Die Schweiz rückt nicht vom Weitergabeverbot für Kriegsmaterial ab. Sie kann nicht gegen ihre eigenen Gesetze verstossen. Das sagte Bundespräsident Alain Berset bei einem Gespräch mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Beide Politiker würdigten die guten gegenseitigen Beziehungen.
Die Neutralität bedeute, dass die Schweiz in Konflikten keine Seite militärisch unterstütze, sagte Berset am Dienstag an der gemeinsamen Medienkonferenz mit Olaf Scholz in Berlin. «Man kann nicht verlangen, dass wir unsere eigenen Gesetze brechen.»
Neutralität bedeute nicht Gleichgültigkeit
Allerdings sei zu schauen, «wie man sich da entwickeln soll, muss oder kann», sagte Berset. Diese Diskussion finde in der Schweiz durchaus statt. «Es ist wichtig, dass wir uns an Regeln halten, und sie anpassen, wenn es nötig sein sollte», erklärte Berset.
Er erinnerte daran, dass Neutralität nicht Gleichgültigkeit bedeutet. Die Wahrung der Neutralität bedeute auch Glaubwürdigkeit. Die internationale Gemeinschaft müsse die Kräfte zugunsten der ukrainischen Bevölkerung bündeln.
Humanitäre Hilfe
«Das heisst auch, jedes Land engagiert sich dort, wo es seine Stärken hat», zitierte ihn sein Eidgenössisches Departement des Innern. Die Schweiz setze dabei auf die humanitäre Hilfe und habe viele Geflüchtete aufgenommen. Sie unterstütze die Ukraine bis 2028 mit 1,8 Milliarden Franken und habe mit der Konferenz vom Juli in Lugano den Wiederaufbau lanciert.
Scholz und Berset würdigten die guten und engen Beziehungen der Schweiz und Deutschlands. Scholz sagte, das zeige sich daran, «wie eng wir uns abstimmen».
«Wir treten ein für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und die regelbasierte internationale Ordnung in aller Welt», erklärte der Bundeskanzler.
«Gemeinsam für diese Werte einzustehen, ist seit dem 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine, noch wichtiger geworden.» Scholz lobte, dass die Schweiz die EU-Sanktionen gegen Russland mitträgt.
Druck für Weitergabe von Kriegsmaterial
Die Schweiz steht unter starkem internationalem Druck, die Wiederausfuhr von in der Schweiz hergestelltem Kriegsmaterial zu genehmigen. Deutschland will Schweizer Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard in die Ukraine liefern.
Auch Spanien und Dänemark stellten ähnliche Anträge. Der Bundesrat hat dies bislang zurückgewiesen und sich auf das Neutralitätsrecht und das Kriegsmaterialgesetz berufen.
Zwei Vorstösse, die eine Lockerung der Wiederausfuhrbestimmungen forderten, scheiterten in der Frühjahrssession im Parlament. Mehrere parlamentarische Initiativen zu diesem Thema sind noch hängig.
Annäherung an die EU
Bei den Beziehungen der Schweiz zur EU würdigte Scholz die Vorbereitung eines Verhandlungsmandats für ein Rahmenabkommen und die wieder erfolgte Annäherung. Berset erwähnte die positive Dynamik der Sondierungsgespräche beim vom Bundesrat eingebrachten Paketansatz.
Zur Sprache kam auch die erste Präsidentschaft der Schweiz im Uno-Sicherheitsrat im Mai. Berset traf neben Scholz den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Die beiden deutschen Politiker gehören der SPD an und damit dem deutschen Pendant zur SP von Innenminister Berset.
(sda/mbü)