Chinas kommunistischer Führung ist der ausufernde Rummel um die Stars im Showgeschäft ein Dorn im Auge. Nach mehreren Skandalen gehen die Behörden massiv gegen Prominente und deren manchmal allzu enthusiastische Fan-Gemeinden vor. Kritiker warnen vor einer «Säuberungskampagne» im Zuge der wachsenden Ideologisierung unter Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, der die «grosse Erneuerung der chinesischen Nation» verfolgt.

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So verstärkt die Partei ihren Griff über Film, Musik und Fernsehen. «Kunst und Literatur sind wichtige Schlachtfelder für Ideen und Ideologie und damit extrem wichtig für die Arbeit der Partei», hob Jiang Yu vom Forschungszentrum für Entwicklung unter dem Staatsrat hervor. Er übte scharfe Kritik an den Geschäftemachereien von Stars, der Manipulation von Fans und rief nach mehr Kontrolle.

«Wenn dem Kapital erlaubt wird, sich unordentlich in der künstlerischen und literarischen Welt auszubreiten, wird diese ihre Funktion verlieren, dem Volk und Sozialismus zu dienen - und die spirituelle Heimat der chinesischen Nation zerstören», warnte Jiang Yu, dessen Äusserungen von der Propaganda hochgespielt wurden.

 

Steuerhinterziehung und Vergewaltigung

Die Disziplinkommission der Partei beklagte eine «chaotische Fan-Kultur», Fehlverhalten von Promis und «negative Nachrichten» aus der Unterhaltungsbranche. So musste die bekannte Schauspielerin Zheng Shuang Ende August wegen Steuerhinterziehung 299 Millionen Yuan, umgerechnet 39 Millionen Euro, zahlen. Wegen eines Skandals um zwei von einer Leihmutter in den USA ausgetragenen Kinder, die sie im Streit dem Vater überliess, war der Star zuvor schon in Ungnade gefallen.

Der chinesischstämmige kanadische Rapper Kris Wu wurde im August wegen des Verdachts der Vergewaltigung in Haft genommen. Es gehe um Vorwürfe, «junge Mädchen reingelegt zu haben, Sex mit ihm zu haben», wie Staatsmedien die Polizei zitierten. Fans mobilisierten eine Unterstützungskampagne, riefen zu einer «Rettungsmission» auf. «Ich habe einen Plan, um meinen Bruder zu retten», schrieb ein Fan. «Ich habe (den Film) «Ausbruch» gesehen. Ich weiss, was zu tun ist.»

Für Aufsehen sorgte auch der Schauspieler und Sänger Zhang Zhehan mit Fotos von sich 2018 im Yasukuni-Schrein in Japan, in dem auch verurteilte Kriegsverbrecher während der Aggression der kaiserlichen Armee gegen China geehrt werden. Seine Filme und Musik wurden von Plattform genommen. Werbepartner liessen ihn sofort fallen. Künstler "mit inkorrekten politischen Ansichten" müssten gemieden werden, verfügte die staatliche Rundfunk- und Fernsehverwaltung (NRTA).

Schauspielerin Zhao Wei aus dem Netz gelöscht

Rätselhaft ist, warum der Name von Zhao Wei, einer der bekanntesten Schauspielerinnen, im Internet gelöscht und von Werken gestrichen wurde, in denen sie mitgearbeitet hatte. Die Milliardärin, Regisseurin und Sängerin, die zu einer der reichsten Unterhaltungskünstlerinnen aufgestiegen ist, fiel praktisch in ein «schwarzes Loch», wie kommentiert wurde. Gerüchte kursierten, dass sie sich auf ihren Weinberg nach Frankreich abgesetzt haben könnte.

Aber auch Chinas explodierende Kommerz-Fan-Kultur produziert negative Schlagzeilen. In TV-Sendungen wurde zum Kauf von Milchprodukten eines Sponsors aufgerufen, um Punkte zu sammeln, woraufhin die Milch weggekippt wurde. Verfeindete Fan-Clubs liefern sich Kämpfe. Beklagt werden «Doxxing», die Veröffentlichung privater Daten, oder auch Stalking, die Verfolgung von Stars teils mit illegalen Spürgeräten.

Luxusbrands werben mit chinesischen Stars

Fast 30 Prozent der Schüler beteiligen sich nach einer Erhebung in Fan-Clubs oder an Unterstützungsaktionen für ihre Idole. Nicht nur chinesische Unternehmen, sondern auch internationale Luxusmarken wie Porsche, Fendi oder Prada werben mit den Stars, da reiche Chinesen zu ihrem Hauptkunden gehören. Nach Schätzungen sollte der Fan-Markt bis nächstes Jahr auf 140 Milliarden Yuan (18 Milliarden Euro) anwachsen.

Doch erliess die Disziplinarkommission einen Zehn-Punkte-Plan gegen das «Chaos». So wurden die beliebten Rangfolgen berühmter Prominenter verboten. Nur Hitlisten erfolgreicher Filme, TV-Produktionen und Musik sind noch erlaubt. Doch haben Fans mit «Likes» oder Unterstützungsaktionen weniger Einfluss. «Werte-Orientierung und Professionalismus» müssen eine grössere Rolle spielen, hiess es.

Agenturen von Stars und ihre Internet-Plattformen werden strenger kontrolliert. Fan-Gruppen müssen künftig von den Agenten autorisiert sein, die auch für die Aufsicht verantwortlich gemacht werden. Gerüchte und Attacken, mit denen sich rivalisierende Fans gegenseitig fertig machen, sind «streng verboten». Anhänger dürfen nicht mehr zu Geldausgaben aufgefordert werden. So darf in TV-Sendungen nicht mehr dafür bezahlt werden, um sich an Abstimmungen beteiligen zu können.

«Global Times» warnt vor Spaltung der Gesellschaft

Die Macht der Gefolgschaft mit den neuen technischen Möglichkeiten ängstigt die Partei. Fan-Clubs werden mit einem «Kult» verglichen. «Fans denken, dass sie einfach in Organisationen mitmachen, um ihre Idole besser zu unterstützen ... Aber was sie hinter dem Vorhang nicht sehen können, ist nicht nur das profitsuchende Kapital, das danach giert, ihre Seele mit sorgfältig geformten Bildern ihrer Stars zu manipulieren, sondern auch gefährliche Organisationen, die auf die Gelegenheit warten, sie zu benutzen, die chinesische Gesellschaft zu spalten», warnte die «Global Times», ein Sprachrohr der Partei.

(sda/gku)