Gross, hoch, weit: Die neuen Räumlichkeiten des Swiss Institute (SI) geizen nicht mit dem, was man so lange vermisst hat – Platz, Bewegungsfreiheit und direkten Zugang von der Strasse, der Wooster Street im New Yorker Stadtteil SoHo, unweit vom berühmten Theater der Wooster Group, keinen Steinwurf vom einstigen Studio des legendären Videokünstlers Nam June Paik, wenige Blocks vom Apple Store entfernt.
Die imposante Fensterfront blickt auf die alten Pflastersteine der Strasse, gegenüber wohnt der Popstar Justin Timberlake. Und an der Eröffnungsfeier lässt sich auch das Starlet Lindsey Lohan blicken. Diese Umgebung ist nicht leicht zu beeindrucken: SoHo dient der Kunst seit Jahren als Kulisse, auch im Haus Nummer 18 ist sie schon lange zu Gast: Das neue Swiss Institute ist in den Deitch Projects untergebracht, Räume, die der Galerist Jeffrey Deitch für seine oft gewagten Kunst- und Kulturprogramme konzipiert hatte.
Die prominente Nachbarschaft ist sowohl Chance wie Herausforderung für Fabienne Abrecht, Präsidentin des Swiss Institute und die gute Seele hinter der Institution seit über 15 Jahren. «New York ist keine Stadt, in der man Fehler leicht vergibt», sagt sie. «Aber wir haben unser Programm so lange verschärft und präzisiert, dass sich das Institute in die neue ‹Show Case›-Situation begeben kann.» Der blonden Baslerin mit dem ansteckenden Lachen ist die Freude am gelungenen Umzug anzusehen. Jetzt gelte es, Künstler zu finden, die das grosszügige Volumen gut zu füllen verstehen.
Das sollte beim guten Ruf, den die Institution in New York geniesst, kein Problem sein – viele Kunstkenner hielten den Wechsel in grössere Räume für überfällig: «Jetzt seid ihr endlich da, wo ihr seit 20 Jahren hingehört», gratulierte der Schweizer Starfotograf Raymond Meier. Tatsächlich hat das Institut seit der Gründung vor 25 Jahren einen steten Aufstieg vom kleinen Showroom für Schweizer Kunst und Kultur zum angesagten Treffpunkt der Kunstszene New Yorks gemacht.
«Nun wagen wir den nächsten Schritt», sagt SI-Direktor Gianni Jetzer, man habe «in den letzten fünf Jahren gut geschäftet». Er freut sich, am neuen Ort noch professioneller arbeiten zu können: «Die Ideen fliegen hier herum!» Die 7 Meter hohen Räume lassen dies zu, die Einfälle sollten aber gut sein: «Jetzt können wir nicht mehr davon zehren, ein Geheimtipp zu sein, wir müssen die Massen finden», sagt der umgängliche Mann mit dem offenen Gesicht. Jetzer ist überall gern gesehen und versteht es, dem Unkundigen einen einfachen, oft humorvollen Zugang zur Kunst zu öffnen, indem er auf überraschende Zusammenhänge hinweist und Werk und Künstler in Kontexte stellt.
Bis jetzt mussten er und seine Vorgänger dies aus dem dritten Stock eines Geschäftshauses am Broadway tun, wo die Besucher auf einen kleinen Lift warten mussten, um dann zwar in die Welt bester Kunst entführt zu werden, in einem aber oft stickig heissen Raum, in dem sich das Publikum bei Eröffnungen oft so drängte, dass die Kunst erdrückt wurde. Tagsüber habe man da aber nur «Kunstschwerstsüchtige» angezogen, lacht Jetzer.
Adolf Ogi und die Young Gods
Das SI-Team schaffte es dennoch, sich schon an der alten Adresse als Ort zu etablieren, wo sich selbst scheue Künstler wohlfühlten. Matthew Barney kam mit der Sängerin Björk an die Ausstellung von Roman Signer. Der verstorbene Punk-Übervater Malcolm McLaren gab hier seine letzte Vorstellung in New York. Aber auch Adolf Ogi konnte im SI als Bundespräsident das Tanzbein schwingen oder die Band Young Gods ein Konzert spielen, alles ohne das übliche amerikanische VIP-Mediengeheul.
Dem SI traut man, sein Netzwerk umfasst nicht nur die Namen relevanter Schweizer Künstler und Galerien, sondern reicht ebenso tief in die amerikanische und europäische Kunstszene hinein. «Das Swiss Institute passt hübsch in sein neues Zuhause», schrieb die «New York Times» nach der Eröffnung und besprach dann eingehend die Doppel-Soloausstellung von Pamela Rosenkranz und Nikolas Gambaroff. Die einflussreiche Zeitung macht damit deutlich: Man schaut sich nicht nur den neuen Raum an, sondern auch genau hin, was sich da im Schweizer Haus für Kunst in New York tut.
Dass das neue Heim gross, aber keineswegs grossspurig ist, bewies der Ansturm auf die jährliche Benefiz-Gala, welche schon Wochen vor der Veranstaltung restlos ausverkauft war. Wenn das SI im November den Kurator und Kritiker Hans-Ulrich Obrist für seine Verdienste um zeitgenössische Kunst ehrt und dem Genfer Künstler John Armleder den jährlichen Kunstpreis verleiht, sind auch Ikonen zeitgenössischer Kunst wie Marina Abramovic oder Roni Horn als Gäste dabei, im Schaufenster der Schweiz an bester Adresse in SoHo.
Die prominente Nachbarschaft ist sowohl Chance wie Herausforderung.
Die neuen Räumlichkeiten des Swiss Institute (SI) an der Wooster Street im New Yorker Stadtteil SoHo eignen sich perfekt, um zeitgenössische Kunst zu zeigen.
Thilo Hoffmann