Die Business-Idee
Ob E-Mails, Geschäftsberichte oder Pressemitteilungen – in unserer globalisierten Welt und der mehrsprachigen Schweiz werden Übersetzungen auch im Büroalltag immer wichtiger. Das Startup Textshuttle aus Zürich verspricht, «der sichere Schweizer Online-Übersetzer» zu sein. Nicht nur die Entwicklung findet hierzulande statt, auch die Server stehen auf Schweizer Boden. Rund zwanzig Sprachen, darunter auch Schwyzerdütsch und Rätoromanisch, beherrscht die Software, die es mit Branchenriesen wie Google und Deepl aufnehmen will, bereits fliessend.
«Wir trainieren die künstliche Intelligenz mit so vielen Texten wie möglich», sagt Mitgründer Samuel Läubli. Das Geschäftsmodell: «Für Firmenkunden bieten wir individuelle Lösungen, die durch maschinelles Lernen den Sprachstil der jeweiligen Firma beherrschen, also Corporate Wording», so Läubli. «Unternehmen können Textshuttle in bereits genutzte Software integrieren und loslegen.»
Die Gründer
Hinter Textshuttle stehen drei Köpfe: Martin Volk, Experte für Computerlinguistik an der Universität Zürich, trieb die Grundlagenforschung zu neuronalen Netzen voran. 2016 stieg Samuel Läubli, ein aufstrebender Computerlinguist mit Erfahrung in einem führenden US-Unternehmen für maschinelle Übersetzungssysteme, als Mitgründer und CTO bei Textshuttle ein.
Seit 2019 hat sich das Startup zu einer Aktiengesellschaft entwickelt und seit rund zwei Jahren führt Lucas Seiler, ein erfahrener Software-Ingenieur und Mitgründer, als Geschäftsführer die technologische Erfolgsgeschichte an.
Der Markt
Google Translate und Deepl gehören zu den grössten Anbietern von Übersetzungsdiensten. «Konkurrenz ist das aber für uns nicht, weil wir als nahbares Schweizer Unternehmen Firmenkunden die individuelle Implementierung unserer Software bieten», so Läubli. Individuelle Wünsche wie gendergerechte Sprache, eigene Bezeichnungen, Abkürzungen und Schreibweisen lernt die KI mit jedem Text und integriert sie anschliessend in Folgetexte.
Mehr als zwanzig B2B-Kunden, darunter Versicherungen und Banken wie die Suva, die Mobiliar und die Migros Bank, gehören bereits zum Kundenstamm des Startups. «Selbst hochsensible Daten und Texte wie noch nicht veröffentlichte Geschäftsberichte können B2B-Kunden guten Gewissens mit unserer Software übersetzen – Datenschutz steht für uns an oberster Stelle und kann den Kundenanforderungen zusätzlich angepasst werden», so Läubli.
Ein weiterer USP: Bei den gängigen Weltkonzernen wird die Schweizer Landessprache Rätoromanisch ebenso wenig abgedeckt wie Dialekte wie Züri- oder Berndütsch.
Das Kapital
Schon seit 2018 betreut Textshuttle Firmenkunden. Im Mai dieses Jahres wagten die Gründer den Schritt in die Öffentlichkeit: Die Beta-Version des KI-basierten Übersetzungsdienstes ging für alle verfügbar online. Für private Nutzerinnen und Nutzer ist die Browser-Version in Dialekt, Rätoromanisch, Englisch, Italienisch und Französisch gratis. Mit jeder Nutzung lernt die KI dazu – und wird auch für Firmenkunden besser. Ausgefallene Sprachen wie Japanisch oder Russisch sind kostenpflichtig.
Bisher kam das Jungunternehmen ohne Fremdfinanzierung aus. «Wir bereiten aber aktuell unsere erste Investorenrunde vor», sagt Samuel Läubli. «8 Millionen Franken oder eine Brückenfinanzierung wären das Ziel, um Wachstum und Expansion voranzutreiben.»
Die Chance
Schon im vergangenen Jahr ist das Team von 12 auf 24 Mitarbeitende angewachsen. «Weil unser Team aber aktuell noch zu rund 85 Prozent aus Engeneering-Experten besteht, müssen wir uns künftig besser im Marketing und Verkauf aufstellen», so der Mitgründer.
In Deutschland und weiteren europäischen Ländern will Textshuttle künftig aktiv werden. Weitere Branchen sollen ins Kundenportfolio aufgenommen werden und auch weitere Anwendungsgebiete sind geplant, wie etwa die Möglichkeit, Texte in derselben Sprache zu redigieren.
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