Was US-Präsident Trump mit seinem Zollhammer orchestriert, folgt einem Plan, der spätestens seit Herbst letzten Jahres hätte bekannt sein können. Nur glaubten wenige, dass Trump die Kühnheit besitzen würde, diesen Plan tatsächlich umzusetzen. Wer es glaubte, konnte die letzten Tage und Wochen sehr viel Geld verdienen. Die anderen müssen zur Kenntnis nehmen, dass es dabei um nichts weniger geht, als um einen fundamentalen Umbau des globalen Handels- und Finanzsystems, ein «Realignment» von sicherheits- und wirtschaftspolitischen Interessen der USA. Trotz des Zollaufschubs während neunzig Tagen wird die Trump-Administration an diesem Plan festhalten.

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Die Schweiz ist auf dem falschen Fuss erwischt worden. Wir empfinden den Zollhammer als veritable Demütigung und Bestrafung, denn wir wähnten uns dank unserer allseitigen Offenheit auf der sicheren Seite. Wie konnte es zu dieser Fehleinschätzung kommen? Zwei Aspekte sind bemerkenswert: die Frage der Franken-Stärke und unsere privilegierte Beziehung zu China.

Frankenstärke ist kein nachvollziehbares Argument

Seit Jahren schon reden wir uns ein, dass der Franken sehr stark sei. Die Devisenmarktinterventionen unserer Nationalbank zur Schwächung des Frankens, so glaubten wir, seien reine Notwehr gegen eine unfair hohe Bewertung. Tatsächlich hat uns die SNB vor fast allen Schocks der letzten Jahre erfolgreich abgeschirmt. Unsere Konjunktur hat davon massiv profitiert.

Die einlullende Rhetorik des starken Frankens mag im Inland verfangen haben, ist aber für die Trump-Administration nicht wirklich nachvollziehbar. Wir können uns noch so empören: Fakt ist, dass die SNB eine Bilanz von rund einem Jahres-BIP vor sich her schiebt, randvoll mit ausländischen Währungen, davon 40 Prozent in US-Dollar. Auch wenn sich die SNB jüngst mit Devisenmarktinterventionen zurückgehalten hat, ist die Bilanz dennoch das Ergebnis einer zuvor sehr aktivistischen Währungspolitik zur Schwächung des Frankens – aus Sicht der USA klassische Währungsmanipulation. Seit 2013 beträgt der Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz regelmässig über 10 Prozent des BIP. Auf der Liste der Länder, die hohe Bestände an US-Staatsanleihen halten, liegt die Schweiz zudem seit Jahren auf den vordersten Rängen.
Die hohe Exposition der Schweiz hätte uns eine Warnung sein können. Dies, zumal die USA erstmals in ihrer Geschichte mehr für die Bedienung ihrer Staatsschulden aufwenden als für Verteidigung und Sicherheit. Es ist für sie unverständlich, weshalb sie uns einen risikolosen Zins auf diese Anlagen zahlen sollen, der ein Mehrfaches höher liegt, als wir unseren Gläubigern gewähren.

Der Gastautor

Boris Zürcher war bis Ende 2024 Direktor für Arbeit beim Seco und ist neu regelmässiger Gastautor der «Handelszeitung». Die Ansichten der Gastautoren müssen sich nicht mit jenen der Redaktion decken.

Es ist richtig, dass sich die Schweiz jetzt in die Schlange der Bittsteller einreiht, um mit den USA einen Deal zu suchen. Wer das nicht tut, wird vom sich neu formierenden Welthandels- und Finanzsystem ausgeschlossen. So wie jetzt China.

Mehr Konfliktpotenzial in China

Eine stärkere Hinwendung zu China, wie das verschiedentlich gefordert wird, ist definitiv nicht ratsam. Die merkantilistische, staatskapitalistische Wirtschaftspolitik Chinas und die schon lange dauernde Externalisierung seiner wirtschaftlichen Ungleichgewichte auf das globale Handelssystem sind offensichtlich und nicht zu Unrecht der Hauptgrund für die Massnahmen der Trump-Administration.

Eine stärkere Hinwendung der Schweiz zu China könnte den angestrebten Deal mit den USA gefährden. Mit ihrem Freihandelsabkommen ist die Schweiz hier zusätzlich exponiert. China wird nämlich versucht sein, seine Überschüsse umzulenken, auch in die Schweiz. Nicht so sehr zur Absorption dieser Überschüsse, dafür ist unser Markt viel zu klein, sondern als Hub zur Weiterleitung in den europäischen Binnenmarkt. Dies birgt ein zusätzliches Potenzial für Konflikte, diesmal weniger für solche mit den USA, sondern mit unseren europäischen Nachbarn.

Die Schweiz muss erkennen, dass eine eigene Währung mit Verpflichtungen und Privilegien einhergeht. Die Privilegien konnten wir lange geniessen, während die Verpflichtungen nur nachrangig honoriert wurden. Dazu gehört, den Franken nicht künstlich zu schwächen.
Eine reale Aufwertung des Frankens, wie sie sich nun abzeichnet, dürfte eine wichtige Konzession sein, welche die Trump-Administration von der Schweiz erwartet. Diese Aufwertung wird uns schmerzen und, wenn sie zu schnell erfolgt, möglicherweise sogar rezessiv wirken. Die SNB wird kaum wie bisher üblich intervenieren können, ohne die Aufmerksamkeit der USA auf sich zu ziehen.

Und unsere privilegierten Beziehungen zu China, die der Schweiz lange dienlich waren, werden nun aber zunehmend zur Belastung.