenden ab-, die Zuwanderung von Wenigverdienenden dagegen zugenommen habe.

Überzogene Mieten für Neubauwohnungen

Ebenfalls sich auf die Nachfrage ausgewirkt hat sich der Umstand, dass in den letzten Jahren viele zahlungskräftige Haushalte ein Haus oder eine Eigentumswohnung erworben haben. Neubauwohnungen im höherpreisigen Segment sind darum weniger gefragt.

Ganz allgemein stellt Wüest&Partner einen unüblich hohen Leerstand bei Neubauten fest. Der Grund dafür sieht das Beratungsunternehmen in überzogenen Erwartungen eines Teils der Vermieter. Sie würden Mieten fordern, die weder im Einklang mit der Lage noch mit der Grösse, dem Zustand und dem Ausbaustandard der angebotenen Wohnung stünden. In solchen Fällen lohnt es sich demnach für Mieter zuzuwarten. Sie können sicher sein, die Mieten solcher Wohnungen werden fallen.

(sda/ccr)