130 Länder haben sich auf eine umfassende Steuerreform geeinigt. Dazu gehöre eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent, hiess es am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung der Staaten. Die Schweiz schliesst sich dem Projekt «im Sinn der Weiterführung der Arbeiten» an - allerdings mit Vorbehalten. Mehrere EU-Länder machen dagegen nicht mit.

Die Länder hatten unter dem Dach der Industriestaaten-Organisation OECD seit Jahren über eine globale Mindeststeuer verhandelt. Die sieben führenden Industriestaaten (G7) hatten sich zuletzt bereits auf ein Grundgerüst geeinigt - mit einer Mindeststeuer für weltweit tätige Unternehmen von 15 Prozent und einer neuen Verteilung der Steuereinnahmen der 100 grössten und profitabelsten Konzerne zugunsten von Ländern, in denen diese Unternehmen besonders viel Geschäfte machen. Davon dürften vor allem grosse Schwellenländer profitieren.

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Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz sprach bei einem Besuch in Washington von einem kolossalen Fortschritt. «Die Sache ist jetzt auf dem Gleis», sagte Scholz. Es sei auf internationaler Bühne der grösste Durchbruch in den vergangenen 20 Jahren. Einige noch offene Details sollen bis Oktober geklärt werden.

Schweiz fordert Berücksichtigung ihrer Interessen

Die Schweiz fordert dabei explizit, dass bei der definitiven Ausgestaltung der Regeln die Interessen «kleiner, innovativer Länder angemessen berücksichtigt und bei der Umsetzung die nationalen Gesetzgebungsverfahren respektiert werden», wie das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) am Donnerstag mitteilte.

Zudem sollen die neuen Regeln von den Mitgliedsländern einheitlich angewendet und bei der Mindestbesteuerung soll eine ausgewogene Lösung zwischen Steuersatz und Bemessungsgrundlage gefunden werden. Die Schweiz habe an der heutigen Sitzung entsprechend interveniert.

Irland, Ungarn und Estland machen nicht mit

Mehrere Staaten machten zunächst nicht mit, darunter aus Europa Ungarn und Estland, hiess es aus Verhandlungskreisen. Alle G20-Staaten seien an Bord, nach schwierigen Verhandlungen auch China, die Türkei und Argentinien. Der irische Finanzminister Paschal Donohoe sagte, dass Dublin die Vereinbarung wegen der Mindeststeuerrate von 15 Prozent nicht unterzeichnet habe. Er hoffe jedoch noch auf eine Lösung, die das Niedrigsteuerland unterstützen könne.

Kampf dem Verschieben von Gewinnen

Mit der geplanten Jahrhundert-Reform der OECD sollen die Steuerregeln an das Digitalzeitalter angepasst werden. Denn global agierende Konzerne verlegen seit Jahrzehnten Gewinne geschickt in Länder, die sie mit immer niedrigeren Steuersätzen anlocken - und zahlen am Ende vergleichsweise wenig Steuern, meist deutlich weniger als etwa Mittelständler.

Vor allem Technologiekonzerne verlagern besonders häufig Gewinne aus Patenten, Software oder Lizenzeinnahmen, die auf geistigem Eigentum basieren.

Aus Sicht des EFD wurde das ursprüngliche Projekt aber vergrössert. Dieses sei lanciert worden, um international tätige Digitalkonzerne ohne physische Marktpräsenz steuerlich besser erfassen zu können. Im Laufe der Beratungen habe sich der Fokus aber auf eine generelle Mindestbesteuerung grosser international tätiger Unternehmen ausgeweitet, heisst es in der Mitteilung.

250 betroffene Konzerne in der Schweiz

Der Schweizer Wirtschaftsstandort gerät durch die Forderung nach einer globalen Mindeststeuer für Grossunternehmen unter Druck. Steuerexperten rechnen damit, dass etwa 250 Konzerne in der Schweiz die vorgegebene Umsatzschwelle von 750 Millionen Euro erreichen und somit von den Plänen betroffen sind.

Das EFD will daher parallel zu den Arbeiten der OECD mit weiteren Departementen und den Kantonen, Städten, der Wirtschaft und Wissenschaft bis zum 1. Quartal 2022 Vorschläge an den Bundesrat ausarbeiten, welche die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes sichern und die international akzeptiert sind.

(sda/reuters/gku)