Nach dem Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union zeichnen sich harte Verhandlungen über die Handelsbeziehungen beider Seiten ab. Binnen kürzester Zeit steckten am Montag EU-Chefunterhändler Michel Barnier in Brüssel und Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson in London den Rahmen der anstehenden Gespräche ab. Beide gaben sich dabei unnachgiebig.
So machte Barnier den Zugang Grossbritanniens zum EU-Binnenmarkt von der Einhaltung von EU-Regeln abhängig. Doch Johnson betonte, Grossbritannien habe gerade nicht die Absicht, sich für eine Vereinbarung EU-Gesetzen zu unterwerfen.
EU: Wir verzichten auf Zölle, aber...
Die Gespräche über eine Vielzahl von Einzelthemen beginnen im März. Eine Übergangszeit ohne grössere Änderungen läuft Ende 2020 ab.
Die Äusserungen Barniers und Johnsons deuten auf einen schwierigen Verhandlungsstart hin. Barnier stellte der Londoner Regierung zwar ein umfassendes Handelsabkommen in Aussicht: Die EU sei bereit, bei sämtlichen Waren auf Zölle und Quoten zu verzichten. Bedingung dafür sei aber ein offener und fairer Wettbewerb.
Der Franzose präsentierte das Verhandlungsmandat der EU-Kommission, das die verbliebenen 27 EU-Staaten laut Barnier am 25. Februar genehmigen sollen. In dem am Montag veröffentlichten, 33-seitigen Entwurf steht fett gedruckt, dass es verlässliche Zusagen für ein Verhältnis zu den Briten auf Augenhöhe geben müsse.
Boris Johnson: Lockere Bindung
In Brüssel gibt es Befürchtungen, dass Grossbritannien im Konkurrenzkampf mit der EU Arbeitsrechte, sowie den Konsumenten- oder Umweltschutz aufweichen könnte.
In einer Rede vor Gemälden aus dem 18. Jahrhundert, die Grossritanniens Macht und Wohlstand von damals symbolisieren, charakterisierte Johnson sein Land nach dem Brexit als eine Art Champion des Freihandels: Großbritannien werde florieren, auch wenn es kein bevorzugtes Handelsabkommen mit der EU gebe. Ein Vertrag mit der EU müsse nicht automatisch bedeuten, dass die Briten EU-Gesetze zur Wettbewerbspolitik, zu Subventionen, Sozialstandards, der Umwelt oder ähnlichen Fragen akzeptierten. «Jedenfalls nicht weniger, als dass die EU verpflichtet werden sollte, Regeln des Vereinigten Königreichs zu beachten.»
Sollte die EU einem Freihandelsabkommen nach dem Vorbild der Einigung mit Kanada nicht zustimmen, werde er eine lockerere Bindung anstreben, wie sie beispielsweise Australien mit der EU habe.
EU-Unterhändler Barnier erklärte, die EU bereite sich weiter auch auf das Scheitern einer Vereinbarung vor: Sollte es bis Ende des Jahres keine Übereinkunft geben, würden die Beziehungen in vielen Bereichen auf der Kippe stehen. Die mit Johnsons harter Haltung wieder aufgeflammte Furcht vor einen harten Brexit schickte das britische Pfund am Montag auf Talfahrt.
(Reuters – rap)