Die Schweiz hat viele politische Dauerprobleme: Altersvorsorge, Gesundheit, Energie, Europa, Zuwanderung und so weiter. Weshalb sind sie nicht längst gelöst? Echte Problemlösungen sind typische öffentliche Güter. Wer sie entwickelt, hat hohe Kosten, aber die Nutzen verteilen sich auf die gesamte Gesellschaft. Deshalb geht es in der Politik vielen nicht darum, einen möglichst grossen gesellschaftlichen Kuchen zu backen, sondern sich ein möglichst grosses Stück davon abzuschneiden. Entsprechend klein bleibt der Kuchen.
Wenn Parteien, Parlament und Bundesrat bei der Problemlösung versagen, braucht es: Volksinitiativen! Doch auch diese werden heute oft von Gruppen getragen, die nicht aufs Allgemeinwohl, sondern auf ein grosses Kuchenstück und Selbstdarstellung zielen. Was also tun?

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Für Volksinitiativen, die das doppele Mehr erreichen, sollen die Initiativkomitees eine Art «Grosser Preis der Schweiz» oder «Ervolksprämie» von wenigstens zwei Millionen Franken erhalten. Das gäbe politischen Akteuren Anreize, Initiativen zu erarbeiten, die ernsthaft auf Problemlösungen und das Allgemeinwohl zielen. Das wiederum gäbe Parteien, Parlament und Bundesrat Anreize, Probleme selbst wirkungsvoll anzugehen, da sie ansonsten regelmässig durch Volksinitiativen vorgeführt würden.

GK Eichenberger

Der Gastautor

Reiner Eichenberger ist Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Fribourg und Forschungsdirektor von Crema – Center for Research in Economics, Management and the Arts.

Doch welche Politiker würden sich ernsthaft für diese Regel einsetzen, die ihre Macht schwächt? Deshalb sollte die «Ervolksprämie» durch privates und zivilgesellschaftliches Engagement umgesetzt werden, etwa durch Mäzene oder Stiftungen. Verglichen mit deren bisherigen Engagements geht es um kleinere Einsätze bei viel grösserem Effekt.

Entscheidend für den Erfolg der «Ervolksprämie» ist absolute politische Neutralität. Jede erfolgreiche Initiative muss belohnt werden, unabhängig von ihrer politischen Färbung. Dafür sollte die Vergabe durch ein politisch ausgewogenes Gremium erfolgen. Die Geber sollten selbst innovativ sein. So könnten sie die Höhe der Belohnung mit der erreichten Zustimmung variieren oder Belohnungen für Initiativen aussprechen, die erfolgreiche Gegenvorschläge provozierten, oder auch erfolgreiche Referenden belohnen.

Die Einwände gegen die «Ervolksprämie» ziehen nicht. Natürlich nimmt das Volk zuweilen dumme Initiativen an. Das gilt ja schon heute. Entscheidend ist, dass dank der «Ervolksprämie» mehr sinnvolle und weniger dumme Initiativen lanciert würden. Denn sie würde den Initianten Anreize geben, ihre Initiativen so auszugestalten, dass sie mehr Wählern nützen und weniger Wählern schaden. Zweitens würde sie bewirken, dass bei «Fehlentscheidungen» schnell Gegeninitiativen ergriffen würden. Wer etwa findet, dass die Minarett-Initiative schlecht war, könnte eine Gegeninitiative machen, die zwar Minarette grundsätzlich erlaubt, aber verlangt, dass sie stumm sind und keinerlei Beschallung bringen dürfen. Wetten, dass das zwei Millionen brächte? Drittens korrigiert das Verfahren seine Probleme gleich selbst. Wenn es etwa aus Sicht einer Mehrheit zu viele Initiativen gäbe, käme flugs eine Volksinitiative, die höhere Unterschriftenzahlen oder klügere Bremsen verlangen würde. Höchste Zeit also, dass sich die Bürger und Bürgerinnen und die Zivilgesellschaft ans Steuer der Demokratie schwingen.