Die japanische Regierung hält einen «Sicherheitsmythos» für mitverantwortlich für die Atomkatastrophe in Fukushima. Nicht nur das mangelhafte Verhalten des Betreiberkonzerns Tepco sei zu beklagen, auch die Atomaufsicht habe zu sehr auf die Sicherheit von Atomkraft vertraut, heisst es in einem Abschlussbericht des von der Regierung ernannten zehnköpfigen Untersuchungsgremiums.
Der Untersuchungsausschuss der japanischen Regierung übte harte Kritik am Krisenmanagement von Atombetreiber Tepco in Fukushima Daiichi. Die Betreibergesellschaft verschleppe Untersuchungen. Tepco versuche noch immer, das wahre Ausmass der Schäden am havarierten Atomkomplex zu untertreiben, hiess es im Bericht des Gremiums.
Das Gutachten stellte zudem eine Kultur der Nachlässigkeit in Sachen Atomsicherheit fest, die die Katastrophe verschlimmert habe. Eine vom Parlament eingesetzte Kommission unabhängiger Experten hatte kürzlich sowohl der Regierung als auch der Atomlobby ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt.
Kultur der Nachlässigkeit
Demnach wäre das Unglück im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi vorhersehbar und vermeidbar gewesen. Das Regierungsgremium hegt laut Medienberichten weiterhin Zweifel daran, ob tatsächlich das Erdbeben massgeblich die Katastrophe auslöste, bevor der Tsunami am 11. März 2011 zuschlug.
Die Folgen der dreifachen Kernschmelze im AKW Fukushima Daiichi sind auch knapp eineinhalb Jahre nach der Katastrophe zu spüren. Mehr als 100'000 Menschen können bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren. Ausserdem ist die Atomruine noch immer nicht unter Kontrolle. Sorgen bereitet ein Abklingbecken des Reaktors 4, wo 1535 Brennstäbe nach einer Wasserstoffexplosion im Reaktorgebäude praktisch ungeschützt unter einer Plane in 30 Metern Höhe liegen.
In der vergangenen Woche hatte Tepco testweise zwei Stäbe herausgeholt. Nach Einschätzung der Regierung kann frühestens in zehn Jahren damit begonnen werden, die Reaktoren 1 bis 4 zu entkernen. Der vollständige Rückbau des Atomkraftwerks dürfte danach etwa 30 bis 40 Jahre dauern.
(chb/tno/sda/awp)