Es war einmal Alain Berset, der Omnipräsente. Er war kaum je um eine Antwort verlegen. Fast immer zeigte er sich informiert über die wichtigsten Punkte eines Geschäfts. Er kannte die Optionen und erklärte, wohin er wollte. Jetzt ist er weg. Und seine Nachfolgerin füttert sonntags stattdessen wohl lieber Schwarznasenschafe. Davon ist seit dem Abstimmungssonntag auszugehen.
Sie lacht verlegen, schaut auf den leeren Stuhl neben sich und sagt, sie habe «jetzt leider niemanden, der neben mir sitzt und die Sache erklären» könne.
Sonntagabend. Die AHV-Abstimmung ist entschieden. Um 17.15 Uhr tritt Elisabeth Baume-Schneider vor die Kameras. Sie liest ein blasses Statement ab. Dann stellt ein Journalist die wichtigste Frage des Abends: Wie will sie die 13. AHV-Rente bis 2026 in Kraft setzen? Wie antwortet Baume-Schneider? Sie lacht verlegen, schaut auf den leeren Stuhl neben sich und sagt, sie habe «jetzt leider niemanden, der neben mir sitzt und die Sache erklären» könne. Staunen im Saal: So viel Unbedarftheit hatten die Medienschaffenden kaum je erlebt.
Sie antwortet wie im Theater: «Also, wir haben den 3. März, es ist 17 Uhr 25 – pardon, ich glaube, es ist verfrüht, etwas sagen.»
Dann die zweitwichtigste Frage des Abends: Wie schnell die Zusatzfinanzierung für die AHV in Kraft treten solle, fragt einer im Saal. Sie antwortet wie im Theater: «Also, wir haben den 3. März, es ist 17 Uhr 25 – pardon, ich glaube, es ist verfrüht, zu sagen, was die Abwägungen sein werden.» Baume-Schneider mokierte sich über die Frage, deren Inhalt das Stimmvolk an diesem Abend brennend interessiert.
Wie einfach die erste Frage zu beantworten wäre, zeigte die NZZ am Tag danach. Ein einzelner Journalist lieferte innert neun Stunden die ganze juristische Auslegeordnung: eine Umsetzung per Gesetz, per Verordnung oder eine per interne Weisung an die Ausgleichskassen und so weiter.
Ihr steht eine Armada an Beamten zur Verfügung, doch keiner habe sie auf den Auftritt vorbereitet? Schwer zu glauben.
Die NZZ blamierte Baume-Schneider: Ihr stehe eine Armada an Beamten zur Verfügung, doch keiner habe sie auf den Auftritt vorbereitet? Schwer zu glauben. Das Gleiche gilt für die AHV-Finanzierung.
Was von einer Bundesrätin zu erwarten ist
Baume-Schneider hätte nicht die fertige Antwort präsentieren müssen, denn diese ist dem Gesamtbundesrat vorbehalten. Aber sie hätte die Optionen skizzieren und die wichtigsten Pros und Kontras erörtern können. Das hätte Berset getan. Das wäre professionell gewesen.
Lange hielt man Baume-Schneider zugute, dass sie unvoreingenommen und unbedarft auf Dossiers und heisse Themen zugeht. Diese Aura war ihr als Bundesratskandidatin hilfreich. Sie war die Aussenseiterin und gewann gegen die Kandidatin des Polit-Establishments, Eva Herzog – eine, die informiert und souverän argumentiert.
Als Frankophone kennt Baume-Schneider den Begriff «Gouverner, c’est prévoir» – Regieren heisst vorausschauen. Doch sie schafft dies offenbar nicht.
Seit der Wahl sind 420 Tage vergangen, und Baume-Schneider hat noch immer wenig Ahnung in wichtigen Dossiers. Das zeigte sich bereits im Departement für Justiz und Polizei, etwa beim Asylthema; sie war dort überfordert, das zeigt sich als Sozialministerin erneut.
Hätte sie das Militär absolviert, würde sie den Begriff «in die nächste Geländekammer schauen» kennen. Damit gemeint ist, dass man als Führerin über die laufende Schlacht hinausschaut. Als Frankophone kennt sie den Begriff «Gouverner, c’est prévoir» – Regieren heisst vorausschauen. Doch sie schafft dies offenbar nicht. Es wäre an der Mutterpartei Baume-Schneiders, der SP, jetzt vorauszuschauen und einen Ersatz in die Regierung vorzuschlagen – einen Ersatz, der es kann wie Berset.
2 Kommentare
Lieber Herr Valda
Mit Interesse habe ich Ihren Kommentar zur 13. AHV gelesen und musste doch an manchen Stellen etwas arg schmunzeln.Ich fragte mich, könnte es nicht sein, dass der gut situierte und bei einer renommierten Finanzzeitung angestellte Journalist, seine grosse Enttäuschung über eine verlorene Abstimmung mit grosser Verve in die Tasten drückte?
Was vor allem auffällt sind die unverhohlen gereizten, fast aggressiven Kommentare gegenüber den Siegern der Abstimmung, die ausnahmslos von sehr gut ausgebildeten und finanziell excellent aufgestellten Personen stammen, die uns Alten mit einer fassungslosen Kaltschnäutzigkeit abkanzeln wie ich es noch selten erlebt habe.
Auch Ihr Artikel über Frau Baume Schneider finde ich grenzwertig, indem Sie keinen guten Faden an der Frau lassen, weil sie nicht gleich eine fix fertige Lösung für die Finanzierung des zusätzlichen Finanzbedarfs der nach Neuigkeiten gierenden Journaille präsentiert hat. Das finde ich oberfies! Natürlich haben die Journis von der NZZ gleich auch eine pfannenfertige Lösung parat, das wissen wir zur Genüge – aber ob das dann auch der Weisheit letzter Schluss ist oder doch eher eine unterwürfig elitäre Empfehlung an die bürgerliche Mehrheit im Parlament, bleibt wohl ihr Geheimnis.
Geehrter Herr Vald, was von einer Bundesrätin zu erwarten ist, geht wohl diametral auseinander zu dem was Bürgerinnen und Bürger erwarten, die keine solche Ausbildung genossen haben wie das bei Ihnen der Fall sein dürfte. Denn erstens hat sich die Frau sich in der Arena als Romande contre coeur nicht schlecht geschlagen und ihre Voten dürften da und dort einem echten Linken sauer aufgestossen sein. Man mag zur Bundesrätin stehen wie man will, aber Ihr Kommentar hat mich geärgert, weil Sie etwas salopp und abschätzig direkt auf die Frau spielen.
Wenn sich auch das Parlament, das in weiten Teilen mitregiert, den Begriff „Gouverner c’est prévoir“ hinter die Ohren schreibt, wird es wichtig sein, dass eben auch alle Optionen für die Finanzierung der AHV auf den Tisch legt und das schliesst eine Transaktionssteuer sicher nicht aus. Dass eine solche Option für die Finanzbranche ein rotes Tuch darstellt, ist mir klar, aber eben diese Branche täte gut daran ihre in der Vergangenheit an den Tag gelegte Gier etwas zu zügeln und nicht nur wild mit dem Zweihänder den vermeintlichen Feind zu bedrohen.
Kurt Stöckly, 6340 Baar
Sie haben den Nagel voll auf den Kopf getroffen. Diese Person ist unfähig und sollte schleunigst ersetzt werden.
Wie hat Grossen gesagt: nicht die hellste Kerze auf der Torte. Dazu gibt es nichts mehr zu sagen. Stimmt.