USM geht in den Untergrund. Im bernischen Münsingen hat der Hersteller des Designklassikers eine neue Produktionshalle von 4000 Quadratmetern unter einem Parkplatz gebaut. Dort unten greifen jetzt Roboter vorgefertigte Blechteile, hängen diese an Haken, die von einem Gestänge baumeln, nehmen sie eineinhalb Stunden später wieder in Empfang und legen sie in Holzkisten der richtigen Grösse. Dazwischen fahren die blechbestückten Gehänge, gesteuert von Computerprogrammen und aufgehängt an einem Schienensystem an der Decke, erst in die Wasch- und Trocknungsanlage. Danach gleiten sie an Pistolen vorbei, die das farbige Polyurethanpulver aufsprühen, verschwinden in zwei Einbrennöfen und tauchen schliesslich mit den lackierten Blechen wieder auf. Kein Mensch berührt, was später zusammen mit Stahlkugeln und -stangen zu USM-Haller-Möbeln zusammengebaut wird. 2800 Artikel in 300 Grössen und 14 Farben werden so vollautomatisch lackiert.
Die neue Halle hat samt den Anlagen 20 Millionen Franken gekostet. Wenn das Unternehmen im Sommer vom Probe- auf den Normalbetrieb umstellt, wird sich die Kapazität gegenüber heute um 30 Prozent erhöhen. Dann werden pro Tag 5600 Quadratmeter Blech lackiert und jährlich 125 Tonnen Pulver versprüht. Der Energieverbrauch wird sich hingegen um über ein Drittel verringern.
Europäer sind die besten Kunden
Die Marke USM steht für Ulrich Schärer, Münsingen. Mit ihm, der 1885 im damals kleinen Dorf eine Schlosserei gründete, beginnt die Geschichte des Unternehmens, das bis heute im Familienbesitz der Schärers ist. Von hier aus werden Möbel in die ganze Welt geliefert. «Der Exportanteil liegt bei 65 Prozent», sagt CEO Mirco Castellan (40), «ein wesentlicher Teil davon geht in die EU.» Gerade der europäische Markt macht ihm aber Sorgen. «Die Umsätze in Euros schenken weniger ein. Und die Händler beklagen sich, dass Kunden Schweizer Produkte im Ausland einkaufen.» Zudem waren Spanien, Italien und Griechenland, die sich zurzeit in der Krise befinden, gute Märkte. «Klar, wirkt sich das auf den Umsatz aus. In den letzten Jahren hatten wir zwar ein bescheidenes Wachstum, aber zuerst müssen wir mal auf das Niveau kommen, auf dem wir vor der Euro- und Finanzkrise waren.»
Auch ein Klassiker lässt sich verbessern
USM setzt deshalb alles daran, neue Märkte aufzubauen, weiter zu expandieren. Schnell geht das nicht. «Wir sind ein typisches KMU», sagt Castellan. «Dieser Prozess muss mit beschränkten Ressourcen funktionieren.» Modetrends in der Gestaltung der Möbellinie muss und will USM nicht mitmachen. «Wir produzieren einen Designklassiker, zu dem wir Sorge tragen», sagt der CEO. Das heisst: ständige Qualitätsverbesserungen, die optisch nicht wahrnehmbar sind. Mit dem, was heute produziert wird, können die Kunden ihre Regale ergänzen, die sie vor 20 Jahren gekauft haben.
Das Möbelbausystem, das USM 1963 zusammen mit dem Architekten Fritz Haller entwarf, hat sich äusserlich kaum verändert. Haller war es auch, der die Fabrikations- und Verwaltungsgebäude plante. Sie waren Vorbild für das Möbelbausystem, dessen Serienproduktion 1969 begann und 1973 in der Schweiz eingeführt wurde. Die Anlage, die mit ihren naturnahen Grünanlagen einem Campus ähnelt, erinnert an viel grössere im Silicon Valley. Da wie dort hängt der Erfolg vom Mut zu Investitionen und von Innovationen ab.