Patrick Comboeuf ist nicht auf den Mund gefallen. Ideen, wie man Fotos aus dem Smartphone monetarisieren kann, sprudeln nur so aus ihm heraus. Der 49-jährige Digitalturbo und einstige Verantwortliche der SBB Mobile-App ist seit September General Manager von ifolor in Zürich. Das Wort «Fotoentwicklung» kommt in seinem Vokabular nicht vor. Comboeuf spricht von «social memory preservation», der Kunst Erinnerungen zu bewahren.
Er zeigt uns die neuen Räumlichkeiten an der Limmatstrasse im Zürcher Kreis 5. Der modern eingerichtete ifolor-Sitz liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu angesagten Kunstgalerien und dem Migros Museum für Gegenwartskunst. Sein Chef Filip Schwarz, der die einstige Photocolor Kreuzlingen AG in dritter Generation führt, sitzt neben ihm an der Bar. Er brauche die besten Leute hier in Zürich, sagt der 35-Jährige, «Das heisst: Macher, die besser sind als ich.» Comboeuf, der im Nebenamt an der Zürcher Hochschule für Wirtschaft Digitale Transformation unterrichtet, entspricht dieser Typologie.
Der Art Director in schwarzer Lederkluft
Kaum tritt man in die Zürcher Räumlichkeiten, steht man schon in einer Bar. Schwarz liess sie einrichten, weil für ihn Arbeit und Spass nicht zwei verschiedene Dinge sein müssen. Als BILANZ zu Besuch kommt, ist es Vormittag. Es wird Kaffee getrunken.
Hinter Schwarz schlurft ifolors Art Director in schwarzer Lederkluft zur Kaffeemaschine. Er sieht aus, als wäre er Bassist bei Motörhead. Hier weht nicht die bemühte Luft eines superkreativen Startup-Unternehmens. Es ist weitaus angenehmer. Zwar gibts auch bei ifolor ein farbiges Sitzungskabäuschen, aber sonst arbeiten alle schön nebeneinander an grauen Bürotischen. Der Altersdurchschnitt liegt bei 30 Jahren.
Kooperation mit Apple
Comboeuf referiert gerade über die Möglichkeiten der neuen Kooperation mit dem Tech-Giganten Apple: «Wir können helfen, den Schatz an Erinnerungen in den tausenden von Fotos auf dem Smartphone zu verwalten.» Rund zwei von fünf Fotos, die ifolor ausdruckt, stammen von Smartphones.
Im Sommer hat Apple entschieden, eine Art Standleitung nach Kreuzlingen aufzustellen. ifolor ist von nun an einer von fünf «preferred partners» von Apple. Wer seine Bilder auf Apples Foto-App zu physischen Bildern umwandeln will, kann das demnächst auf direktem Weg über ifolor-Erweiterung machen. Fotobücher, Wanddisplays, Leinwände, Tassen – alles lässt sich mit Handybildern bedrucken.
Apple-Manager geraten ins Schwärmen
Die Leute von ifolor hätten sich von Grund auf überlegt, wie sie etwas Magisches für den Nutzer kreieren können, schwärmte Erik Hanson, Marketing-Manager bei Apple, letzten Sommer an der Entwicklerkonferenz WWDC. Was er bei ifolor gesehen habe, sei «pretty cool». Besser könnte es in den Ohren von CEO Filip Schwarz nicht klingen.
In Kreuzlingen werden jährlich 350 Millionen Fotos gedruckt. 180 Leute arbeiten da. Experten schätzen den Umsatz auf bis zu 150 Millionen Franken. Im Ranking der Beratungsfirma Carpathia von den grössten Schweizer Onlineshops liegt die Firma auf Platz 11, gleich hinter Coop@home und Galaxus (ohne Digitec). Schwarz gibt sich bescheiden und rechnet erstmal nur mit 20 Millionen zusätzlichem Umsatz dank der Apple-Kooperation.
Lieferungen bisher in neun Länder
Geliefert wird heute nach Deutschland, Österreich, Schweden, Finnland, Irland, Frankreich, Italien, Belgien und Luxemburg. Im finnischen Kerava steht eine zweite ifolor-Produktion mit 90 Angestellten. Dank Apple werden neu zusätzlich Kunden in Grossbritannien, Spanien, Norwegen, Dänemark, und der Niederlande bedient.
Die Zürcher Büros markieren das digitale Herz von ifolor. 55 Köpfe arbeiten bislang hier. Es sind IT- und Datenexperten, Marketingleute und Produktentwickler. In Kreuzlingen bleiben Finanzen, Human Resources und Produktion bestehen. «Data Scientists bringst du nicht nach Kreuzlingen», sagt Schwarz. Eine Feststellung, die ihm nie wirklich Sorgen bereitete. Er hat richtig viel Spass am Zürcher Sitz. Und an seinem Team, dass hier ein kreatives Feuerwerk entfachen soll.
Schweizer Marktführer bei Fotoprodukten
«Die Währung ist jetzt Absatz und nicht Umsatz», sagt General Manager Comboeuf. Schon heute ist ifolor Schweizer Marktführer bei den Fotoprodukten. Und nicht nur da. Neuerdings wirbelt die Firma die Sparte 3D-Druck auf.
Erste Tests mit einem Ganzkörper-Scanner an Grossveranstaltungen versprechen grosses Potenzial. Am Fantastical im Kreuzlingen konnte man sich von Kopf bis Fuss abfotografieren lassen und erhielt ein paar Tage später von sich eine 3D-Figur im Massstab 1:12 nach Hause geschickt. Jetzt will ifolor das Angebot ausbauen. Natürlich vom Zürcher Büro aus.