Vor drei Jahren enthüllten argentinische Journalisten ein enormes Netz von Korruption und Geldwäscherei um den ehemaligen Präsidenten Néstor Kirchner, der das Land zwischen 2003 und 2008 regierte und 2010 verstarb. Danach kam seine Frau bis 2015 an die Macht. Nun kommen weitere Details zu Tage.
Einer der Kirchner-Spezis ist Lázaro Báez – ein Baulöwe, dessen wirtschaftlicher Aufstieg eng mit dem politischen der Kirchners verbunden ist. Die Enthüllungen in der Presse riefen auch die Justiz auf den Plan, wie handelszeitung.ch berichtete. Staatsanwalt José María Campagnoli legte einen Report vor, der zeigte, wie Báez' Umfeld Millionen von Dollar ausser Landes brachte und sich dazu offenbar auch des in der Schweiz ansässigen Treuhänders und Landsmanns Néstor Marcelo Ramos sowie dessen Helvetic Services Group bediente.
Neuer Anlauf
Bereits in der Vergangenheit bemühten sich die argentinischen Staatsanwälte um die Rückführung von Millionen mutmasslich versteckter Gelder in der Schweiz - ohne Erfolg. Nun sind wieder argentinische Justizbehörden beim Bundesamt für Justiz (BJ) vorstellig geworden. Sie wollen Kontodaten diverser Schweizer Banken sehen: Sarasin, Lombard Odier, Citibank und PKB stehen im Visier der Südamerikaner - dies berichtete der in Genf lebende argentinische Journalist Juan Gasparini bereits am Wochenende.
Im neuen Rechtshilfegesuch, das handelszeitung.ch vorliegt, geht es nicht nur direkt um Schweizer Konten von Lázaro Báez sondern auch um Konti seiner Kinder sowie des Italo-Argentiniers Néstor Ramos aus dem Tessin und seiner Schweizer Firma Helvetic Services Group. Eine schriftliche Anfrage zum Fall liess Ramos' Helvetic Services Group unbeantwortet.
Auch in Liechtenstein Konten
Im Rechtshilfegsuch der argentinischen Staatsanwälte geht es um Firmen in Panama, Belize, Uruguay, den Vereinigten Staaten und Argentinien. Die wesentlichen Finanzströme aber fanden alle in der Schweiz in Genf und Lugano sowie Liechtenstein bei der LGT Bank in Vaduz statt. Allein in einem Fall beziffern die argentinischen Staatsanwälte die über die Schweiz hinterzogenen Gelder auf über 32 Millionen US-Dollar. Handelszeitung.ch hatte darüber in der Vergangenheit mehrfach berichtet, denn die Aktivitäten der Helvetic Services Group reichten bis in die Schweizer Fussballszene.
Zwischen der Helvetic Services Group und dem Ex-Fifa-Ethikkommissions-Mitglied Juan Damiani konnten die Ermittler ebenso Geldströme nachzeichnen. Damiani ist seit den «Panama-Papers»-Enthüllungen einschlägig bekannt - und trat aus der Fifa zurück. Nun ermitteln die Behörden auch gegen Rechtsanwalt Damiani, ist dem handelszeitung.ch vorliegenden Dokument zu entnehmen.
Komplexer Fall
Bereits im September 2015 ging in Bern ein Rechtshilfegesuch zum Fall Báez ein. Das besonders komplexe Ersuchen erwies sich allerdings als lückenhaft, sagte ein Sprecher des BJ gegenüber handelszeitung.ch. Im April 2016 ersuchte deshalb das BJ die argentinischen Behörden um Ergänzungen und Erklärungen. Ende August hat das BJ nun ein ergänztes Rechtshilfeersuchen erhalten.
In der Ermittlungsakte stützten sich die Staatsanwälte auch auf Erkenntnisse eines unverhofften Verbündeten: Hedgefondsguru Paul Singer. Der prozessierte gegen Argentinien wegen Staatsschulden in der Höhe von 1,7 Milliarden US-Dollar. Im Laufe dieses Verfahrens hatte er für den Prozess wichtige Erkenntnisse gewonnen, die erste Ermittlungen der Argentinier bestätigten.