Sie haben gerade mit Ihrer Freundin eine neue Wohnung bezogen. Ist schon was in Ihrem Kühlschrank?
Kann ich gar nicht sagen. Vielleicht etwas Gemüse.
Sie gehen nicht selber einkaufen?
Doch, klar. Warum so skeptisch?
Weil die meisten Menschen wissen, was sich in ihrem Kühlschrank befindet.
Wir waren noch nicht richtig einkaufen, sondern haben viel auswärts gegessen.
Gehen Sie regelmässig auswärts essen?
Nein, ich koche lieber.
Zum Beispiel?
Kohlrabi-Ravioli mit Paprika-Cashew-Füllung. Ich probiere gern Neues aus, und ich liebe Gemüse.
Kochen Sie für Ihre Freundin?
Klar, vor allem in letzter Zeit, weil sie viel für ihr zweites Staatsexamen lernen musste. Sie ist Juristin und hat ihr Studium soeben erfolgreich abgeschlossen.
Findet man bei Ihnen auch Alkohol?
Ich habe einen Weinkühlschrank, der ganz gut gefüllt ist. Ich trinke zwar eher selten Wein, aber wenn, dann soll es ein guter Tropfen sein.
Ist das Profifussballern erlaubt?
Diesbezüglich macht Borussia Mönchengladbach keine Vorschriften. Ab und zu ein Glas Wein ist absolut okay. Was Ernährung angeht, ist jeder für sich selbst verantwortlich, allerdings haben wir auch die Möglichkeit, im Verein zu essen.
Haben Sie einen Teamkoch?
Wir haben einen Ernährungsberater. Der sorgt dafür, dass es im Verein jeden Morgen ein ausgewogenes Frühstück und nach dem Morgentraining ein Mittagsbuffet gibt. Auch nachmittags nach dem zweiten Training gibt es etwas zu essen. Für uns Spieler ist das aber kein Muss.
Mit 15 Jahren kam Yann Sommer zum FC Basel. Er spielte zunächst in den Nachwuchsmannschaften, ehe er 2006 mit 18 Jahren in die erste Mannschaft übernommen wurde. Nach Stationen beim FC Vaduz und GC Zürich kehrte er 2010 zum FCB zurück und wurde eine Saison später dessen Stammkeeper. Nach vier Meistertiteln und einem Cupsieg mit dem FCB verabschiedete sich Sommer 2014 in die Bundesliga zu Mönchengladbach. Gleichzeitig wurde er in der Nati Nachfolger von Diego Benaglio. Sommer ist in Morges geboren und in Herrliberg am Zürichsee aufgewachsen. Heute lebt er in Düsseldorf.
Tauschen Sie sich mit dem Ernährungsberater aus?
Sehr oft. Ich bin ein richtiger Gourmet (lacht). Deshalb klinke ich mich gerne in die Planung ein, weil ich viele Ideen oder Inputs habe.
Was ist für Sie das Schöne am Kochen?
Es ist eine tolle Abwechslung zum Fussball, und ich kann dabei meine Kreativität ausleben. Das Schöne daran ist, jeweils was Neues zu kreieren, immer mit frischen, saisonalen Zutaten, was die Natur gerade hergibt. Zudem kann ich mich beim Kochen entspannen.
Woher haben Sie das?
Bei uns zu Hause wurde früher immer gut und mit frischen Zutaten gekocht. Meine Eltern haben sich dafür viel Zeit genommen, obwohl beide berufstätig waren. Abends wurde immer zusammen gegessen.
2015 haben Sie einen Kochblog gestartet. «Sommerkocht» ist aber seit kurzem down. Warum?
Ein Kochblog ist sehr zeitaufwendig. Von der Kreation eines Rezepts über das Einkaufen, Kochen, Fotografieren – da geht schnell ein ganzer Tag drauf. Als Fussballer habe ich aber nur wenige freie Tage und kann nicht die Kontinuität bieten, von der ein guter Blog lebt.
Dabei ist «Sommerkocht» ja gut angekommen.
Ich habe viel positives Feedback bekommen. Doch mit den Jahren habe ich mich weiterentwickelt und will mich nun neuen Projekten widmen.
Ein Kochbuch?
Für das Kochen und gesunde Ernährung interessiere ich mich natürlich nach wie vor, und ich werde meine Community auch wieder daran teilhaben lassen, aber auf einer anderen Plattform mit einem neuen Format, das noch in Bearbeitung ist. Zudem engagiere ich mich für karitative Zwecke, ich arbeite zum Beispiel mit der Stiftung Pro UKBB zusammen. Das Universitäts-Kinderspital beider Basel fördert wichtige Forschungsprojekte. Wir sprechen momentan auch mit einer weiteren Stiftung, die benachteiligte Kinder und Jugendliche durch Sport unterstützt. Und dann habe ich natürlich noch einige Hobbys wie Musik, Fotografie, Mode oder Architektur.
Und Sie gelten als Liebhaber von Classic Cars.
Das klingt, als hätte ich eine Garage voller Autos.
Haben Sie nicht?
Unsere Familie besitzt einen dunkelblauen Mercedes Pagode, Jahrgang 1968.
Was fasziniert Sie an alten Autos?
Die Autos haben eine Geschichte und eine Seele.
Und keinen Neidfaktor.
Genau.
Ausserdem kommen sie gut bei Frauen an.
Na ja, es geht. Darum fahre ich bestimmt keines. Es macht mir einfach grossen Spass. Im Alltag fahre ich aber ein modernes Modell von Mercedes.
Haben Sie ein Traumauto für später?
Nicht wirklich, aber wenn ich eines nennen müsste, dann den 1955er Mercedes-Benz 300 SL.
«Hier in Düsseldorf lebt man recht anonym, in Mönchengladbach wäre das sicher anders.»
Mit einem schicken Oldtimer fällt man schnell auf. Erkennt man Sie oft auf der Strasse?
Hier in Düsseldorf lebt man recht anonym, in Mönchengladbach wäre das sicher anders.
Sie kochen, mögen Oldtimer, machen Musik – treten Sie bewusst dem typischen Bild eines Fussballers entgegen?
Ich mache einfach das, was mir Spass macht. Vor zwölf Jahren fing ich an, Gitarrenunterricht zu nehmen, und bin dabei geblieben, davor spielte ich Bongo, meine Mutter hatte mich angemeldet.
Und Sie singen auch!
Seit drei Jahren nehme ich Gesangsstunden. Anfangs klang das sehr bescheiden.
Und wie steht es um Ihre Stimme heute?
Ich bin zufrieden.
Wollen Sie …
Nein (lacht).
Wie lautet denn die Frage?
Ob ich etwas vorsingen möchte.
Singen Sie etwa nicht vor Publikum?
Ich hatte letzte Weihnachten meinen ersten Auftritt in meiner Musikschule. Es waren 40 Leute da.
Wussten die, dass Yann Sommer auftritt?
Nein. Viele haben mich nicht gekannt. Das mag ich, weil man so ein ehrliches Feedback bekommt.
Waren Sie nervös?
Klar. Es ist ein anderer Druck, als ich ihn als Fussballer kenne. Du stehst alleine mit deiner Gitarre auf der Bühne, und 40 Leute starren dich gespannt an. Das war eine interessante Erfahrung.
Musik, Kochen, Classic Cars – schon die Vorbereitung auf die Zeit nach Ihrer Karriere?
Ich werde Ende Jahr 30, was für einen Torwart noch kein Alter ist. Im Moment sind es einfach meine Hobbys. Mit der Musik habe ich allerdings ein Hobby gefunden, wo ich schaue, was sich daraus entwickeln kann.
Was für eine Art von Musik ist das?
Das kommt auf die Gemütsverfassung und Stimmung an, aber vieles ist auch durch den Gesangslehrer vorgegeben, woran wir gerade arbeiten. Das kann Bruce Springsteen sein, aber auch Xavier Rudd oder Family of the Year. Momentan sind es also noch Coversongs, aber ich bin seit einiger Zeit dabei, an einem eigenen Song zu schreiben.
Und was kommt nach der Karriere?
Da will ich mich noch nicht genau festlegen, bis dahin ist es ja noch eine Weile. Ich mag Herausforderungen – von Grund auf etwas Neues zu lernen oder zu entdecken, das würde mich auch reizen.
Ist ein Trainerschein für Sie denn auch interessant?
Ich fände es spannend, nach der Karriere etwas ganz anderes zu machen. Durch meine Sponsoringpartner erhalte ich zum Beispiel Einblicke in die Bereiche Marketing und Kommunikation, was mich auch interessiert. Aber ich lebe im Hier und Jetzt, der volle Fokus liegt auf dem Fussball, und dank meines kleinen Teams wird sichergestellt, dass das Geld, das ich verdiene, gut angelegt wird.
«Ich habe jemanden bei einer Schweizer Privatbank, der mich bei Anlagefragen berät.»
Wie gross ist Ihr Team?
Acht bis zehn Leute. Dazu gehören aber auch Torwarttrainer, Ärzte und Therapeuten.
Das heisst, um Ihre Geldanlage kümmern Sie sich nicht selbst?
Nein, ich habe jemanden bei einer Schweizer Privatbank, der mich bei Anlagefragen berät.
Und wie legen Sie Ihr Geld an?
In Immobilien zum Beispiel, da hat man was in der Hand. Unter anderem habe ich in ein Mehrfamilienhausprojekt unweit von Basel investiert, bestehend aus 14 Mietwohnungen.
Wo sind Sie noch investiert?
Momentan bespreche ich mit meinem Team zwei, drei weitere Projekte, davon ist aber noch nichts spruchreif. Branchen, die mich interessieren, sind sicherlich naheliegende wie Nahrungsergänzungsmittel oder allgemein der Gesundheitssektor. Ich könnte mir aber auch Investitionen im Kunstmarkt oder in der Hotellerie vorstellen.
Würden Sie sagen, dass Sie als Fussballspieler ein Ein-Mann-Unternehmen sind?
Überhaupt nicht. Ich arbeite mit einem Team. Früher hat mein Vater das Management gemacht, meine Mutter kümmert sich bis heute um die Finanzen. Dann kamen ein Mentaltrainer, ein Anwalt, jemand für Sponsoring und PR, irgendwann ein Sportmanager, der das internationale Geschäft kennt und den Transfer zu Gladbach einfädelte, dazu.
Schaut man sich als Fussballspieler eigentlich seinen Marktwert bei Transfermarkt.com an?
Nein.
«Wir Spieler zerbrechen uns über unseren Marktwert nicht den Kopf. Nachfrage und Angebot bestimmen auch im Fussball den Preis.»
Das heisst, Sie kennen Ihren Marktwert gar nicht?
Wir Spieler zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Nachfrage und Angebot bestimmen auch im Fussball den Preis. Öffentlich kommunizierte Marktwerte sind somit relativ, das heisst, sie können um einiges überboten werden, wenn ein Verein einen Spieler unbedingt verpflichten will.
Das Verhältnis zwischen den Schweizern und ihrer Nati ist kompliziert. Am Anfang von Turnieren ist die Begeisterung gross, doch ebenso schnell herrscht wieder Nüchternheit, wenn sie wieder nicht über den WM-Achtelfinal hinauskommt.
Wir haben eine super WM gespielt. Man darf nicht vergessen, wir sind ein kleines Fussballland, und trotzdem spielen wir seit Jahren auf hohem Niveau, sind bei jedem grossen Turnier dabei und haben es zuletzt stets in den Achtelfinal geschafft. Das ist eine tolle Leistung, worauf wir stolz sein können.
Sie sagten mal, dass Sie Ihre Karriere beim FC Basel beenden wollen. Ist das immer noch so?
Das werden wir dann sehen, wenn es so weit ist. Ich habe dem FCB sicherlich meine Karriere zu verdanken. Allerdings liegt das heute nicht in meiner Hand: Ich muss fit sein, und der Verein muss mich dann auch wollen. Aber wenn es passt, wieso nicht?
Dieses Interview erschien in der Dezember-Ausgabe 12/2018 der BILANZ.