Ob als Dip, Salat oder Beilage - die Avocado ist in aller Munde. Im weltgrössten Anbauland Mexiko führt der Boom allerdings zur illegalen Abholzung von Wäldern. Umweltschützer warnen vor den Folgen für Ökosystem und Sozialgefüge. Die Avocado ist der neue Star im Gemüseregal. Ob als Guacamole, Avocado-Toast oder im Salat - die Frucht steht derzeit oft auf der Speisekarte. In Foodblogs gibt es Tipps für den "Apfel-Avocado-Smoothie" oder den «Miso-Tahini-Avocado-Toast mit schwarzem Sesam».
Die US-Schauspielerin Gwyneth Paltrow veröffentlichte in ihrem neuen Kochbuch «It's all easy» gleich drei Rezepte für Avocado-Toast. Bei Instagram gibt es mehr als 190'000 Einträge zu dem neuen Trend-Food - wahlweise garniert mit Kresse, Paprika, Tomate oder Ei. Künstlerisch Ambitionierte schneiden Röschen oder Fächer aus dem weichen Fruchtfleisch.
Nicht gesund für Anbaugebiete
Avocados sind reich an ungesättigten Fettsäuren, Vitamin E, Kalium und Folsäure. Ihnen wird deshalb nachgesagt, dass sie helfen können, den Blutzucker zu kontrollieren, die Haut weich zu machen und sich positiv auf das schlechte Cholesterin auszuwirken. Fest steht: Die Avocado versprüht reichlich Exotik und hübscht sogar ein einfaches Butterbrot auf.
Der Hype um die Avocado befeuert die Nachfrage und treibt die Preise in die Höhe. Im weltgrössten Anbauland Mexiko warnen Wissenschaftler und Umweltschützer aber bereits, dass der globale Heisshunger auf Avocado zu illegaler Abholzung führt. Betroffen ist vor allem der Bundesstaat Michoacán im Westen des Landes - dort werden rund 40 Prozent aller Avocados weltweit angebaut und geerntet.
«Pro Jahr werden 1500 bis 4000 Hektar Wald gerodet, um Platz für Avocado-Felder zu schaffen», sagt Jaime Navia von der mexikanischen Umweltschutzorganisation Gira. Zudem litten die Menschen unter den Folgen der intensiven Landwirtschaft. «Der Einsatz von Pestiziden in den Monokulturen verschmutzt das Trinkwasser», sagt Navia.
«Grünes Gold» von Mexiko
Auch die Regierung zeigt sich besorgt über die illegalen Abholzungen, auch wenn sie das Ausmass für geringer hält als Wissenschaftler und Umweltschützer. «Die Avocados wachsen unter den Nadelbäumen», erklärt Mario Tapia Vargas vom Nationalen Forschungsinstitut für Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Fischfang. «Früher oder später werden die Bauern die Bäume fällen, damit die Avocadopflanzen mehr Sonnenlicht bekommen.»
Zwischen 2000 und 2010 vergrösserte sich die Anbaufläche in Mexiko von 95'000 Hektar auf über 134'000 Hektar. Die starke Nachfrage und steigende Preise machen es für die Bauern ausgesprochen attraktiv, Avocado anzubauen. In Mexiko wird die Frucht auch «grünes Gold» genannt.
Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO wurden 2013 in Mexiko über 1,4 Millionen Tonnen Avocado geerntet. In den USA hat der Pro-Kopf-Verbrauch von Avocado in den vergangenen 15 Jahren von zwei Pfund auf sieben Pfund zugelegt. In die Schweiz wurden im Jahr 2015 etwa 11'500 Tonnen Avocados (frisch oder getrocknet) importiert, ein Plus von fast einem Fünftel im Vergleich zum Vorjahr. Doch häufiger als aus Mexiko stammen die Avocados hierzulande aus Peru, Chile, Spanien und Israel.
Hoher Wasserbedarf
«Der hohe Wasserbedarf und der verstärkte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln könnten negative Folgen für die Bevölkerung haben», warnt die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die Avocado-Monokulturen benötigen etwa doppelt soviel Wasser wie die in der Region üblichen Nadelwälder.
Zuletzt gingen die Behörden in Mexiko verstärkt gegen Abholzung oder Umwidmung von Flächen vor. Mitte August schloss die Staatsanwaltschaft für Umweltschutz in Michoacán vier illegale Avocado-Felder. Ende Juli hatte die Bundespolizei bereits ein Dutzend Verdächtige festgenommen, die Felder auf einer kürzlich abgeholzten Fläche anlegen wollten.
Verbrechersyndikate und Bürgerwehren
In den Hochebenen von Michoacán gerät die Staatsmacht allerdings immer wieder an ihre Grenzen. In der schwer zugänglichen Region sind Verbrechersyndikate und Bürgerwehren aktiv. Nach einer massiven Offensive mit Tausenden Soldaten und Polizisten hat sich die Lage zwar etwas beruhigt. Richtig im Griff haben die Sicherheitskräfte den «Wilden Westen» von Mexiko aber noch immer nicht.
Die Abholzung der Wälder und die intensive Landwirtschaft zerstört nach Einschätzung von Umweltschützer Navia nicht nur das Ökosystem, sondern auch den Zusammenhalt in der Region. 80 Prozent der Wälder in Mexiko gehören Dorfgemeinschaften - sogenannten Ejidos. Die Bewohner verwalten das Land gemeinsam, bestellen es aber individuell. «Wird das Land an mächtige Agrounternehmer verkauft, löst sich das soziale Gefüge auf», sagt Navia.
(sda/gku)