Jüngsten Zolldaten zufolge gab China in den drei Monaten bis Ende Mai 18,9 Milliarden Dollar für russisches Öl, Gas und Kohle aus. Das ist fast doppelt so viel wie ein Jahr zuvor.
Indien gab im gleichen Zeitraum 5,1 Milliarden Dollar aus, mehr als fünfmal so viel wie 2021. Im Vergleich zu denselben Monaten vor einem Jahr nahm Russland damit 13 Milliarden Dollar mehr durch Energieverkäufe an diese beide Länder ein.
Weltmarktpreise für Energie steigen stark an
Diese höheren Ausgaben tragen dazu bei, den Rückgang der Käufe aus anderen Ländern auszugleichen. Gerade die USA und Europa haben ihre Käufe gestoppt oder verlangsamt, um Russland für den Krieg gegen die Ukraine zu bestrafen.
Die Verbote haben die Energiepreise auf dem Weltmarkt in die Höhe schnellen lassen. Gleichzeitig droht die dadurch ausgelöste Inflation, die grossen Volkswirtschaften in eine Rezession zu stürzen.
«China kauft bereits so gut wie alles, was Russland über Pipelines und Pazifikhäfen exportieren kann», sagt Lauri Myllyvirta, leitender Analyst am Centre for Research on Energy and Clean Air. Er verfolgt die russischen Energieströme seit Ausbruch des Krieges.
Und weiter: «Indien ist der Hauptabnehmer der Ladungen aus dem Atlantik, die Europa nicht mehr will.»
China und Indien werden weiter bei Putin einkaufen
Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Kaufrausch Chinas und Indiens in nächster Zeit endet. Die Energiepreise sind zurzeit viel höher sind als zu gleicher Zeit im letzten Jahr, selbst wenn die hohen Preisnachlässe von Russland, um Käufer anzulocken, berücksichtigt werden.
Die Einfuhren Chinas haben im Juni weiter langsam zugenommen. Und Indien könnte laut Myllyvirta die Käufe in den kommenden Monaten noch weiter steigern, weil ein Verbot der EU für russisches Öl in Kraft tritt.
Den Untersuchungen von Myllyvirta zufolge liegen China und Indien noch hinter den Gesamtausgaben Europas als Block. Die europäischen Käufe werden jedoch weiter schrumpfen, da Einfuhrverbote für Kohle und Öl in Kraft treten. Zudem schränkt Russland die Gaslieferungen an einige europäische Abnehmer ein.
Russland unterhält seit langem Handels- und strategische Beziehungen zu China und Indien. Putin bietet ihnen nicht nur hohe Preisnachlässe, sondern akzeptiert auch Zahlungen in der Landeswährung, um die Handelsströme in diese Länder aufrechtzuerhalten.
Besonders Indien ist an russischer Energie interessiert
China ist der grösste Energieimporteur der Welt und verfügt über eigene Pipelines für sibirisches Öl und Gas. Selbst als die Chinesen den Energieverbrauch in der ersten Hälfte 2022 etwa wegen Covid-19-Sperrungen drosselten, gaben sie aufgrund höherer Preise und geringfügiger Mengensteigerungen weit mehr für russische Energie aus.
Indiens Ausgabenanstieg nach Kriegsausbruch war weitaus dramatischer. Dies, obwohl es keine gemeinsame Landesgrenze mit Russland hat und seine Häfen für kosteneffiziente Importe zu weit entfernt sind.
Zusätzlich zu den grossen Sprüngen bei Öl und Kohle hat Indien seit Kriegsbeginn auch drei Ladungen russisches Flüssigerdgas importiert. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum 2021 war es bloss eine Ladung, wie aus Schiffsverfolgungsdaten von Bloomberg hervorgeht.
«Historisch gesehen hat Indien nur sehr wenig russisches Öl importiert. Aber der Krieg in der Ukraine und die Ölembargos der EU haben zu einer Neugewichtung der Ölhandelsströme geführt», schrieb Wei Cheong Ho, ein Analyst von Rystad Energy, in einem Forschungsbericht vom letzten Monat.
(bloomberg/mth)