Die Business-Idee
Erneuerbar und dezentral – das sind zwei Faktoren der zukünftigen Stromversorgung, welche die Energiewende vorantreiben sollen. Das Startup Exnaton aus Zürich will Energieversorgungsunternehmen und stromproduzierende Haushalte gleichermassen dabei unterstützen: «Wir sind überzeugt, dass wir es schaffen müssen, Haushalte auf dem Weg in die Energiewende zu begleiten», sagt Mitgründerin und CEO Liliane Ableitner. «Deshalb haben wir eine Software entwickelt, die lokale Energiegemeinschaften ermöglicht.» Hausbesitzer mit Photovoltaikanlage auf dem Dach speisen ihren nicht selbst benötigten Strom in das Netz ein, Nachbarn können den grünen Strom aus der Nachbarschaft dann kaufen und nutzen.
Die Gründer
Im Rahmen ihres Doktorats an der ETH Zürich erforschte Liliane Ableitner rund dreieinhalb Jahre die Potenziale von Informationstechnologie zur Einbindung lokaler Haushalte und Endverbraucher in die Energiewende. Gemeinsam mit Arne Meeuw und Anselma Wörner lancierte sie das Forschungsprojekt Quartierstrom in Walenstadt SG, um die Möglichkeiten und Grenzen eines lokalen Energiemarktes zu erforschen. Meeuw hatte Maschinenbau studiert und am Bosch IoT-Lab der Universität St. Gallen promoviert, Wörner sammelte wiederum früh Erfahrungen in grossen Technologie- und Beratungsunternehmen wie IBM und McKinsey, anschliessend promovierte sie an der ETH Zürich. Die beiden und Liliane Ableitner entwickelten eine App und Algorithmen, die sowohl teilnehmenden Haushalten als auch den Energieversorgungsunternehmen einen Überblick über die eingespeisten und verbrauchten Strommengen und die aktuellen Strompreise bieten. Walenstadt wurde zum Pilotprojekt. Im Juli 2020 gründeten die drei gemeinsam die Exnaton AG. Meeuw ist heute CTO, Wörner COO und Ableitner Geschäftsführerin. Die drei werden von sieben Mitarbeitenden unterstützt.
Der Markt
Energieversorgungsunternehmen stehen zunehmend unter Druck. Weil immer mehr Privathaushalte mit Photovoltaik (PV) selbst Strom produzieren, verliert die Haupteinnahmequelle des Stromverkaufs stetig an Bedeutung. Laut der «Statistik Sonnenenergie» des Bundesamtes für Energie ist die Anzahl an neuen PV-Anlagen 2020 im Vergleich zu 2019 um 48 Prozent auf ein neues Rekordhoch gestiegen: Mindestens 14’092 Einfamilien- und 2532 Mehrfamilienhäuser wurden im vergangenen Jahr schweizweit damit neu ausgestattet. Hinzu kommen grössere Anlagen auf Industrie-, Gewerbe-, Landwirtschafts- und öffentlichen Bauten. «Genau hier setzen wir an», sagt Liliane Ableitner. «Wir bieten den Versorgungsunternehmen eine Software als Schnittstelle zwischen den energieproduzierenden Haushalten und ihnen selbst, und damit zusätzlichen Kundenservice und Einnahmequellen.»
Unsere Startup-Serie «Upbeat» porträtiert jede Woche ein Schweizer Jungunternehmen multimedial in Print, Audio und Video. Daneben kommen die wichtigsten Investoren und Akteure der Innovationsszene zu Wort. Bleiben Sie dran, im Format Ihrer Wahl: Text, Bild und unterhaltsame Videos finden Sie jede Woche auf handelszeitung.ch/upbeat oder in den sozialen Netzwerken. Den Podcast mit vielen Tipps für Menschen, die selber in der Startup-Welt durchstarten möchten, finden Sie auf Apple Podcasts und Spotify – und überall da, wo Podcasts zu Hause sind.
Das Kapital
Geld verdient Exnaton durch Lizenzverträge mit lokalen Energieversorgungsunternehmen, die dann Energiegemeinschaften bilden und interessierten Haushalten die Software zugänglich machen. Im Hintergrund rechnet das Startup die Stromflüsse ab. Zwei Finanzierungsrunden und staatliche Fördergelder haben das Jungunternehmen bisher finanziert.
Die Chance
Neben Walenstadt betreut Exnaton bereits Energiegemeinschaften in Österreich. «Deutschland ist sicher unser nächstes Ziel, danach folgen weitere europäische Märkte», so Ableitner. Zwar sei die Einarbeitung in jeden neuen Markt durch unterschiedliche Regularien und Marktdynamiken eine der grössten Herausforderungen: «Der Algorithmus muss jeweils angepasst werden», sagt sie. «Aber haben wir den Markt mal verstanden, ist eine Skalierung rasch möglich.» Im deutschsprachigen Raum seien vergleichsweise noch wenige Haushalte mit digitalen Stromzählern ausgestattet, die etwa aktuelle Verbrauchszahlen an eine Cloud übermitteln können. «In ganz Europa sind aber bereits mehr als 130 Millionen Haushalte mit der nötigen Hardware ausgestattet – Tendenz steigend», so die CEO, «die Grundlagen sind also geschaffen.»