Das Grundgerüst für eine weltweite Steuerreform steht. Die sieben führenden Industrieländer (G7) einigten sich am Samstag auf erste Details. Darunter ist eine Mindeststeuer für Grosskonzerne in Höhe von mindestens 15 Prozent. Zudem sollen Schwellenländer bessergestellt werden. Sie sollen künftig von den grössten und profitabelsten Konzernen der Welt ein Mindestmass an Steuerzahlungen abbekommen.

Bislang wird dort zwar viel Umsatz generiert, die Gewinne werden dann aber anderswo versteuert.
Nach dem Treffen der G7-Finanzminister in London sprach Deutschlands Vertreter Olaf Scholz von einer historischen Einigung und einer Steuerrevolution. Allerdings müssen nun weitere Länder ins Boot geholt werden, damit die Einigung auch in die Tat umgesetzt werden kann.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Significant, unprecedented»

Die amerikanische Finanzministerin Janet Yellen twitterte von einer «signifikanten, beispiellosen Verpflichtung», die einen wichtigen Schritt darstelle zu einer weltweiten Mindessteuer für Unternehmen von 15 Prozent.

Janet Yellen hatte Schwung in die seit Jahren stockenden Gespräche gebracht – unter anderem mit dem Vorschlag einer Mindeststeuer von 15 Prozent, der nun angenommen wurde. In den USA haben die grössten Internet-Firmen ihren Sitz.

Multinationale Konzerne – darunter viele Internet-Riesen wie Google, Facebook und Amazon – zahlen dank geschickter Gewinnverlagerungen vergleichsweise wenig Steuern; und sie tun das meist auch nicht dort, wo sie ihre Umsätze machen. Zugleich sind diese Unternehmen die grossen Gewinner der Coronavirus-Krise. Die Rufe nach einer faireren Besteuerung von Unternehmen wurden deswegen zuletzt immer lauter, zumal die Schulden vieler Staaten wegen der Pandemie in die Höhe geschossen sind.

Janet Yellen sagte, die Mindeststeuer könne den Wettlauf vieler Staaten zu immer niedrigeren Steuersätzen beenden, der die vergangenen drei Jahrzehnte geprägt hat. Der Wettbewerb zwischen Staaten werde so fairer. Ein US-Regierungsvertreter ergänzte, durch die Vereinbarung falle der Grund für nationale Digitalsteuern weg, die vor allem US-Konzerne treffen. Es werde in den nächsten Monaten weitere Verhandlungen dazu auf Ebene der Finanzminister und der Regierungschefs geben.

Für Steueroasen sei dies eine schlechte Nachricht, so Deutschlands Finanzminister Scholz (SPD) weiter: «Konzerne werden nicht mehr in der Lage sein, sich ihrer Steuerpflicht dadurch zu entziehen, dass sie ihre Gewinne geschickt in Niedrigsteuerländer verschieben. Stabile Steuereinnahmen sind wichtig, damit Staaten ihre Aufgaben erfüllen können.»

Ähnlich äusserte sich der britische Finanzminister und G7-Gastgeber Rishi Sunak: Das globale Steuersystem, das grossteils noch aus den 1920er Jahren stammt, müsse dringend fit für das digitale Zeitalter gemacht werden. Dies könne nun gelingen. Digitalsteuern einzelner Länder seien bei einer globalen Lösung nicht mehr nötig. 

15 Prozent als Startpunkt

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire bekräftigte, sich eine höhere Mindeststeuer zu wünschen. Die 15 Prozent seien ein Startpunkt. Deutlich mehr halten Experten allerdings für unrealistisch. Schon in Europa wäre dies umstritten. In der EU locken unter anderem Irland, Luxemburg und die Niederlande grosse Konzerne mit niedrigen Sätzen. In der Schweiz liegt der durchschnittliche Satz für Konzerne bei rund 15 Prozent.

Technisch würde die Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne im Ausland anfallen. Jede Regierung könnte zwar noch ihre eigenen Sätze festlegen. Zahlt ein Konzern im Ausland aber beispielsweise zwölf Prozent, könnte das Heimatland des Unternehmens die Differenz zur Mindeststeuer verlangen. Der irische Finanzminister Paschal Donohoe klang nach der G7-Einigung zurückhaltend: An dem Prozess der Industriestaaten-Organisation OECD für eine weltweite Steuerreform seien fast 140 Länder beteiligt, sagte er. Jede Einigung müsse den Interessen grosser, aber auch kleiner Länder dienen. Irland hat einen Steuersatz von 12,5 Prozent.

«Es ist kompliziert»

Für die EU sprach Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni von einem großen Schritt: «Die Chancen für einen globalen Deal haben sich signifikant erhöht.» Im Juli treffen sich die G20-Staaten in Venedig – die Industrienationen also erweitert um die wichtigsten Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien. Dann dürfte sich zeigen, ob die G7-Einigung hält. «Es ist kompliziert und dies ist ein erster Schritt», so der Brite Sunak.

Eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent würde laut einer Studie der Europäischen Union zusätzlich 50 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Einer früheren OECD-Schätzung zufolge könnte die geplante globale Steuerreform pro Jahr bis zu 100 Milliarden Dollar zusätzlich bringen. Das wären bis zu vier Prozent der jetzigen Einnahmen aus der Besteuerung von Unternehmen. 

Reuters» – rap)