Theorie ist eine durch Denken gewonnene Erkenntnis im Gegensatz zum durch Erfahrung gewonnenen Wissen. Sagt Wikipedia. Das Etymologische Wörterbuch hingegen schreibt, dass der Ursprung griechisch/lateinisch ist und vom Wort «theoria» abstammt, welches «das Zuschauen, die Betrachtung, die Untersuchung» et cetera meint («theorós» heisst Zuschauer). Also müsste eine Theorie aus dem Lernen daraus, was man live erlebt und gesehen hat, resultieren. Das ist vielleicht jetzt gerade die Krux (stammt aus dem Lateinischen: «crux» bedeutet Kreuz, Sie verstehen). Es gab zu lesen und zu hören, dass die momentane Zeitspanne mit den 1920er Jahren verglichen wird. Erst Depression, fürchterliche Armut allerorten – und dann der Ausbruch von buntestem Leben, was sich auch in der Mode manifestiert hatte. Roaring Twenties 2.0.
Man macht Mut, alles wird am Ende besser, schöner, laut, wir können wieder feiern, uns frei bewegen (bis zum nächsten Crash, aber so weit denken/gehen die Theoretiker ja meist gar nicht, auch wenn alle Zeichen mit den Bitcoin-Akrobaten und Gamestop-Gamblern auf Hochmut-kommt-vor-dem-Fall stehen).
Die Modemacher haben schon mal vorgelegt und ein Kaleidoskop an nie dagewesener – nennen wir es mal – Kreativität hingelegt. Bei den virtuellen Schauen für die kommende Mode zum Beispiel, bei der übrigens auch Diversity eine zentrale Rolle spielte, die stylisch mit krass geschminkten Männern in Nadelstreifenanzügen und High Heels als postpandemischer Look (Dolce & Gabbana zum Beispiel) gefeiert wird.
Und natürlich alle Corona-Themen wie die Rollkragenpullis aus Häusern, die man mit sich rumtragen soll, gesehen bei Louis Vuitton, damit man nach dem Homeoffice da draussen seine eigenen vier Wände mit ins Büro nehmen kann. Natürlich ist das Fantasie und überspitzt. Die Mode darf das auch. Und die Musik. Und die Malerei. Die Wirtschaft nicht.
Paradiesvögel haben bei der Aufgabe, einen Planeten für acht Milliarden Menschen funktional und lebbar zu machen, nur in den schönen Künsten Platz. Nicht aber dort, wo Hands-on-Entscheidungen getroffen werden müssen und positive Leitbilder mit einer nachvollziehbar verständlichen Souveränität entstehen sollen. Keiner von den narzistischen Traumtänzern, die gerade am Hypen der Märkte sind, hat praktische Erfahrung mit einem Leben «danach». Und das ist keine Theorie, sondern Fakt.