Der Direktor des Thinktanks Avenir Suisse, Peter Grünenfelder, hat die Coronavirus-Quarantäne von Zehntausenden in der Schweiz kritisiert. Ihre Freiheit werde unverhältnismässig eingeschränkt, sagte er der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Dienstag.

«Zugleich breitet sich mit den milliardenschweren Hilfspaketen das süsse Gift des Etatismus immer mehr aus», warnte Grünenfelder zudem. Der 53-Jährige mahnte obendrein vor zu viel staatlichem Handeln gerade während der Coronavirus-Krise und rief liberale Werte in Erinnerung.

«Der Liberalismus ist politisch schwierig zu verkaufen»

«Das Liberale ist anstrengend, denn es heisst Wettbewerb, man muss sich täglich einsetzen, man muss eine Extraleistung erbringen», sagte er. Wenn man aber an das Schutz- und Sicherheitsbedürfnis der Menschen appelliere, ziehe das mehr, als wenn man Innovation, Wachstum und Wettbewerb propagiere, erklärte er weiter.

«Der Liberalismus ist politisch auch schwierig zu verkaufen, weil er stipuliert, dass man etwas zuerst laufen lässt und nicht immer gleich eingreift.» Der Liberalismus sei allerdings weder konservativ noch progressiv, sondern er gebe grundlegende Strukturen vor.

Im Liberalismus hätten Konservative ebenso ihren Platz wie Progressive, sagte der Avenir-Suisse-Chef weiter. Bei Ersterem denke er an die Rechtssicherheit und den Schutz der Institutionen und bei Letzteren an Personen, denen die Vielfalt des menschlichen Zusammenlebens und der Bevölkerungsgruppen sowie die Gleichberechtigung wichtig seien.

Europäischer Binnenmarkt als liberales Projekt

Auch der europäische Binnenmarkt ist für Grünenfelder ein liberales Projekt. «Ich spreche von einzelnen Politikfeldern, von der Strommarktliberalisierung oder vom Markt mit digitalen Dienstleistungen.» Man solle sich dabei doch einfach mal vergegenwärtigen, wie viele staatliche Beihilfen in der Schweiz gewährt würden und wie hoch die Zahl der Staatsunternehmen hierzulande sei. «Da ist man im Binnenmarkt marktkonformer unterwegs als die Schweiz», sagte er gegenüber der «NZZ».

Die Nationalstaatlichkeit habe angesichts von Herausforderungen wie der Migration, dem Klimawandel oder auch der Coronavirus-Pandemie ihre Grenzen, mahnte er ausserdem. Und eine Versorgungssicherheit habe die Schweiz am ehesten, wenn sie sich in die internationale Wertschöpfungsketten eingliedere, betonte der Direktor der Denkfabrik Avenir Suisse.

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(sda/gku)