Im ersten Moment überraschte die Meldung: Michael Mack wirft bei Syngenta das Handtuch. Der CEO tritt auf Ende Oktober zurück. Doch bei genauerer Betrachtung erscheint der Rücktritt des Amerikaners nicht allzu unerwartet. Denn vor allem der Abwehrkampf gegen den US-Rivalen-Monsanto und schlechte Geschäftszahlen hatten dem langjährigen Konzernchef zuletzt das Leben schwer gemacht.
Feuer im Dach
Lange konnte der 55-jährige Amerikaner in Ruhe seinen Job erledigen. Es gab zwar immer wieder Proteste von Umweltorganisationen wegen Gentech-Saatgut oder schädlicher Pestizide, ansonsten aber stand sein Agrochemiekonzern kaum im Rampenlicht. Seit dem Übernahmeangebot vom Mai war aber Feuer im Dach. Auf einmal blickte die ganze Branche auf Syngenta und den Harvard-Absolventen an der Spitze.
CEO Mack bot alle Kräfte für eine Abwehrschlacht auf – und gewann. Monsanto-Chef Hugh Grant lockte zwar immer wieder mit neuen Zückerchen, letztlich zog er sein Angebot aber zurück. Von Seiten der Syngenta-Aktionäre hagelte es daraufhin harsche Kritik an der Konzernführung.
Von neuem Chef profitieren
Heute wurde nun bekannt: Mike Mack tritt auf Ende Oktober zurück. Es sei der richtige Zeitpunkt für den Konzern, von den Perspektiven eines neuen Chefs zu profitieren, lässt sich Mack in der Medienmitteilung vom Mittwoch zitieren.
Die Wortwahl suggeriert, dass der Konzernlenker aus freien Stücken die Leitung abgibt. Effektiv stellt sich aber die Frage: War der Druck der unzufriedenen Aktionäre zu gross geworden?
Unzufriedene Aktionäre
Fakt ist: Eine Gruppe von Aktionären unterstützte das Monsanto-Angebot und forderte vor einer Woche in einem offenen Brief vom Verwaltungsrat eine umfassende strategische Überprüfung. Kritisiert wurde unter anderem, dass Verwaltungsrat und Management in den letzten Jahren «mehrere Chancen zur Verbesserung der Wertschöpfung» verpasst hätten.
Die Vereinigung listete auch einige angebliche Fehlverhalten des Syngenta-Managements auf. Der Verwaltungsrat habe in Bezug auf das Übernahmeangebot des amerikanischen Konkurrenten Monsanto nicht nach den Regeln guter Corporate Governance gehandelt, lautete ein Vorwurf. Ausserdem scheine es so, als ob das Management nach dem Ausstieg von Monsanto seine vielgepriesene «integrierte Strategie» aufgegeben habe und jetzt versuche, das margenstarke Geschäft mit Gemüsesaatgut zu veräussern, so die direkte Kritik am Management.
Wenig Interesse an einer Übernahme
Mack zeigte sich damals unbeeindruckt. Das Angebot von Monsanto sei in jeder Hinsicht ungenügend gewesen. Es gebe nichts zu verhandeln, da die Forderungen dermassen weit auseinander liegen würden und von einer Fusion einzig Monsanto profitieren würde.
Tatsächlich dürfte Mack selber wenig Interesse an einer Übernahme gehabt haben, riskierte er doch, seinen Job zu verlieren. Sein Leistungsausweis ist durchzogen, selbst gesetzte Ziele hat der 55-Jährige verfehlt, und der Aktienkurs von Syngenta ist klar unter dem Branchendurchschnitt verblieben. Der starke Dollar, schwierige Bedingungen in Lateinamerika und auch das Spritzmittel Glyphosat führten zu einem Umsatzeinbruch von 11 Prozent auf 10,3 Milliarden Dollar in den ersten neun Monaten 2015.
Antipathie hinter den Kulissen
Ob ein zusammengeführter Koloss Monsanto/Syngenta mit Mack als CEO in die Zukunft gehen würde, war höchst unsicher. Dies umso mehr, als Hugh Grant, sein Gegenpart bei Monsanto, als machtbewusst gilt und als CEO und VR-Präsident alle Fäden in den Händen hält.
Zudem spielten hinter den Kulissen auch andere Gründe für die Absage mit, wie aus dem Umfeld des Verwaltungsrats verlautet. Der Monsanto-Führung schlage «abgrundtiefer Hass» entgegen, sagte ein Insider. Es herrsche eine Antipathie gegenüber Monsanto, die auf Syngenta-Seite von der Führung über weite Teile der Belegschaft bis hin zu vielen Kunden reiche. Für eine Fusion sei dies eine sehr ungünstige Ausgangslage.
«Soft Factors»
So soll Mack bei seiner Argumentation im VR auch die jüngsten Schweizer Beispiele ins Feld geführt haben, etwa das Führungsgerangel bei LafargeHolcim oder den Streit um Sika, wo die Besitzerfamilie die Firma ins Ausland verkauft hatte. Auch dort seien ähnliche «soft factors» für nicht wenige der Probleme verantwortlich.
Insgesamt war der studierte Wirtschaftswissenschaftler Mack, der einen MBA an der Eliteuni Harvard absolvierte, rund 14 Jahre für Syngenta tätig. Nach verschiedenen leitenden Funktionen bei der amerikanischen Mead Corporation und bei English China Clays kam der Amerikaner 2002 zu Syngenta. Anfangs hatte er das wichtige Saatgut-Geschäft von Syngenta operativ geleitet, ehe er Anfang 2008 als Nachfolger des Briten Michael Pragnell Konzernchef wurde.
Heute gehört Mack zu den am besten verdienenden Konzernchefs der Schweiz. Im Geschäftsjahr 2014 verdiente er laut publizierten Geschäftsbericht 8,2 Millionen Dollar (rund 7,9 Millionen Franken), nach 4,9 Millionen Dollar im Jahr 2013.
nach einer Aufstellung der Nachrichtenagentur sda 7,155 Millionen Franken.
(ccr, mit Material von sda und awp)